Gefaehrtin Der Daemonen
überhaupt bleiben möchtest.«
Ich lächelte, als ich sein Zögern bemerkte. »Ich wechsele meine Männer wie die Socken, Grant. Anziehen, ausziehen, fallen lassen.«
»Tatsächlich?« Er zog mich dichter an sich. »Und wenn ich nicht fallen gelassen werden will?«
Jetzt war kein Platz mehr für Scherze. Ich strich sein Haar zurück, liebkoste seine Wange. »Dann werde ich es auch nicht tun. Niemals.«
Grant sah mich so zärtlich an, dass es mir fast den Atem verschlug. Ich konnte nicht mehr klar denken, konzentrierte mich nur darauf, den plötzlich stechenden Schmerz auszuhalten, der von meinem Herzen meinen Hals hinaufzog und mir die Kehle zuschnürte.
Das Leben geht weiter , pflegte meine Mutter zu sagen. Ob du willst oder nicht .
Ich wollte aber, dass es weitergeht. Mein Leben. Meine Zukunft. Hoffnung. Zuversicht.
Nicht mehr weglaufen.
Ich wusste nicht, was mir mehr Angst machte.
Ich erwachte bei Sonnenuntergang, als die Jungs gerade begannen, sich von meiner Haut zu lösen. Grant lag nicht neben mir. Seine Seite der Matratze war kalt. Ich tastete nach ihm, und meine Finger stießen auf ein Blatt Papier. Eine Nachricht.
Als ich die Decke zurückwarf und aus dem Bett stieg, bemerkte ich kaum, wie sich meine Tätowierungen in Rauch auflösten. Doch noch bevor meine Füße den Boden berührten, hörte ich ein vertrautes Pochen aus dem Zimmer nebenan. Grant steckte, auf seinen Stock gestützt, den Kopf durch die Türöffnung. »He, du bist ja wach.«
Ich musste mich zwingen, Luft zu holen, und blickte auf das Papier in meinen Händen. »Gehe kurz runter«, stand dort. Und: »Bin gleich zurück«. Darunter »Keine Angst, in Liebe, G.«
Ich knüllte die Nachricht zusammen und sah ihm in die Augen. Sein Blick wirkte besorgt. »Ich dachte, du wärst weggegangen und hättest etwas Dummes getan.«
»Ein reizvoller Gedanke, aber - nein.« Grant lächelte etwas gequält. »Ich wünschte, ich könnte dich in meiner Brust einsperren, aber ich bin kein Superheld und weiß das Leben zu schätzen.«
»Diese Dämonen werden dich noch umbringen.« Ich stieß ein atemloses Keuchen aus, als sich die Jungs von mir lösten. Der Rauch verwandelte sich in Fleisch, dann landeten sie auf dem Boden, gähnten, streckten sich und klackten mit ihren Klauen.
»Ich dachte eigentlich eher, dass du mich umbringst.« Er beobachtete ihre Verwandlung, so ruhig wie immer. Er war immer gelassen. Konnte ihn denn gar nichts wirklich aus der Fassung bringen? Er trat ein Stück von mir weg. In seiner freien Hand hielt er eine Holzflöte. Fragend hob ich eine Braue.
»Ich habe einen Plan«, erklärte Grant. »Er ist aber nicht ungefährlich. Wahrscheinlich ist er sogar ziemlich dumm und wird nicht funktionieren.«
»Huuu!«, johlten da die Jungs und boxten mit ihren kleinen Fäusten in die Luft.
Wir aßen zu Abend. Redeten. Liebten uns. Hielten einander unter der Dusche, wo ich meine Arme so fest um Grants Körper schlang, dass ich blaue Flecken auf seiner Haut hinterließ. Er beklagte sich aber nicht, hielt aus, ruhig und kraftvoll, brummte mir Worte ins Ohr, die ich nicht verstand, die aber schön und warm klangen, und auch irgendwie vertraut.
Es war schon spät, als wir endlich aufbrachen. Grant hatte seine Flöte bei sich. Ich hatte die Jungs.
Es regnete. Das Wasser prasselte auf die Windschutzscheibe, so dicht, dass ich kaum die Straße erkennen konnte. Lichtblitze zuckten am Himmel über der Stadt, Donner rollte durch die menschenleeren Straßen. Es war ungemütlich: keine Nacht, um unterwegs zu sein.
Ich parkte den Wagen auf der First Street, direkt vor dem Pike Place Market. Die Metallgitter waren heruntergelassen, kein Licht brannte. Keiner von uns rührte sich, doch die Jungs verschmolzen mit den Schatten auf der Rückbank. Dek und Mal wanden sich dicht um meinen Hals.
Grant nahm seine Flöte. »Ich glaube, wir können meine Theorie hier drinnen, wo es trocken ist, testen. Ich habe noch nie versucht, die Königin der Dämonen aus einem roten 69er Mustang
herbeizurufen. Wenigstens ermöglicht das eine schnelle Flucht.«
»Hast du Zweifel?« »Nicht richtig. Du hast gesagt, dieser Ort hier sei ein heißer Punkt, stimmt’s? Der Schleier hier sei dünn.«
»Und du hast gesagt, dass du seit Monaten am Wochenende auf diesem Markt spielst. Einfach so.« Er veränderte Persönlichkeiten, erfüllte die finsteren Seelen der Menschen mit Farben. Ich hatte da meine Zweifel. Ich würde nicht wollen, dass er das jemals mit
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