Gefällt dir, was du siehst?
vielen Dingen einen guten Geschmack.“ Ihr Atem war warm auf meiner Haut, als sie sich vorbeugte und mir ins Ohr flüsterte: „Weiß sie, wie viel Glück sie hat?“
Ich lehnte mich zurück, so dass meine Schultern gegen die Wand stießen, und hob abwehrend die Hände. „Glück?“
„Natürlich. Für einen Mann wie dich würde manche Frau morden.“
Ich lachte auf. „Ich sehe aus wie ein Mittvierziger, der zum Lachen in den Keller geht“, zitierte ich die Beleidigung des Unbekannten.
„Ich sehe einen Mann, der gar nicht mehr weiß, wie er wirkt“, sagte Saskia und beugte sich noch weiter vor, was dazu führte, dass sie fast auf mir lag. Das Hauchen ihrer Stimme in meinem Ohr fuhr durch mich wie ein Strom – genauso wie ihre Hand, die sich zeitgleich mit sanftem Druck auf meine Hose legte und meinen Schwanz streichelte. „Und was den Keller angeht – da scheint auch alles in bester Ordnung zu sein.“
Mein erster Impuls war, sie wegzustoßen.
Mein zweiter, es nicht zu tun.
Mein dritter, die Augen zu schließen und es zu genießen …
„Was machen Sie denn hier, Herr Strecker?“
Ich schoss in die Höhe. Die leicht schnarrende Stimme von Frau Zeiger, der ersten Sekretärin meiner Chefin, hätte ich überall auf der Welt erkannt. „Scannen!“, sagte ich, riss das Buch an mich und stürmte aus dem Raum, ohne Saskia, die keinen Ton von sich gab, aber das Schauspiel vermutlich amüsiert verfolgte, noch einmal anzusehen. „Schönen Abend, Frau Zeiger!“
Ich lief den Gang entlang, als wären die Furien persönlich hinter mir her. Beim Fummeln mit einer Kollegin erwischt werden – wie schrecklich peinlich!
Schrecklich ist nur, dass es nicht weiter ging, knirschte es in meinem Hinterkopf.
Karen saß auf dem Badezimmerboden, als ich nach Hause kam, und feilte an ihren Fußnägeln herum. Ich setzte mich auf den Badewannenrand und sah ihr dabei zu.
„Sag mal“, begann ich.
„Mal“, gab sie trocken zurück.
Ich gab ein kleines Schnaufen von mir, das nicht die Kraft hatte, zu einem Lachen zu werden. „Sag mal … findest du, dass ich alt aussehe?“
Sie schaute zu mir hoch. „Wie meinst du das, alt?“
„Naja … alt eben. Wie Mitte vierzig.“
Sie lachte. „Michi, kommst du mir jetzt mit einer kleinen Midlife-Crisis? Die hat man doch angeblich vor dem Vierzigsten, nicht danach.“
„Ist das so“, fragte ich lahm.
Sie musterte mich. „Alles okay bei dir?“
Nein, wollte ich sagen. Nichts ist okay bei mir. Ich habe die ganze Nacht in meinen Träumen eine andere gefickt. Wenn die blöde Zeiger nicht dazwischen geplatzt wäre, hätte es gerade eben sehr leicht auch in der Realität passieren können. Und wenn dich das jetzt stört, dann könntest du mir vielleicht mal sagen, ob du auch der Meinung bist, dass manche Frauen für mich morden würden.
Aber natürlich sagte ich das nicht. Weil man so etwas vermutlich nicht zu einer Frau sagt, die nichts dabei findet, sich vor einem die Nägel zu machen.
Vier
„Schlecht geschlafen, Herr Strecker?“ Frau Dr. Rothloff sah mich scharf an, als ich den kleinen Konferenzraum betrat, in dem ich sie hatte sitzen sehen.
„Nein, alles ganz wunderbar“, behauptete ich. Wenn die wüsste, was heute Nacht auf ihrem Schreibtisch passiert ist, amüsierte sich das leise Stimmchen in meinem Hinterkopf, was nicht gerade hilfreich war. „Ich bin gerade auf dem Weg in Ihr Büro, aber wenn ich Sie hier kurz stören darf?“ Tatsächlich fiel mir ein Stein vom Herzen – die Vorstellung, in ihrem Vorzimmer erneut auf Saskia und Frau Zeiger zu treffen war wenig verlockend. Trotzdem wollte ich ihr das, was ich in Händen hielt, persönlich überreichen.
„Ich habe Ihnen hier schon einmal die Unterlagen zusammengestellt, die nächste Woche fällig werden, und eine kleine Analyse dazugelegt, die ich Ihnen gerne noch näher erläutern kann – sollte aber alles selbsterklärend sein.“ Ich schob die blaue Aktenmappe über den Konferenztisch zu ihr hinüber. Tatsächlich war meine Präsentation hieb- und stichfest und hatte mich in den letzten vier Wochen beschäftigt. Ja, ich war stolz darauf. Sehr sogar. Die Auswertung, die Prognose, die Aufbereitung – das entsprach in jeder Hinsicht dem, was ich für perfekt hielt. So wollte ich arbeiten. Darauf konnte ich stolz sein. Und das war, verdammt noch mal, wichtiger als das, was mich seit Montagabend beschäftigte.
Sie schlug den Ordner auf, ließ den Blick über die erste Seite gleiten, und klappte
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