Gefaehrtin Der Daemonen
Körpern die fetten Arme und Beine der Geister herunter. Dabei sahen sie mich unverwandt an. Warteten auf meinen Ruf, während ich auf Grant wartete, der schwankte. Im nächsten Augenblick erstarb seine Musik. Die Luft war von einem beißenden, schmutzigen Geruch erfüllt - dem Gestank des Blutmeeres.
Die Geister verschwanden. Sie waren fort, verglüht, ein kurzes
Aufblitzen, dann nichts mehr. Die Jungs landeten hart auf dem Kopfsteinpflaster, krabbelten und suchten herum. Nichts. Ich machte mir nicht die Mühe, lange zu suchen. Ich streckte die Hand aus und tastete nach Grant. Wir lehnten uns aneinander. Warum spielte er nicht weiter auf seiner Flöte? Denn das war der Plan; ich konnte nichts sagen, konnte ihn nur anstarren.
»Maxine«, flüsterte Grant heiser. »Ich muss dir etwas erklären. Ich muss dir sagen, warum ich niemals Angst hatte.«
»Nicht jetzt«, erwiderte ich schwach.
»Doch, jetzt!« Die Dringlichkeit in seiner leisen Stimme, die Angst brachte mich dazu, den Blick vom Himmel loszureißen und ihn anzusehen. Er tippte sich zitternd an die Schläfe. »Ich habe dich schon früher gesehen. Hier oben. Bevor ich dir begegnet bin, habe ich von deinen Farben geträumt, von deiner Aura. Ich wusste …« Er zögerte, seine Augen glühten, strahlten. »Ich wusste, dass ich dich lieben würde. Ich wusste es schon damals, und ich wusste es auch später. Ich konnte nichts dagegen tun.«
»Grant«, flüsterte ich.
»Ich hatte Angst, dir das nicht zu erzählen«, sagte er. »Und jetzt habe ich immer noch Angst.«
Er hob die Flöte an die Lippen, brachte jedoch nur einen hohen, entzückenden Triller zustande, als sich etwas Langes, Dunkles aus seinem Auge schlängelte. Ich sprang vor, war aber nicht schnell genug. Das Tentakel wand sich um Grants Hals, umschlang seine erhobenen Arme und hielt ihn fest im Griff. Die Flöte fiel zu Boden. Grant wurde hochgehoben, trat wild um sich und schrie erstickt, während er wie ein Fisch an der Angel zu dem dampfenden roten Auge gezogen wurde. Er war von dem Tentakel aufgespießt worden, ebenso wie ich Dämonen aufspießte.
Ich packte seine Knöchel und wurde selbst mitgerissen.
Es war wie eine zweite Geburt; ich glitt in einem Schwall von Blut aus der Gebärmutter. Dann öffnete ich die Augen und sah rote Wolken, roten Rauch. Eine riesige Fläche roten Wassers in der Dunkelheit, die kochte und brodelte wie die Lava im Krater eines zischenden Vulkans. Die Luft stank faulig. Um meinen Körper tanzten Schatten.
Ich schwebte in der Luft, hatte das Gefühl, mir würden die Arme aus den Gelenken gerissen werden. Ich hielt mich immer noch an Grants Knöcheln fest, den irgendetwas, das ich nicht sehen konnte, in die Luft zog. Er selbst bewegte sich nicht. Ebenso wenig wie ich mich rühren konnte.
Ich blickte nach unten. Unter mir befand sich ein Schlitz, darin sah ich Zee. Er klammerte sich mit seinen kleinen Händen an meine Fesseln. Er hatte die Zähne gefletscht, seine Rückenstacheln waren steil aufgerichtet. Ich konnte nur vermuten, wer seinen Körper festhielt, uns am Boden verankerte.
Ich hörte ein Flüstern dicht an meinem Ohr. Ich konnte mich nicht umdrehen. Es war zu schmerzhaft. Ich wartete, und einen Augenblick später floss ein Körper um mich herum. Er schob eine Woge aus Finsternis vor sich her: Tentakel, die wie Algen unter Wasser zitterten und schwebten. Sie waren riesig, blockierten den Blick auf das Meer, umwoben mich wie ein Kokon, bis absolute Dunkelheit eintrat. Ich spürte nur noch, was meine Hände und Füße tasteten, festgehalten von zwei kleinen Händen, die mich nicht losließen.
In der Dunkelheit tauchte ein Gesicht auf, golden, breit und rund. Wie der Kopf einer Puppe, die grobe Nachbildung eines menschlichen Gesichts. Es zeigte keinerlei Regung. Schwarze Augen, keine Lider. Schlitze als Nasenlöcher. Ein winziger roter Mund.
Ich schluckte, bekämpfte meine Angst, konzentrierte mich auf Grant. Grant, von dem ich keinen Ton gehört hatte, seit ich
hier oben die Augen aufgeschlagen hatte. Er war so regungslos, so starr.
»Jägerin Kiss.« Eine singende Stimme drang aus dem Gesicht, die Worte wurden zu einer Melodie aus weichen Vokalen, unterlegt mit grausamem Charme. Es war die Stimme einer Königin. Mamablut. Kaum bewegte sie ihre Lippen. »Überlass ihn mir, Jägerin.«
Zwing mich doch, dachte ich. Grant wurde heftig nach oben gerissen. Ich schrie auf, ließ ihn aber nicht los, nicht einmal, als sich ein Tentakel um meinen Hals wand und
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