Gefaehrtin Der Daemonen
Meer, das sich gerade bemühte, trotz der Kugeln und des Blutes zum Strand zu gelangen, ruhte auf mir.
Ich wartete darauf, dass Sarai etwas sagte, irgendetwas, aber sie blieb stumm. Also sammelte ich mich. Sarai war schwer zu durchschauen, doch in ihrem Blick, in der Art, wie sie sich bewegte, lag genug blanker Stahl, um jeden Zweifel darüber zu zerstreuen, dass man sie im Auge behalten musste. Wie ein Falke.
»Sie haben Talent«, sagte ich. Sie verbergen etwas.
»Ich bin geduldig«, erwiderte sie. »Ich hatte Jahre Zeit, mein handwerkliches Geschick zu verfeinern.«
»Warum Einhörner?« Woher kennen Sie mich?
»Finden Sie sie kindlich?«
»Nicht so, wie Sie sie darstellen.«
»Gut. Suchen wir Jack.«
Im Vergleich zu der sonnendurchfluteten Galerie wirkte Jacks Büro wie die Berghöhle eines Eremiten, eines intellektuellen Müllmannes, der Worte, Papier und Bücher hortete, als würde er sich auf die geistige Dürre eines endlos trostlosen Winters vorbereiten. Ich liebte es. Es fühlte sich behaglich an, so als würde mein Geist von guten, starken Dingen gepolstert werden. Ich würde eine erstklassige Klausnerin abgeben.
Jack hockte mitten auf seinem Pfad, auf einem gefährlich wackligen Schemel, der für einen Mann seiner Größe jedoch viel zu klein war. Auf seinen Knien ruhte ein Stapel Bücher; andere lagen aufgeschlagen in seinem Schoß und eins hielt er in den Händen. Er blickte hoch, als Sarai und ich hereinkamen. Sein Lächeln war herzlich. Trotz aller Fragen und der Furcht, die mich durchströmte, freute ich mich, ihn zu sehen. Ein bisschen, jedenfalls.
»Mein liebes Mädchen«, begrüßte er mich. »Guten Morgen.«
»Morgen«, erwiderte ich. »Gut ist er aber nicht.«
Ich wiederholte, was ich Sarai schon erzählt hatte, nur etwas detaillierter. Ich war nicht ganz sicher, wie viel ich sagen konnte, ohne ihnen den Verstand zu rauben, aber angesichts der Umstände beschlich mich immer mehr das Gefühl, dass Jack Meddle und Sarai Soars erheblich mehr über das Übernatürliche wussten als ich selbst.
Jacks gefasste Reaktion war nicht gerade geeignet, meine Meinung zu ändern, und versetzte mir gleichzeitig einen unerwarteten Stich. Meine Fantasie lief auf Hochtouren. Ich hatte nach einem Großvater gesucht, einem Archäologen, einem einfachen Menschen, der Bücher liebte und im Dreck wühlte. Was ich stattdessen fand, möglicherweise schon mit all diesen Eigenschaften, war aber etwas weit … Komplexeres. Und vielleicht bei Weitem nicht so erfreulich.
Jack schloss das Buch und legte es auf den Tisch. Neben seinen Füßen stand eine Tasse Tee. Er nahm sie und nippte daran, während er nachdenklich in die Ferne sah.
»Schweigen wird gewöhnlich überschätzt«, erklärte ich, nachdem ich langsam bis hundert gezählt hatte.
»Schweigen ist angebracht«, antwortete Sarai, »wenn man nachdenkt.«
Ich warf ihr einen giftigen Blick zu. »Denken Sie schneller. Oder noch besser wäre es, wenn Sie mir einfach die Wahrheit erzählten. Darüber sollten Sie nicht so lange nachdenken müssen.«
»Genau wie Jeannie«, sagte Jack und seufzte. »Ich vermisse sie.«
»Du vermisst sie alle«, murmelte Sarai, aber bevor ich da einhaken konnte, fuhr sie fort: »Haben Sie sich das Geschenk Ihrer Mutter angesehen, Maxine? Haben Sie seine Bedeutung verstanden?«
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. »Sie beide sind helle Punkte auf dem Radar eines ausgewachsenen Dämons. Sie kapieren doch, was das bedeutet, oder? Ein Dämon, der sehr wahrscheinlich hierher unterwegs ist, um Sie zu töten. Und Sie machen sich um einen Felsbrocken Gedanken?«
Sarai runzelte die Stirn, was ihre Schönheit nur zu unterstreichen schien. »Tun Sie mir den Gefallen, hm?«
Ich hätte gern noch weitergestritten, aber ich hatte den Eindruck, dass die ältere Frau diese Auseinandersetzung gewinnen würde, einfach weil sie so stur war. Ich zog die Steinscheibe aus der Tasche und hielt sie vorsichtig hoch. »Ein Labyrinth. Der Krieger im Labyrinth. Glaube.«
»Glaube«, erklärte Jack, »ist der Grundpfeiler jeder bedeutsamen Unternehmung.«
»Nichts dagegen einzuwenden«, erwiderte ich. »Aber die
Wahrheit schmiert die Zahnräder des Glaubens. Also bitte, worum geht es hier? Warum sollte ein Dämon nach Ihnen beiden suchen? Und warum hat Badelt Erkundigungen über mich eingezogen?«
»Diese Fragen können warten«, antwortete Sarai entschieden. »Ihre Mutter hat Ihnen dieses Geschenk aus einem ganz bestimmten Grund
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