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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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geküsst hat.« Er wandte sich ihr mit offensichtlicher Anstrengung zu, sein Gesicht bleich und vor Schweiß glänzend. »Du hast es nur zugelassen.«
    »Ich bin mir sicher, dass ich es beim nächsten Mal besser machen werde.« Sie zog ein Bündel Schriftrollen zu sich heran, die sie aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters mitgebracht hatte, und löste das Band. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Brautus. Er hat mir das Versprechen abgenommen, mich von jetzt an von ihm fernzuhalten, damit ich ihn nicht von seiner Suche ablenke.«
    »Sicher hat er das getan«, sagte der uralte Ritter stirnrunzelnd. »Was ist bloß an einem hübschen Gesicht, das eine vernünftige Frau in eine Närrin verwandelt?«
    »Das weiß ich ganz sicher nicht.« Sie betastete eine Ecke der obersten Schriftrolle, berührte die verschlüsselten Notizen, die ihr Vater dort festgehalten hatte. Würde er sie auch schelten, wenn er hier wäre und sie sehen könnte?
    »Isabel, was denkst du?«, wollte er wissen. »Hast du keinen Gedanken für das Schloss deines Vaters übrig, für seine Leute …«
    »Wann habe ich jemals an etwas anderes gedacht?« Die bloße Ungerechtigkeit des Vorwurfs genügte, sie zur Raserei zu bringen. »Wer war es, der das Schloss meines Vaters heute Nacht gesichert hat? Wer ist hinausgeritten, um seine Leute in Sicherheit zu bringen? Simon …«
    »Also hast du so einfach nur deine Dankbarkeit gezeigt?«
    »Was geht dich das an?« Er erbleichte, als hätte sie ihn geschlagen, und heiße Scham erglühte auf ihren Wangen. Brautus hatte immer wieder sein Leben riskiert, um sie und ihre Tugend zu beschützen. Sie hätte eher sterben als seine Sorge in Frage stellen sollen. Aber er verstand nicht. Sie verstand es ja nicht einmal selbst. »Susannah hat Recht«, sagte sie, und wandte den Blick ab. »Du hättest mich am liebsten in ein Kloster gesteckt.«
    »Das hätte ich nicht!«, protestierte er.
    »Warum sollte ich dann nicht …«
    »Weil ich diesem Mann nicht traue. Und du solltest es auch nicht tun. Wäre er ein wahrhafter, bekannter Adliger, hätte irgendjemand irgendwann einmal von ihm gehört und hätte er dich offen als ein Mann umworben, der dich verdient, dann hätte ich niemals nein gesagt.«
    »Er hofiert mich überhaupt nicht«, beharrte sie. »Der Kuss, den du gesehen hast … es ist einfach geschehen. Und es wird nicht wieder geschehen.«
    »Diese Dinge geschehen nicht einfach, meine Liebe«, erwiderte er. »Und sie geschehen immer wieder.«
    »Brautus, was soll ich deiner Meinung nach tun?«, fragte sie. »Wir brauchen ihn.«
    »Das tun wir nicht …«
    »Doch.« Sie kniete sich zu seinen Füßen auf den Boden und nahm eine narbige, betagte Hand zwischen die ihren. »Ich wollte es dir schon vorher sagen, aber es war keine Zeit.« Und so erzählte sie ihm alles, was sie an der Kapelle des Heiligen Joseph gesehen hatte, und alles, was sowohl dort als auch zwischen ihr und Simon gesagt worden war. »Er glaubt nicht, dass Michel kommt«, schloss sie. »Aber er hat versprochen, Charmot zu verteidigen, falls er doch kommt.«
    »Und du glaubst ihm.« Er berührte mit traurigem Blick ihre Wange.
    »Das tue ich.« Sie wünschte, sie könnte ihm die Verbundenheit, die sie Simon gegenüber empfand, so fremd er auch war, begreiflich machen, eine Verbindung, die tiefer reichte, als es durch das gemeinsame Blut zu erklären war. Aber sie wusste, er würde sie dennoch für töricht halten, er würde dennoch denken, dieses Gefühl sei nur ein weiteres Symptom ihrer Torheit. »Und selbst, wenn ich es nicht täte, welche andere Wahl habe ich? Du hast vom Schloss meines Vaters und seinen Leuten gesprochen. Wie sonst kann ich sie beschützen?« Sie umfasste seine Hand fester. »Ich würde alles tun, um Charmot zu retten. Das musst du doch wissen.«
    Er lächelte noch immer so traurig. »Ja, Kind, das weiß ich.« Er streichelte mit seiner freien Hand ihr Haar und machte dann Anstalten aufzustehen.
    »Komm, lass mich dir helfen.« Sie erhob sich, um ihn zu stützen.
    Er stieß einen fürchterlichen Fluch aus, der sie hätte erröten lassen sollen, aber sie schwieg. Er fluchte nicht wirklich wegen seiner Schmerzen. Er stützte sich auf ihre Schulter, ihren Arm hatte sie um seine Taille gelegt, und sie sah Tränen in seinen Augen. »Dein Vater hat dich meiner Obhut anvertraut, wenn auch vielleicht nicht absichtlich.«
    »Ich weiß«, sagte sie und kämpfte selbst gegen die Tränen an. »Und genauso hat er mir Charmot anvertraut.« Sie

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