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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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brachte mich zum Lachen. »Hätte ich auf meine Mutter gehört, wäre ich jetzt nicht hier. Und du wärst wahrscheinlich tot.«
    Grant verzog das Gesicht und rollte sich aus dem Bett. Ich setzte mich auf und schlug die Decken zurück. Mein Körper war von dunklen Tattoos bedeckt; selbst meine Zehennägel hatten die Farben von Klauen. Nagellack konnte ich vergessen, er hielt nicht.
    Ich dachte an Byron, schnappte mir Jeans und Stiefel und nahm einen Rollkragenpullover aus blauem Kaschmir aus dem Schrank. Grant zog eine Jogginghose an, die auf seiner schmalen Hüfte ganz tief saß. Ich warf ihm den Gehstock zu. Seine Augen blitzten, sein markantes Kinn war vorgeschoben. Verdammt sexy.
    Ich schnappte mir die Steinscheibe und schob sie in die Gesäßtasche meiner Jeans. Sonnenlicht waberte auf dem Boden im Wohnzimmer. Hinter dem Fenster leuchtete blauer Himmel. Ich nahm ein Paar Handschuhe von dem Couchtisch.
    Byron war nicht im Gästezimmer. Das Bett war gemacht.
    Enttäuscht blieb ich in der Tür stehen. Grant legte mir eine
Hand auf die Schulter. »Vielleicht sollten wir unten nachsehen. Vielleicht frühstückt er.«
    Oder er war weggelaufen, als wäre der Teufel hinter seiner armen Seele her. Was ich ihm nicht mal verübeln könnte. Man hatte ihm meinetwegen wehgetan. Vermutlich hatte er sich gedacht, dass ich der Grund dafür war, weswegen Badelt ermordet worden war.
    Ich ließ Grant allein, während er sich weiter anzog. Von seiner Wohnung aus gab es keinen direkten Zugang zum Heim, also musste ich das Haus verlassen. Die Luft war frisch, fühlte sich auf der Haut feucht an und duftete nur schwach nach Hafen. Sie erzeugte eine Sehnsucht nach winterlichen Sonnenaufgängen in Wisconsin in mir, wo die Luft so kalt war, dass sie wie Messer in den Lungen brannte. Am Tag spürte ich die Temperaturen nur in meinen Lungen. So etwas gab einem Ort etwas Unverwechselbares.
    Ich betrat das Heim durch die Tür neben der Küche und roch Schinkenspeck und Kaffee. Das Klappern der Töpfe und das Rattern der Geschirrspülmaschine hinter den Schwingtüren wetteiferten mit dem Gelächter der Leute. Smokey Robinson dröhnte aus der Gegensprechanlage zur Cafeteria. Die Leute mochten ein bisschen Motown in ihrem Müsli.
    Eine der freiwilligen Helferinnen stolperte vom Serviertresen mit einem Tablett voller Donuts vom Vortag heran, die mit Zuckerguss glasiert waren; es handelte sich um die Spende einer Bäckerei aus dem Viertel. Ich schnappte mir einen. »Du hast wohl nicht zufällig einen Jungen hier gesehen? Teenager, gepierced, schwarzes, stachliges Haar, Sweatshirt?«
    »Von ihnen hängt heute Morgen ein Dutzend hier herum«, brummte die Frau. »Such dir einen aus.«
    Ich stieß die Schwingtüren auf und warf einen Blick in die Cafeteria. Die langen Tische waren fast alle voll besetzt. Ich sah
müde, ausgelaugte Gesichter, auf einigen wenigen ein fröhliches Lächeln, und zahlreiche angespannt wirkende Frauen und Männer mit stillen Kindern zwischen sich. Eine Gruppe von Teenagern versuchte, sich an der Wand unsichtbar zu machen. Byron war aber nicht dabei.
    Und auch keine Zombies, heute Morgen. Wenigstens etwas. Es lag zu viel Spannung in der Luft, wenn sie da waren. Und wenn neue ankamen, waren die ersten Reaktionen immer unberechenbar. Vor allem, wenn mir der Zombie vor Grant begegnete.
    Ich schob mir das letzte Stück des Donuts in den Mund, inspizierte flüchtig die Haupthalle, ging wieder nach draußen und schlenderte durch den Garten. Es roch nach Zedernsaft und Gras. Die Jungs taten dasselbe, im Schlaf. Rohw zupfte an meinem Arm. Ich blieb stehen und ging dann in diese Richtung. Meine Augen taten weh.
    Am Rand des Geländes, neben einem mitgenommenen Maschendrahtzaun, stand eine winzige Gestalt neben einem Baum. Ein kleines Mädchen. Es war allein. Ich sah ihr Gesicht nicht, weil sie von mir wegsah, auf die Straße. Das Haar war dunkel, sie trug eine Jeanslatzhose und rote Stiefel. Sie sah süß aus. Ich erinnerte mich daran, dass ich einmal genau die gleichen Sachen gehabt hatte.
    Ich suchte nach Eltern, irgendeinem Erwachsenen, aber bis auf das kleine Mädchen vor dem Haupttor des Heims war ich offenbar die Einzige. Ein schmerzhafter Stich durchzuckte mein Herz. Manchmal setzten die Leute ihre Kinder am Coop’s aus. Ich hatte es zwar erst einmal miterlebt, aber Grant hatte mir versichert, dass wir bis zum Sommer sicherlich einige Kinder mehr hätten. Die Leute waren müde und verzweifelt. Und dachten, es wäre der einzige

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