Gefaehrtin Der Daemonen
mir machte, ganz gleich, wie ehrenwert seine Absichten auch waren. »Wenn deine Musik irgendwie durch die schwachen Stellen des Schleiers gedrungen ist, erklärt das, wieso du für sie zu einer Bedrohung geworden bist. Du hast die Dämonen auf der anderen Seite beeinflusst.«
»Vielleicht hat es ja auch schon gereicht, dass ich auf dieser Seite Dämonen verändert habe.«
Ich schwieg. Tippte auf das Lenkrad und starrte aus dem Fenster auf die regennasse Straße. Kaute auf der Innenseite meiner Wange, versuchte, alle Möglichkeiten durchzugehen, die Zukunft zu betrachten. Mein Kopf war leer. Ich sah nur Dunkelheit und Kälte, der strömende Regen schlug in einem harten Rhythmus auf die Welt ein: harte Schläge, hartes Herz.
Ich fasste den Türgriff an. »Bereit?«
Grant antwortete nicht. Zee sprang aus den Schatten der Rückbank hervor und riss dabei mit seinen Klauen das Leder auf. Etwas Gigantisches krachte auf die Motorhaube des Mustangs, riss den Wagen auf die beiden Vorderräder und ließ ihn dann wieder zurückfedern, sodass er krachend auf der Straße landete. Der Stoß ging durch Mark und Bein. Mein Sicherheitsgurt schnitt sich so tief in meine Haut, dass ich schon glaubte, er würde bis zu meinem Rückgrat dringen. Grant rief meinen Namen. Glas splitterte, eine gewaltige Faust durchschlug
die Windschutzscheibe und landete in seiner Kopfstütze. Zee fauchte.
Ich stieß die Tür auf, stolperte nach draußen, zerrte Grant über den Fahrersitz hinter mir her. Der Regen raubte mir den Atem, ebenso wie der Anblick der massigen Gestalt, die auf der Motorhaube hockte. Sie war doppelt so groß wie ich und dreimal so stark. Sie hatte keinerlei Gesichtszüge, keine Augen, keine Nase, keine Ohren - bestand nur aus rauchigem Schatten, der eine Hitze ausstrahlte, heiß wie glühende Kohlen.
Zee löste sich aus den Schatten, dicht gefolgt von Aaz und Rohw. Dek und Mal glitten von meinen Hals, wanden sich durch meine Haare und flüsterten Worte, die ich nicht verstand. Ein Kribbeln lief mir über den Rücken. Ich blickte über die Schulter zurück.
Wir waren nicht allein. Ich sah noch andere Gestalten, dunkler als die Nacht. Sie torkelten wie riesige Hügel mit Beinen dicht nebeneinander durch die Gegend. Der Regen zischte und dampfte auf ihrer Haut, und wo ihre Augen hätten sein müssen, glühte es nur rot.
Der Dämon oben auf meinem Wagen fauchte heiser und sprang herunter, Beton barst unter seinen Füßen. Dahinter schimmerte etwas. Ich musste blinzeln, wischte mir den Regen aus den Augen und starrte die Motorhaube meines Autos ungläubig an. Sie war nicht mehr zerquetscht und zerdrückt, sondern wirkte vollkommen unbeschädigt. Auch die Windschutzscheibe war intakt. Lediglich die offen stehende Fahrertür deutete darauf hin, dass hier eben ein Angriff stattgefunden hatte.
»Geister«, schnarrte Zee. »Schmerzköder.«
Grant hob die Flöte an den Mund. Das Gespenst beobachtete den Mann, taxierte ihn. Ich dachte an meine Mutter, an den Zombie, der im Dunkeln vor unserem Haus gesessen
haben musste, und der auch sie beobachtet und eingeschätzt hatte.
Ich schnippte mit den Fingern, und Zee warf sich auf den Dämon. Er versenkte die Klauen in der fransigen dunklen Rückseite des Wesens, schlug die Zähne in die Dunkelheit und riss Teile heraus, als hätte er von einem Stück Fleisch abgebissen. Aaz und Rohw waren hinter uns; sie rissen Stacheln aus ihrem Rücken, verwendeten sie wie Speere, durchbohrten damit die riesigen Dämonen hinter uns. Funken sprühten durch den Regen und tanzten über das Kopfsteinpflaster.
Grant hob die Flöte an den Mund. Diese zitternden Töne, die wie Quecksilber aus dem Instrument strömten, raubten mir geradezu den Atem. Die Geister heulten gequält auf. Ich sah keine Farben, ich fühlte nur - als ritte ich atemlos und wild auf dem Rücken einer Gewitterwolke. Es war mehr als nur Musik, mehr, als ich mir hätte vorstellen und weit mehr, als Grant hätte beschreiben können. Der Rattenfänger führte Hameln in die Hölle.
Hitze waberte um meinen Kopf. Ich blickte hinauf. Im Nachthimmel riss etwas auf: ein Auge, vollkommen rot; ein Riss im Schleier, eine Lücke im Regen. Ich hörte Herzschläge, den Aufruhr und das Gemurmel aneinanderdrängender Leiber. Die Welt auf der anderen Seite drückte immer stärker gegen die schmale Öffnung. Die Geister versuchten den Spalt zu erreichen, aber die Jungs hingen wie kleine Äffchen an ihnen, krallten sich fest, zwangen mit ihren sehnigen
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