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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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fragte er.
    »Heiß«, sagte sie. »Ich hab mir den Gaumen verbrannt.«
    Er beugte sich vor. »Ich kenne da ein gutes Hausmittel«, sagte er, und einen Moment lang dachte sie, er wolle sie küssen. Sie spürte es wieder, ein jähes und brennendes Verlangen. Doch er beugte sich nicht vor, um sie zu küssen, sondern um von seinem Stuhl aufzustehen. Er ging in die Kochnische und kam mit einem Glas Milch wieder. Jetzt reiß dich zusammen, beschwor sie sich und nahm einen Schluck.
    Er lächelte sie an.
    Das ist das Stockholm-Syndrom, dachte sie. Bitte lieber Gott — mach, dass es das Stockholm-Syndrom ist.
    Am nächsten Morgen saß McBride am Steuer, und Adrienne erzählte ihm während der Fahrt, was sie über Sidney Shapiro herausgefunden hatte.
    Am Abend zuvor war sie nach dem Essen — unmittelbar nach dem Essen — noch einmal weggegangen. McBride war müde gewesen, litt noch immer unter den Nachwirkungen seines Aufenthalts in der Klinik. Und weil sie für nichts hätte garantieren können, wenn sie mit ihm in einem Raum geblieben wäre, war sie zu Fuß vom Mayflower zur Bibliothek gegangen, wo sie sich dann, vor einem Stapel Bücher über die CIA sitzend, allmählich wieder in den Griff bekommen hatte.
    In keinem der Bücher stand viel über Shapiro, der ein Programm geleitet hatte, das so >sensibel< — Adrienne verstand es als >kriminell< — gewesen war, dass so gut wie alle Aufzeichnungen darüber vernichtet worden waren. Und zwar, weil der Senat eine Untersuchung über »angebliche Menschenrechtsverletzungen durch die US-Geheimdienste« angestrengt hatte.
    Anhand der Register in den Büchern hatte Adrienne ein grobes und recht lückenhaftes Dossier zusammenstellen können. »Er hat in Cambridge studiert«, referierte sie mit Blick auf ihre Notizen. »Psychologie im Bereich Forschung, genau wie du. Dann war er auf dem Massachusetts Institute of Technology. Danach eine Weile in Korea — niemand weiß, was er da gemacht hat, aber angeblich war er Zivilangestellter bei der Armee. Das war '53. Dann ist er zurück in die Staaten und hat den so genannten Human Ecology Fund gegründet. Das war in New York.«
    »Und dann?«, fragte McBride.
    »Ich bin noch nicht fertig. Dieser Ökologiefonds war angeblich privat, aber das Geld kam von der CIA. Er muss also ein inoffizieller Agent gewesen sein.«
    McBride warf ihr einen Blick zu. »Wo hast du das denn alles her?« 
    »Aus der Bibliothek — als du geschlafen hast.«
    »Verstehe!«
    »Also, dieser Fonds war eine CIA-Tarnorganisation. Und er hat Verhaltensforschungsprojekte — geheime Forschungen — auf dem Gebiet Bewusstseinssteuerung finanziert. Die hießen dann MK-Ultra. Artichoke. Bluebird. So was in der Art.«
    »Und Shapiro hat da mitgemischt?«
    »Er hat den Fonds zehn Jahre geleitet. Dann wurde die Sache aufgelöst, und er hat die Leitung der Abteilung Wissenschaft und Technologie bei der CIA übernommen. Aber da ist interessant, womit die sich beschäftigt haben. Sie haben psychotope Drogen erforscht, Hypnose, Telepathie, Gehirnwäsche und so weiter.«
    »Ich hab mal im Fernsehen eine Dokumentation darüber gesehen«, sagte McBride. »Vor knapp einem Jahr. Sie haben Experimente gemacht, Drogen getestet an Leuten, die sie für >Freiwild< hielten — Leute in Gefängnissen und psychiatrischen Kliniken, angebliche Kommunisten, Leute, die das. Gesetz gebrochen hatten.«
    »Und was ist passiert? Sie wurden high, stimmt's?«
    »Genau. Nur dass sie nicht wussten, dass sie high waren. Es waren nicht gerade klinische Versuche. Deshalb haben die meisten geglaubt — sie wären krank oder verrückt.«
    »Klar, dass man das denkt.«
    »Manche haben den Verstand verloren. Und mindestens einer das Leben.«
    »Wer?«
    »Ein Wissenschaftler namens Olsen. Seine >Kollegen< haben ihm heimlich LSD verabreicht — und er ist durchgedreht. Komplett. So die offizielle Version. Ein paar Tage später hat er sich aus dem Fenster seines Hotels gestürzt.«
    »Um Himmels willen ...«
    »Zumindest ist das die offizielle Version. In dem Fernsehbericht hieß es, dass man da wahrscheinlich etwas nachgeholfen hat.« 
    »Nachgeholfen?«
    »Es gibt Grund zu der Annahme, dass er gestoßen wurde.« 
    »Oh.«
    »Sieht so aus, als ob du Recht hattest«, sagte Adrienne.
    »Womit?«
    »Überraschend bei ihm zu Hause aufzukreuzen. Ich glaube, ein Telefonanruf hätte bei dem nichts gebracht.«
    Sie stiegen im Hilltop ab, einem alten Hotel am Berghang in Harper's Ferry, mit Blick auf die Schlucht, wo

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