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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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zudrückte. Dek und Mal zuckten aus meinen Haaren und griffen zischend und mit gedämpftem Knurren an. Mamablut zeigte keinerlei Reaktion, doch einen Augenblick später wurden mir die Jungs entrissen. Ich schrie auf und musste hilflos zusehen, wie sie an Zee vorbei durch die Öffnung des Schleiers fielen.
    Zee heulte auf. In seinen Mundwinkeln blubberte roter Schaum. Mamablut drehte bedächtig ihren Kopf zu ihm.
    »Kleiner Mann«, murmelte sie. »Sühnst du immer noch?«
    »Lass ihn in Ruhe.« Ich fletschte die Zähne, Tränen liefen mir über das Gesicht: Tränen des Schmerzes, der Anstrengung, die es mich kostete, mich festzuhalten, Tränen der Hilflosigkeit. Meine Finger rutschten, aber nur kurz. Ich unterdrückte einen Aufschrei.
    »Lass los«, wiederholte Mamablut und würgte mich. Ich biss die Zähne zusammen. Sie hätte Grant einfach nehmen können, wenn sie gewollt hätte. Aber sie wollte etwas anderes, wollte, dass ich ihn losließ, doch das war falsch; das musste etwas bedeuten.
    »Du denkst zu viel«, flüsterte die Königin der Dämonen. »Kleines verlorenes Mädchen. Deine Mutter war nie so ziellos wie du, auch ihre Mutter nicht. Keine der Frauen aus deiner Familie war so. Sie alle waren erbarmungslose Kriegerinnen.
Wunderschöne Gegnerinnen. Echte Jägerinnen. Und jetzt du. Weich. Haltlos. Lässt zu, dass der Kummer dein Leben bestimmt, obwohl doch jeder stirbt, jeder etwas verliert, und dein Schmerz nichts Besonderes ist.«
    Ich dachte an meine Mutter; sie hatte eine alberne Spitzenschürze umgebunden, wir erlebten einen seltenen ausgelassenen Moment, sie sang Happy Birthday . »Du hast sie umgebracht.«
    »Ich habe ihren Tod angeordnet, gewiss. Ich habe aber den Tod all deiner Vorfahren befohlen. Und eines Tages, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werde ich den deinen ebenso anordnen.«
    Mein Hals brannte, aber nicht von den Tentakeln. Mamablut lachte leise. »Du willst mich umbringen. Du glaubst tatsächlich, du könntest mich umbringen!«
    Ich denke, ich kann es versuchen . Um uns herum wurde es noch dunkler, die Finsternis schloss sich um meinen Körper: warm und stickig. Mamablut schob ihr perverses Gesicht so dicht vor mich, dass ich mein Spiegelbild in ihren herzlosen Augen sah; es waren die Augen eines Hais, einer Puppe: glasig, schwarz und leer.
    »Versuch es«, flüsterte sie. »Versuch es doch, du dummes Kind, dann sterben wir alle . Du fragst dich, warum ich diesen Mann jage. Er bedeutet keine Bedrohung für mich. Aber mit seiner Macht …«
    Sie will ihn benutzen, flüsterte mein Verstand. Von ihm Besitz ergreifen .
    »Ja«, erwiderte Mamablut leise. »Solange er am Leben ist, würde er mich nie akzeptieren. Sein Verstand ist zu stark. Tot, das heißt, beinahe tot, bleibt ihm keine Wahl.«
    »Warum?« Mir brach fast das Herz, ebenso wie mein ganzer Körper zu zerbrechen drohte. »Weshalb willst du seine Macht? Hier ist doch niemand zu bekehren. Du kannst doch nicht einmal dein Gefängnis verlassen.«

    »Kann ich nicht?« Mamablut schwebte noch dichter heran. » Kann ich nicht, Jägerin?«
    Ich erstarrte. »Warum hast du es dann nicht längst getan? Wieso hast du den Schleier nicht schon vor langer Zeit zerrissen?«
    Auf ihrem Gesicht zeigte sich keinerlei Regung. »Es gibt Schlimmeres hinter dem Schleier als mich, Jägerin Kiss. Glaubst du etwa, du bist die Einzige mit einer solchen Verpflichtung? Glaubst du denn, du wärest die einzige Jägerin?«
    Meine Finger wurden schwächer. Grant zuckte mit den Beinen. Ich schloss die Augen, ließ all meine Kraft und meinen Willen in meine Hände fließen. Mamabluts warmer Atem strich über meine Wange.
    »Die Schleier werden dünner«, sagte sie. » Alle Schleier. Wenn sie fallen, was sie mit ziemlicher Sicherheit in absehbarer Zeit tun, sind wir alle verloren. Es gibt … Dämonen, die uns nicht mögen. Sie brauchen uns nicht so, wie wir dich brauchen. Sie fressen nur den Tod.«
    Die Erste Wacht , dachte ich. Die Weltenschlächter .
    »Ja«, hauchte sie. »Sie werden uns alle vernichten.«
    Mir fehlte die Kraft, laut zu antworten. Man muss sie irgend - wie aufhalten können. Sie waren eingesperrt. Irgendjemand muss das doch bewerkstelligt haben .
    »Und wo ist denn der?« Mamabluts Augen glitzerten. »Nein, wir sind allein. Alle. Entweder wir kämpfen oder wir sterben.«
    Ich glaubte ihr. Was allerdings nicht hieß, dass ich ihr auch helfen wollte.
    Gib mir Grant .
    »Nein.« Sie schrie, vor Verzweiflung vielleicht, obwohl ich mir das kaum

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