Gefährtin Der Finsternis
eine betrunkene Stimme draußen im Gang lachend. »Ich bin ein rechtschaffener Sieger.« Die Tür wurde so fest aufgestoßen, dass sie gegen die Wand krachte, und ein Mann in Rüstung kam herein. Der Ritter, wenn er einen solchen Titel rechtmäßig tragen durfte, wirkte wie viele der Schurken, die sie in England gesehen hatten, eher Räuber als Beschützer. Fast so groß wie Simon, aber doppelt so breit, hatte er das aufgedunsene, fleckige Gesicht eines langjährigen Säufers sowie den entsprechend schwankenden Gang, aber seine kleinen, blassen Augen funkelten vor wachsamer Bosheit. »Morgen kämpfe ich gegen den Schwarzen Ritter.« Zwei weitere Männer in Lederrüstung, die ebenso schmutzig und betrunken waren wie er, folgten ihm, sowie ein kleineres, von Kopf bis Fuß in einen fleckigen grünen Mantel gekleidetes Wesen – eine Frau.
Der Anführer sah Simon. »Aber wer seid Ihr, mein Herr?« Seine Augen verengten sich, als er Simons Kleidung, die Kleidung eines wahren Ritters, bemerkte. »Was führt Euch hierher?«
Simon lächelte. »Ich bin ein Reisender wie Ihr.«
»Herr, ich flehe Euch an.« Orlando zog an seinem Ärmel. »Wir werden heute Abend in einem anderen Haus erwartet.«
»Beim Helm Gottes, seht Euch das an!«, rief der schurkische Ritter aus, und sein gesamtes Verhalten änderte sich im Handumdrehen. » C’est un nain, mes amis – voilà !«
»Ihr seid alle willkommen, Mylords«, unterbrach Pater Colin ihn. »Kommt und setzt Euch – ich werde hineingehen und unser Abendessen zubereiten.« Er hielt neben der Frau inne, als wollte er sie ansprechen, schien es sich dann aber anders zu überlegen. Er schaute einmal mehr zwischen Simon und dem schurkischen Ritter hin und her und eilte dann zu seiner Unterkunft davon.
»Wo habt Ihr das her?«, fragte der schurkische Ritter, der Orlando noch immer wie ein Dummkopf anstarrte. »War es schon immer so klein?«
»Kleiner, denke ich, oder zumindest ist das um seiner Mutter willen zu hoffen«, antwortete Simon. »Aber als ich Orlando traf, war er bereits ausgewachsen.«
»Ausgewachsen«, wiederholte der Ritter kichernd. Sein Blick wanderte zu Simon und maß nun ihn. »Was wollt Ihr für es haben?« Simon spürte, wie sich der Zwerg neben ihm anspannte, und legte eine Hand auf seine Schulter. »Ich stehe kurz davor, ein Schloss zu erwerben«, fuhr der Franzose fort. »Ich werde einen Narren brauchen. Ist es dafür geeignet?«
»Nicht dass ich wüsste«, antwortete Simon, der sich bemühte, nicht zu lächeln. Wenn Orlando irgendwelche Befürchtungen bezüglich der Absichten des Vampirs hegte, so schwanden sie nun zweifellos dahin. »Mein Diener ist nicht zu verkaufen.«
Das Lächeln des Schurken verschwand. »Sagt das nicht so schnell, Reisender. Du, komm her.« Er packte die Frau am Arm und stieß sie vorwärts. »Ich gebe Euch die dafür.« Er riss ihren Umhang fort, und sie stieß einen empörten Schrei aus und rang einen Moment darum, bevor sie die Arme wieder sinken ließ. Sie war kaum mehr als ein Kind mit goldenem Haar – zweifellos ein hübsches Ding, als sie sie geraubt hatten. Nun waren ihr Mund und ihre Augen geschwollen und verfärbt, und das dünne Hemd, ihr einziges Kleidungsstück, war zerrissen und mit dem befleckt, was Simon für Schlamm halten wollte. Sie sah den Vampir kaum einen Moment an, bevor sie wieder zu Boden blickte, aber Simon glaubte den Hauch eines Lächelns auf ihren Lippen und einen Schimmer der Hoffnung in ihren Augen gesehen zu haben.
»Euer Angebot klingt verführerisch, Mylord«, sagte Simon und betonte den Titel mit unmissverständlicher Ironie. Aber in Wahrheit konnte er kaum seine eigene Stimme hören, so laut tosten sein Hunger und der Herzschlag des Schurken in seinen Ohren. »Aber ich muss ablehnen.«
»Ihr müsst ablehnen?«, wiederholte der Mann, und seine Leute lachten und kamen näher. »Ich muss darauf bestehen, dass Ihr das Angebot annehmt.« Er legte eine Hand an sein Schwertheft, und seine Schergen taten es ihm gleich.
»Ihr wollt in der Kirche mit mir kämpfen?« Orlando trat einen Schritt fort, und Simon machte ihm ein Zeichen. Siehst du?, schien er dem Zwerg zu bedeuten. Der Dummkopf lässt mir keine andere Wahl. »Unmittelbar vor dem Kreuz?«
»Mit Euch kämpfen? Nein, Reisender.« Der Schurke lächelte und zeigte verfaulte Zähne. »Wir werden Euch töten.« Er zog sein Schwert.
Simon zog ebenfalls sein Schwert, so rasch, dass seine Gegner es kaum hatten sehen können. In einem Moment war er
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