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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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Tageslicht.« Er hielt inne.
    »Was meinst du?«
    Sie blickte ihn zehn oder zwanzig Sekunden wortlos an. Schließlich sagte sie: »Du bist wahnsinnig.«
    Sein Kopf fiel nach hinten aufs Kissen. »Ich weiß«, gab er zu.
    »Aber wenn dir nichts Besseres einfällt, mache ich Jagd auf ihn — weil ich nicht weiß, wie ich Jericho sonst verhindern soll.«
    »Jericho? Du weißt ja nicht mal, was Jericho ist.«
    »Doch — jedenfalls habe ich eine vage Vorstellung.«
    »Und was könnte es sein?«
    »Ein Blutbad«, sagte er.
    Sie nickte beipflichtend. »Stimmt. Was noch?«
    »Die Zeit ist knapp.«
    Sie blickte ihn verwundert an. »Wie kommst du darauf?« Doch noch während sie die Worte aussprach, kam sie selbst auf die Antwort: Weil sie Nikki losgeschickt hatten, um einen todkranken Mann umzubringen.
    Als er ihren Blick sah, wusste er, dass sie verstanden hatte. »Sie konnten nicht warten«, sagte er.
    Sie nickte.
    »Und wir wissen noch etwas«, sagte er.
    »Ja?«
    » Ja. Wir wissen, wer der Killer ist — der Mann, der die Sache durchführt.«
    Adrienne runzelte verständnislos die Stirn.
    »De Groot«, erklärte er. »Mein Klient. Du hast ihn mal gesehen. Der Typ, der...« Seine Stimme verlor sich.
    »Was ist?«
    »Mistkerl«, flüsterte McBride. Er dachte an de Groot. Das drahtige Blondhaar, der sportlich geschmeidige Gang — ein Raubtier, stets zum Angriff bereit. Sein einnehmendes Lächeln. Das tanzende Licht in seinen Augen. Selbst unter Medikamenteneinfluss hatte der Holländer zu viel Energie. Er wippte ständig mit dem Fuß oder trommelte mit den Fingern auf einem Bein, summte immer irgendeine Melodie. Manchmal pfiff er. Immer die gleiche Melodie. Sie hatten ein paar Mal darüber gewitzelt, dass es eine komische Melodie sei für einen hippen Holländer. Es ist ein richtiger Ohrwurm, hatte de Groot geklagt. Sie finden das komisch, aber ich krieg die Melodie einfach nicht aus dem Kopf! Und ich kenne nicht mal das ganze Lied — bloß die Stelle mit Joshua.
    »Was ist!?«, sagte Adrienne erneut, unfähig, seine Gedanken zu lesen.
    »Er hat immer dieses Lied gesummt — das über Joshua ... und Jericho. «
    »Welches Lied?«
    Er blickte sie an: »Na das, wo die Mauern einstürzen.«
    Sie sagten beide lange nichts. Schließlich stand Adrienne auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. »Hatte er eine Deckerinnerung?«
    McBride nickte. »Ja. Von einer Entführung.« Er hielt inne, und dann fiel ihm noch was ein. »Und stell dir vor... er hat gedacht, er hätte einen Bandwurm im Herzen. Und der würde ihm Befehle erteilen.«
    »Einen Wurm?«
    »Ja.«
    Sie ging zu ihrem Notizblock und blätterte ihn durch. Vom Flur her hörte Adrienne, wie die Zimmermädchen des Motels anklopften, bevor sie eintraten. Schließlich fand sie, was sie suchte. »Sieh dir das mal an«, sagte sie und reichte ihm den Block mit ihren Notizen.
Hendrik Verwoerd. Südafrikanischer Premierminister — Architekt der Apartheid. '66 erstochen von Demitrios Tsafendas, verrückter Einzeltäter, Sektenmitglied (»Die Jünger Jesu«). Hatte fünf Pässe bei. Verhaftung. Gab Bandwurm in seinem Herzen Schuld an Tat.
    »Verdammt.« Das Wort kam ganz sanft über seine Lippen -- als hätte er >Lavendel< oder >Schattenspiel< gesagt. Er blickte von dem Block auf und sagte: »Jericho. Gemeint ist Südafrika.« Er ließ den Kopf aufs Kissen sinken und starrte zur Decke. Der Bandwurm war so etwas wie ein Insiderwitz, eine makabre Anspielung auf frühere Erfolge des »Programms«. Eine Hommage. McBride dachte zurück an seine Sitzungen mit de Groot, und auf einmal verstand er, was der Holländer gemurmelt hatte. Es hatte nichts mit Mandalas zu tun — den streng symmetrischen Mustern, die in den Wahnvorstellungen so vieler Schizophrener herumspukten. Er hatte von Nelson Mandela gesprochen, er hatte es auf Mandela abgesehen.
    McBride stieß sich hoch und schwang die Beine aus dem Bett. Er nahm seine Sachen und fing an, sich anzuziehen. »Er will Mandela umbringen«, sagte er. »Er ist ein Rassist, und er will Südafrika in Brand stecken.«
    Sie wechselten sich am Lenkrad ab und fuhren schneller als erlaubt und ohne Zwischenrast über die Interstate nach Washington, das Radio aufgedreht. In Georgia ging die Sonne unter, und als sie wieder aufging, näherten sie sich der Grenze von Virginia.
    Um elf Uhr überquerten sie auf dem Rock Creek Parkway den Potomac in Richtung Norden. De Groots Wohnung lag in einer Seitenstraße unweit vom Chevy Chase Circle. McBride fiel der

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