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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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Name wieder ein: Monroe Drive. Er und de Groot hatten darüber gewitzelt, und der Holländer hatte behauptet, die Straße sei nicht nach James, sondern nach Marilyn benannt.
    McBride hoffte verzweifelt, dass de Groot noch da war. Wenn er den Holländer fand, könnte er die Deckerinnerung vielleicht entschärfen. Und wenn das nicht funktionierte, würde er ihn schon irgendwie aus dem Verkehr ziehen — koste es, was es wolle, Hauptsache, Jericho würde vereitelt.
    »Ich wüsste gern, was dir durch den Kopf geht«, sagte Adrienne. »Das kann ich dir sagen«, erwiderte er. »Ich wünschte, ich hätte eine Kanone.«
    Sie wurde bleich, beäugte ihn dann, als wüsste sie nicht genau, ob er verrückt geworden war oder nicht. »Wofür?«
    Er erwiderte den Blick. »Was meinst du wohl? De Groot ist ein Baum von einem Mann.« Als sie in den Tunnel nicht weit vom National Zoo hineinfuhren, fügte er hinzu: »Ich möchte nicht noch mal erleben, was in meiner Wohnung passiert ist.«
    »Eddie hatte eine Pistole«, erinnerte sie ihn. »Und sie hat ihm nichts genützt.«
    McBride fuhr schweigend weiter.
    Als sie aus dem Tunnel kamen, fragte Adrienne: »Kannst du überhaupt damit umgehen?«
    »Ja«, sagte er. »Ich bin ein guter Schütze.«
    »Na klar«, erwiderte sie mit zugleich skeptischem und sarkastischem Unterton.
    »Wirklich!«
    Sie blickte ihn erneut an. Meinte er das ernst? »Wie kommt's?«
    »Mein Dad hat es mir beigebracht.« Er sagte das, ohne nachzudenken, doch sobald die Worte heraus waren, sah er sich und seinen Vater vor seinem geistigen Auge auftauchen. Ein kristallklarer, klirrend kalter Morgen in Maine. Atemwolken vor ihren Mündern. Fingerlose Handschuhe. Sein Vater hob ihm das Gewehr an die Schulter und brachte es in die richtige Position, zeigte ihm, wie man das Ziel ins Visier nahm. Das Ziel aus Pappe war an einem Baum am Fuße eines kleinen Hügels befestigt, vielleicht dreißig Meter entfernt. »Er hat eine Medaille im Biathlon gewonnen—hab ich dir das erzählt?«
    »Was? Bei der Olympiade? Ach, hör doch auf!«
    »Nein — im Ernst. Bei den Winterspielen '72. In Sapporo.«
    »Das ist ja toll!«, entfuhr es ihr. Sie hielt inne und fragte dann: »Was ist Biathlon eigentlich?«
    Er lachte. »Skilanglauf über zehn Kilometer, und zwischendurch muss man auf Zielscheiben schießen. Das Schwere daran ist: Wenn das Schießen drankommt, ist der Körper erschöpft. Man muss also eine prima Kondition haben, damit man die Pulsfrequenz niedrig und gleichmäßig halten kann. Wenn man schießen muss, zielt man, wartet— und drückt zwischen den Herzschlägen ab.«
    »Und das kannst du?«
    »Nein«, erwiderte er. »Mein Vater konnte das. Aber schießen kann ich. Das heißt, ich könnte, wenn ich eine Waffe hätte. Die ich leider nicht habe.«
    Sie fuhren den Beach Drive hoch und waren kurz darauf am Ziel. Eine Querstraße weiter fanden sie einen Parkplatz und gingen zu Fuß. Das Gebäude war ein zehnstöckiger Glas-Backstein-Kasten mit einem Schild davor, auf dem »Luxuswohnungen« stand. Ein uniformierter Pförtner hockte auf einer niedrigen Mauer und sprang auf, als er Adrienne und McBride sah, um ihnen die Tür zu öffnen. ln der Eingangshalle saß ein Mann mittleren Alters hinter einem Schreibtisch und fragte halbherzig, ob er behilflich sein könne.
    »Wir möchten zu einem Mieter — Henrik de Groot«, sagte McBride.
    Der Mami runzelte kurz die Stirn, blickte dann auf. »Der Blonde — 7-G.«
    »Richtig!«
    Dann schüttelte er den Kopf. »Den hab ich seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Ich glaube nicht, dass er da ist. Ist viel unterwegs.« Er griff zum Telefon, wählte eine Nummer und lauschte dem Rufzeichen. Dann legte er den Hörer wieder auf und zuckte die Achseln.
    Fünf Minuten später saßen sie wieder im Wagen und waren unterwegs zu McBrides Wohnung, was natürlich ein Risiko war, da sie vielleicht immer noch überwacht wurde. Aber sie hatten keine Wahl. Ihr einziger Plan — wenn man überhaupt von Plan reden konnte — war der, in die Schweiz zu fliegen, Opdahl zur Rede zu stellen und de Groot zu finden, bevor es zu spät war. Wie das alles zu bewerkstelligen sein sollte, war ihm schleierhaft. Aber eines stand fest: Er brauchte seinen Pass — Adrienne hatte ihren bereits —, und sein Pass lag im Gefrierfach.
    Wie alle seine Ausweispapiere.
    Das war de Groots Idee gewesen. Der Holländer war schließlich Brandschutzexperte, und bei einer ihrer Sitzungen hatte er sich besorgt über die altmodischen

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