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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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Sie zu Hause geblieben?«
    McBrides Schultern hoben und senkten sich. »Ich denke, ich war wohl ziemlich viel zu Hause.«
    »Das habe ich mir gedacht«, sagte Shapiro.
    »Wieso?«
    »Weil ich es für sehr wahrscheinlich halte, dass es in Ihrem Gebäude eine Überwachungsstation gab. Vielleicht die Wohnung gegenüber —«
    »— oder nebenan«, sagte Adrienne.
    »Eine Etage höher oder tiefer ... entscheidend ist: Sie brauchten eine Möglichkeit, um das Ankopplungssignal zu verstärken. Und eine Folge davon wäre, dass Sie sich, sobald Sie außer Reichweite Waren, allmählich unbehaglich fühlten —es sei denn, Sie standen unter Medikamenten. Haben Sie Medikamente genommen?«
    »Nein«, sagte McBride, mit deutlichem Sarkasmus in der Stimme. »Ich habe bloß ferngesehen.« Er räusperte sich. »Aber was Sie da sagen, bedeutet doch, dass Menschen in Marionetten und Zombies verwandelt werden können —«
    »Roboter«, warf Adrienne ein.
    Shapiro nickte. »Umgangssprachlich ausgedrückt, ja.«
    Adrienne wandte den Blick ab. Ihr standen Tränen in den Augen.
    »Das heißt, man könnte mit ihnen machen, was man will«, fuhr McBride fort. »Sie zum Lachen oder Weinen bringen, sie vor ein Auto laufen lassen —«
    »—oder ihnen eine Kindheit geben, die sie gar nicht hatten«, schlug Adrienne vor.
    Shapiro seufzte und drehte die Handflächen nach oben. »Ganz genau.« Er sog scharf die Luft ein, streckte die Hand zu dem Blumenarrangement aus und klopfte mit dem Fingernagel gegen den geschwungenen Grashalm. Atmete aus. »Hören Sie«, sagte er, »ich bereue zutiefst, dass ich an dem Forschungsprojekt beteiligt war. Und es tut mir Leid, wie meine Arbeit sich auf Ihr Leben ausgewirkt hat. Aber daran ist jetzt nichts mehr zu ändern.«
    »Sie können uns helfen, das alles zu verstehen«, sagte Adrienne. »Wirklich?«
    »Ja«, erwiderte sie.
    »Es ist lange her.«
    »Ich will wissen, wer dahinter steckt«, sagte Adrienne.
    Shapiro neigte den Kopf. »Natürlich wollen Sie das. Aber warum? Sie sagen, weil Sie es verstehen wollen. Aber ich habe den Verdacht, dass Sie auf Rache aus sind.«
    »Hören Sie«, sagte McBride, »Sie können es nennen, wie Sie wollen, aber ...« Er hielt inne. Eine Gewitterfront zog durch seinen Kopf — zumindest kam es ihm so vor—, und wenn er sie nicht vorbeiziehen ließ, würde er Shapiro ins Gesicht springen. Denn es juckte ihm in den Fingern, diesen wiedergeborenen Buddhisten mit seinem asketischen Leben und den niedlichen Teetassen grün und blau zu schlagen. Stattdessen sagte er: »Ich bin ein Wrack.«
    »Was!?« Shapiro war bestürzt über die Bemerkung, und auch Adrienne schien wie vor den Kopf gestoßen.
    »Ich sitze hier mit euch in diesem sehr hübschen Haus und trinke Tee«, sagte McBride, »und erwecke vielleicht den Eindruck, dass es mir gut geht. Alles scheint in Ordnung. Richtig? Falsch. Ich bin ein wandelndes Wrack — im Ernst. Wer immer mir das angetan hat ... er hat mir alles genommen. Meine Kindheit. Meine Eltern. Mein Ich. Ich werde nie wieder der Alte sein. Man hat mir jede Erinnerung genommen, die ich je hatte, jeden Traum zerstört und Gott weiß wie viele Jahre meines Lebens zunichte gemacht. Selbst jetzt, wenn ich darüber nachdenke, ist da nichts als Leere. Es ist alles weg, bis zu dem Moment, als sie durch meine Wohnungstür gefegt kam und gebrüllt hat, sie würde mich verklagen.« Er hielt inne und atmete tief ein. »Ich will damit nur sagen: Ich habe einiges verloren ... und ich spreche nicht von Büchern, Möbeln und Kleidungsstücken.«
    Shapiro schüttelte den Kopf. »Ich wollte damit nicht sagen —«
    »Was ist mit meiner Schwester?«, fragte Adrienne. »Was man ihr angetan hat, ist schlimmer als Mord. Man hat sie völlig umgekrempelt, sie in den Selbstmord getrieben. Was ist mit ihr?«
    Shapiro schloss einige Sekunden die Augen, öffnete sie dann. »Was ich sagen wollte, war nur, dass das, was Sie machen —«
    »Machen?«, wiederholte Adrienne. »Wir machen doch gar nichts — außer Fragen stellen.«
    »Genau«, sagte Shapiro. »Und das könnte gefährlich sein.«
    Sie schwiegen alle einen Moment. Schließlich sagte McBride: »Ich möchte verhindern, dass noch irgendwem das Gleiche passiert wie mir.«
    Shapiro nickte bedächtig, griff über den Tisch und nahm McBrides Krankenakte, öffnete sie und blätterte sie langsam durch. Nach einer Weile blickte er auf und sagte: »Ich würde gern mit Ihrem Arzt sprechen ... diesem Shaw.« Adrienne und McBride tauschten

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