Gefährtin Der Finsternis
Gegenwart einen Schluck Wasser getrunken. Er verbrachte die Stunden des Tages unter der Erde vergraben. Er hatte selbst gesagt, er sei ein Vampir. Sie hatte gesehen, wie er sich in einen Wolf verwandelte. Aber er liebte sie, auch das hatte er gesagt. Er war kaum älter als sie selbst. Er konnte nicht ein uraltes, heidnisches Böses sein. Er war schon wochenlang auf Charmot, er konnte ihnen nicht etwas antun wollen. »Ich glaube an Christus, an die Gnade Gottes des Allmächtigen.« Aber was in Jesu Lehren erklärte, wie Simon sich vor ihren eigenen Augen in einen Wolf verwandelt hatte?
»Wir auch, Mylady, und Eure Mutter ebenfalls. Ich schwöre es bei meinem Leben«, sagte Mutter Bess und nahm ihre Hand. »Aber sie glaubte auch an die alten Sitten und dass es Gutes und Böses auf der Welt gab, das Gott gut kannte, aber seine Priester vielleicht nicht.«
»Sie hat nicht mit deinem Vater gestritten, sondern vertraute auf ihre Vision«, sagte Brautus. »Sie war sich sicher, dass dieser Wolf oder Vampir, oder was auch immer er war, nach Charmot kommen würde und das Kind, das sie in ihrem Leib trug, ihn bezwingen sollte. Sie nahm deinem Vater das Versprechen ab, die Weisheit der Druiden in den Katakomben zu beschützen, und sie begann diesen Wandteppich zu weben. Es wurde zu einer Art Scherz zwischen ihnen.« Er entrollte das Gewebe und hielt es ihr entgegen. »Wir hatten stets angenommen, die junge Frau sollte Lady Caitlin selbst sein, und dass der Wolf sich zu dem Sohn in ihrem Leib hinabbeugte. Als du dann als Mädchen geboren wurdest und Lady Caitlin starb …« Er schaute zu Mutter Bess. »Einige Leute glaubten, es besser zu wissen.«
»Glaubten die Wahrheit zu kennen, meinst du, und wir auch«, antwortete die alte Frau. »Caitlin kannte sie. Sie befürchtete nur, ihren starrköpfigen Ehemann mit dem Wissen zu ängstigen, dass seine Tochter einer solchen Aufgabe gegenüberstehen würde. Sie hatte niemals erwartet zu sterben. Sie dachte, sie hätte genug Zeit, ihre Tochter zu lehren, wer sie war, und sie auf das vorzubereiten, zu dem sie würde.«
»Nach ihrem Tod wollte dein Vater nichts mehr von einer Prophezeiung hören, die sein Kind in Gefahr brächte«, sagte Brautus. »Und ich stimmte ihm zu. Ich glaubte, es sei alles ein Haufen Bauernunsinn, wahrscheinlich noch mehr, als er es glaubte.« Er sah Mutter Bess finster an. »Trotz allem, was manch eine dir erzählen würde, hatte er der Weisheit der Druiden gegenüber, als der Christ, der er war, großen Respekt. Er wollte ihnen nur nicht seine Tochter überlassen. Er weigerte sich zu glauben, dass du, sein kostbares Kind, einen Dämon bekämpfen solltest – du warst ein Mädchen, um Gottes willen. Er suchte die Katakomben dein ganzes Leben lang nach irgendeinem Beweis dafür ab, dass eine weibliche Kriegerin Ähnliches bereits in der Vergangenheit versucht hatte, fand aber nichts dergleichen.« Er hielt inne und atmete tief ein. »Was er sonst gefunden haben könnte, weiß ich nicht.«
Isabels Blut war so kalt geworden, dass sie sich taub fühlte. »Willst du mir damit sagen, ich soll Simon umbringen?«, fragte sie, und ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren hohl.
»Ein Ungeheuer niederzumetzeln, ist kein Mord«, sagte Mutter Bess grimmig.
»Dein Vater glaubte, dein Ehemann würde die Prophezeiung erfüllen, wenn sie tatsächlich wahr wäre«, sagte Brautus. »Das war der Grund für seine stete Sorge, dass du einen Mann heiraten solltest, der Charmot beschützen konnte. Das, so glaubte er, wäre dein wahres Schicksal.« Er lächelte mit traurigen Augen. »Ich glaubte es auch. Darum wurde ich der Schwarze Ritter.«
Isabel blickte auf den Wandteppich hinab, auf das kleine rothaarige Mädchen und den Wolf, dessen Kopf in ihrem Schoß lag und der liebevoll zu ihr aufsah. Ich liebe dich, hatte Simon vor ihr kniend gesagt und blutige Tränen geweint. »Nein …« Sie blickte wieder zu ihnen, zu dem Ritter und dem Bauernweib, die beide darauf warteten, dass sie einwilligte, ihren Liebsten ihrem Wunsch gemäß zu töten, um Charmot zu retten. Aber wie konnte sie das tun? Selbst wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte, selbst wenn sie gewusst hätte, wie man einen Dämon tötet, der nicht getötet werden konnte, wie könnte sie Simon töten? Du kannst mich nicht töten, hatte der Dämon in der Gestalt ihres Vaters zu ihm gesagt. Der zweite Dämon …
»Es waren zwei«, rief sie plötzlich und erhob sich.
»Zwei was, Kind?«, fragte Brautus stirnrunzelnd.
»Zwei
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