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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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muskulös und hatte volles, schwarzes Haar. Er wirkte geschmeidig und stark für einen über Siebzigjährigen, wie er ein Bein quälend langsam ausstreckte, bis es ganz gerade und parallel zum Boden war, bevor er es elegant wieder senkte und dabei eine präzise und gemächliche Drehung um die eigene Achse vollführte. Es war, als, sähen sie einen Balletttänzer, der sich in extremer Zeitlupe bewegte, und McBride beobachtete Shapiros fließende Bewegungen ganz gebannt. Einen Augenblick lang lugte die Sonne zwischen den Wolken hervor und erhellte die Weide wie eine Bühne, und McBride sah einigermaßen entsetzt, dass das Gesicht des Mannes im Gegensatz zu seinem Körper nicht über sein Alter hinwegtäuschte. Es war knochig, wie ein Totenschädel unter der dünnen, gespannten Haut.
    Shapiro beendete seine Übung, indem er den Kopf nach hinten neigte, die Beine spreizte und beide Hände hoch zum Himmel streckte. In dieser Position verharrte er etwa dreißig Sekunden, senkte dann anmutig die Arme und ging mit vorsichtigen Schritten über die Wiese auf sie zu, wobei er bei jedem Lama kurz stehen blieb und es streichelte. Er öffnete das Gatter, schloss es hinter sich und schaute erst dann seine Besucher an.
    »Hallo.«
    »Hi ... Dr. Shapiro?«
    »Ja.«
    »Mein Name ist Lew McBride. Das ist Adrienne Cope.«
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er, wobei er den Blick von McBride zu Adrienne und wieder zurück wandern ließ. Er wirkte sehr ruhig für einen Mann, den ein schweres Karma belastete.
    »Nun, äh ... wir würden gern mit Ihnen sprechen.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Wir würden gern mit Ihnen über...« McBride wusste nicht, wie er es ausdrücken sollte.
    »Ihre Arbeit sprechen«, sagte Adrienne.
    »Meine Arbeit?« Shapiro sah Adrienne an. Seine Augen waren kohlrabenschwarz und glitzerten. »Ich bin pensioniert.«
    »Ihre frühere Arbeit. MK-Ultra.«
    Shapiro runzelte die Stirn, und seine Augen funkelten verärgert. »Sind Sie Reporter?«
    Beide verneinten das mit einem Kopfschütteln.
    »Ich habe nämlich dem jungen Mann am Telefon gesagt, dass ich nicht noch einmal bei einer Fernsehdokumentation mitmache. Das erste Mal war nicht gerade eine lohnende Erfahrung.« Er schaute zum Himmel, dann wieder zu McBride. »Obwohl, als Bestrafung könnte ich mir kaum etwas vorstellen, das wirkungsvoller wäre, als zu sehen, wie mein Leben zerhackstückt wird, unterbrochen von Werbespots für eine Schönheitsklinik.« Er schüttelte den Kopf. »Einen solchen Akt der Buße möchte ich nicht unbedingt wiederholen.«
    »Deshalb sind wir nicht gekommen«, sagte Adrienne.
    »Ach nein?« Shapiro blickte von ihr zu McBride. »Warum sind Sie dann gekommen?«
    »Meine Schwester und ... Mr. McBride ... waren Opfer.«
    Shapiro bedachte sie mit einem skeptischen Blick. »Wohl kaum«, sagte er zu ihr. »Das alles ist sehr lange her.« Er lachte leise und entschuldigend. »Wenn Sie glauben, Sie sind ein Opfer der Bewusstseinssteuerung —«
    »Nicht ich«, sagte Adrienne. »Meine Schwester —«
    »Dann würde ich vorschlagen, Sie sagen ihr, sie soll den Fernseher ausmachen — und die >Bewusstseinssteuerung< hat ein Ende. Das ist mein Rat.«
    »Ich kann ihr nichts mehr sagen«, erwiderte Adrienne. »Sie ist tot. «
    Shapiro erbleichte. »Tut mir Leid.« Er hielt inne. »Hören Sie«, sagte er, »dieser Forschungsbereich ist derart in Verruf geraten, dass er vor Jahrzehnten aufgegeben wurde.«
    »Ach wirklich?«, fragte McBride.
    Shapiro ignorierte den skeptischen Unterton. »Es sollte ein bahnbrechendes Projekt sein. Und vielleicht war es das sogar. Wir dachten, die Weltraumforschung, Menschen auf den Mond zu schicken, wäre banal, gemessen an dem, was wir ...« — er tippte sich an den Kopf — »hier drin entdecken würden.« Dann blickte er Adrienne an und seufzte wehmütig. »Wir nannten das den >inneren Raum<. Aber das ist sehr lange her, und ich weiß zwar nicht, wie alt Ihre Schwester war, aber der junge Mann hier muss damals noch ein kleiner Junge gewesen sein.« Er lächelte, doch das Lächeln drang nicht bis in seine Augen. »Und was immer Sie auch gehört haben mögen, wir haben keine Experimente mit Kindern gemacht. Also ...« Er wandte sich um und wollte gehen.
    »Dürfen wir Ihnen etwas zeigen?«, fragte Adrienne,
    Shapiro drehte sich wieder zu ihr um.
    »Dann gehen wir — wenn Sie das immer noch möchten«, versprach Adrienne.
    »Abgemacht«, erwiderte Shapiro.
    Adrienne suchte in ihrer Handtasche, bis sie das Polaroidfoto von

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