Gefährtin Der Finsternis
Sie dachte einen kurzen Augenblick daran, dass die anderen zusahen, und was sie wohl denken mochten. Sie war immerhin die Herrin von Charmot. Sie musste ihre Würde bewahren. Aber sobald sie spürte, wie seine Lippen die ihren berührten, waren solche Gedanken vergessen.
»Was ist es dann?«, fragte sie, sprach ebenso leise, als er den Kuss unterbrach. »Was willst du?«
Die Antwort bestand darin, dass er sie fester an sich zog und sie noch leidenschaftlicher küsste, die einzige Antwort, die ihm einfiel. »Lass das Tor verriegeln und die Zugbrücke hochziehen«, befahl er und ließ sie schließlich los. »Wir sollten nicht allzu lange fort sein.«
»Keine Sorge, Liebster«, versprach sie mit verschmitztem Lächeln. »Brautus ist vielleicht zornig auf mich, aber er und ich halten diese Festung nun schon einige Zeit gemeinsam. Ich denke, wir können eine weitere Nacht überstehen.«
Etwas an ihren Worten ließ den Dämon, der er war, erschaudern. »Bleib nur in Sicherheit.« Er küsste sie ein letztes Mal sanft und wandte sich dann seinen wartenden Männern zu, die vorgaben, nicht bemerkt zu haben, was er und seine Lady getan hatten, obwohl es ihnen kläglich misslang. »Komm, Kevin«, sagte er. »Erledigen wir das und kehren nach Hause zurück.«
Isabel sah zu, wie er Malachi bestieg, als wäre er in dessen Sattel geboren worden, und beobachtete, wie die Männer des Schlosses ihres Vaters ihm ohne zu zögern folgten. Ihr könnt ihm helfen, hatte Orlando versprochen. Ihr könnt ihn von diesem Fluch erlösen. Der kleine Zauberer, der sein neues Pony ritt, hielt am Tor an, wandte sich um und winkte ihr zu, und sie lächelte und winkte zurück. Sie würde Simon helfen. Sie wusste auch schon wie.
Dieses Mal schwangen die Tore der Kapelle auf, sobald Simon anklopfte. »Mylord«, sagte Pater Colin und trat hervor, um ihn zu begrüßen. »Kevin hat mich davon benachrichtigt, was geschehen ist.« Er sah Simon einen Moment lang ins Gesicht, und seine Augen umwölkten sich vor Verwirrung, aber kurz darauf klärten sie sich wieder, ohne einen weiteren Hinweis darauf, dass er ihn erkannte. »Bitte, tretet alle ein.«
Drei frische Gräber waren bereits im geweihten Boden des Kirchhofs ausgehoben worden. »Wir können nicht wissen, welche Art Christen diese Fremden gewesen sind«, erklärte der Priester, als die Leichname zur Ruhe gebettet wurden. »Aber alle im Dorf wissen, dass der Sohn des Müllers, Jack, ein gottesfürchtiger Mann war.« Ein älterer Mann und eine Frau, die Jacks Eltern sein mussten, standen neben seinem Grab, die Frau schluchzte in den Armen ihres Mannes. »Ihr einziger Sohn«, erklärte Pater Colin seufzend.
Simon fühlte sich schon vom Zusehen elend, durch die Schuld, die er in sich gären spürte. Diese guten Leute hatten nichts getan, um ihren Schmerz zu verdienen, und doch hatte er ihn ihnen aufgebürdet. Konnte selbst der Kelch so einen hohen Preis wert sein? Auch wenn er existierte und er ihn finden konnte, warum sollte er der Erlösung wert sein, die er bot? Er wandte sich ab, als der Priester mit der Trauermesse begann, und nahm eine herabgefallene Schaufel auf. Der geweihte Boden unter seinen Füßen brannte wie Wüstensand, als er davonschritt, Orlando ging dicht hinter ihm und trug eine vom Wagen mitgebrachte Laterne.
Es schien ein Jahrhundert her zu sein, seit er hier in diesem Garten gestanden hatte, aber tatsächlich waren es erst Wochen. Dies war der Ort, an dem er seine erste Tötung in Charmot vollzogen hatte. Dies war der Ort, an dem der Fluch, den er hierhergebracht hatte, begonnen hatte. Die Ecke, in der er Michel und seine Leute begraben hatte, sah noch genauso aus, wie Isabel sie ihm an dem Abend beschrieben hatte, als sie ihm das Versprechen abgenommen hatte, ihr Schloss zu beschützen. An einer grabförmigen Stelle war der Boden offensichtlich aufgewühlt worden. Als Simon nähertrat, konnte er erkennen, dass das Grab tiefer eingesunken war, so dass es nur noch halb mit Erde gefüllt zu sein schien.
»Da ist es also, Zauberer«, sagte er. »Denkst du immer noch, Isabel hätte es sich eingebildet?«
»Nein«, räumte Orlando ein. »Aber ich weiß noch immer nicht, wie es geschehen ist oder welche Art Wesen sich darin befindet.«
Simon schaute zu den anderen zurück, die noch in die Trauerfeier vertieft waren. »Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.«
Er erwartete die ganze Zeit, während er grub, dass Michel sich erheben würde, aber der Boden unter seinen
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