Gefaelschtes Gedaechtnis
zwei weitere Korridore vom Empfangsbereich ab. Einer führte zu den Fahrstühlen. Er konnte sie zwar nicht sehen, aber hören: das Pling, wenn sie hielten, das Zischen, wenn sich die Türen öffneten und schlossen, das Klappern von Wägelchen, die auf den Flur geschoben wurden. Schilder wiesen den Weg zur Medikamentenausgabe, zu den Räumen für Hydrotherapie und Gymnastik.
Wohin der andere Korridor führte, konnte er nicht sagen. Da es keine ambulante Klinik war, lagen dort wahrscheinlich Patienten-Zimmer.
Dass die Klinik größer war, als sie wirkte, hatte er sich bereits gedacht. Vermutlich gab es eine Tiefgarage, da draußen keine Wagen parkten. Und die Entlüftungsschlitze, die er von seinem Zimmer im Belvedere aus gesehen hatte, ließen darauf schließen, dass es außer der Tiefgarage noch andere unterirdische Räume gab.
McBride ging zu einem der Apparate, wählte die Nummer der Klinik und hörte, wie das Telefon zu klingeln begann — immer wieder.
Es war eher ein Trillern als ein Klingeln, trotzdem nervig. Er drehte sich um und sah, wie die Empfangssekretärin an einem anderen Apparat angeregt telefonierte. Schließlich drückte sie einen Knopf an dem Telefon und sagte: »Hallo?«
McBride wandte sich von ihr ab.
»Hallo?<, wiederholte sie.
»Dr. Opdahl bitte ...«
Er wurde verbunden und er hörte den Rufton. Dann: »Ja?« Opdahls Stimme jagte einen Adrenalinstoß durch McBrides Herz. Für einen Moment konnte er nicht sprechen.
»Hallo — wer ist denn da?«
Er räusperte sich. »Lew McBride.«
Langes Schweigen am anderen Ende. Schließlich sagte Opdahl: »Na so was!«
Sobald er die Stimme des Mannes hörte, spürte McBride, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Aber vielleicht täuschte er sich ja. »Ich werde Sie umbringen«, sagte er.
»Ach wirklich?«
»Und ob«, erwiderte McBride. »Und zwar bald.«
Opdahl lachte leise. »Hören Sie, Lew — ich glaube Ihnen kein Wort. Dazu sind Sie nicht der Typ ...«
Irgendwas stimmt nicht, dachte McBride. Irgendwas ist mit sei ner Stimme. Irgendwas fehlt.
»... wie wär's, wenn wir uns treffen —«
»Das werden wir!«, versprach McBride.
»— und über alles reden?«
Da gibt es nicht viel zu reden«, setzte McBride an. Dann wusste er, was in Opdahls Stimme fehlte. Die Überraschung.
»Natürlich gibt es was zu bereden«, fuhr der Arzt fort. »Sehr viel sogar — es ist eine sehr aufregende Zeit für das Institut, wie Sie sicherlich wissen.« Er lachte zum zweiten Mal in sich hinein. »Lassen Sie sich doch von Rütger den Weg in mein Büro zeigen.«
Rütger? McBride stand stocksteif, unsicher, was geschah, spürte aber, dass ihm die Dinge aus der Hand glitten. Dann wanderten seine Augen nach oben, und er entdeckte erst jetzt die Videokamera, die direkt auf ihn gerichtet war. Er drehte sich langsam um und sah aus den Augenwinkeln, dass die Empfangssekretärin ihn von ihrem Schreibtisch aus anstarrte. Er wollte rasch nach dem Karton greifen —
Doch da wurde er auch schon mit voller Wucht gegen die Wand gestoßen.
»Wie ich sehe, haben Sie Rütger schon kennen gelernt — und Heinz auch«, sagte Opdahl und erhob sich hinter seinem Schreibtisch, um McBride zu begrüßen, der unsanft hereingeführt wurde. »Nehmen Sie Platz.«
Einer der Sicherheitsmänner stieß McBride auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch, während der zweite den Gardinenstangenkarton auf die Couch warf.
»Legt ihm eine Zwangsjacke an«, befahl Opdahl, und einer der Wachleute ging aus dem Zimmer. Dann wandte er sich McBride zu: »Zu Ihrem eigenen Schutz.«
»Leck mich«, zischte McBride, was er augenblicklich bereute, als der Wachmann, der noch im Raum war, ihm einen harten Schlag verpasste. Opdahl lachte — und McBride sprang von seinen Stuhl auf, nur um zu spüren, wie ihm der Lauf einer 9-mm in den Nacken gepresst wurde. Er setzte sich wieder hin.
Kurz darauf kam der erste Wachmann mit einer Zwangsjacke in der Hand zurück. Als McBride sie sah, drückte er sich fester in seinen Stuhl, doch angesichts der Pistole, die auf ihn gerichtet blieb, war er machtlos. Der zweite Wachmann riss ihn hoch und zog ihm die Jacke über die Arme. McBride holte tief Luft, als der Wachmann ihm die Arme verschränkte und die Jacke im Kreuz zuschnallte. Dann drückte er ihn wieder auf den Stuhl und blickte fragend seinen Boss an.
»Ich komme jetzt alleine zurecht«, sagte Opdahl und schickte seine Leute mit einer Handbewegung fort, als würde er Krümel vom Tisch wischen. Sobald sie gegangen
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