Gefaelschtes Gedaechtnis
höchstpersönlich, den Partner, der eigentlich ihr Mentor sein sollte, der aber der Einzige war, für den sie tatsächlich arbeitete. Der Mandant war Amalgamated Paving, eine Firma mit Sitz in Maryland, die Parkplätze und Straßen baute.
Vier Jahre zuvor war Amalgamated von dem District of Columbia verklagt worden, weil die Arbeiten an der 14th Street Bridge angeblich schlampig ausgeführt worden waren. Der Straßenbelag hatte nach nur sechs Monaten angefangen zu bröckeln, und große Schlaglöcher hatten Unfälle verursacht und eine Flut von Beschwerdebriefen ausgelöst. Die Sache ging jetzt unweigerlich vor Gericht.
Panik hatte sich breit gemacht.
Seit zwei Wochen war Adrienne damit beschäftigt, eine Datenbank von Dokumenten zu erstellen und mit einem Team von Anwaltsassistenten tausende von Unterlagen zu sichten: Memos, Berichte, Korrespondenzen, Quittungen und Rechnungen. Eine stumpfsinnige Arbeit. Jedes Blatt musste gelesen und kategorisiert werden, bevor es mit einer Nummer versehen und in den Computer eingegeben wurde.
Inzwischen ging es darum, welche Dokumente dem gegnerischen Anwalt zur Verfügung gestellt werden sollten. Manche Unterlagen fielen unter die anwaltliche Schweigepflicht oder waren durch das Eigentumsrecht gesetzlich geschützt, sodass sie von der Offenlegungspflicht befreit waren. Andere konnten nicht so leicht zurückgehalten werden, und Adrienne sollte nun nach Möglichkeiten suchen, die Offenlegung problematischer Unterlagen zu umgehen.
Sie saß am Computer und tippte die Korrekturen ein, die sie mit Bleistift auf den Entwurf ihres Memos geschrieben hatte. Anschließend las sie alles noch einmal durch. Es wimmelte nur so von Tippfehlern. Sie arbeitete meistens am Laptop, weil sie dessen Tastatur angenehmer fand als die des schwerfälligen Geräts in ihrem Büro. Mit Hilfe der Rechtschreibprüfung waren die Tippfehler rasch behoben, und als sie fertig war, sicherte sie die Datei, drückte auf »Print« und lehnte sich zurück. Während das Memo gedruckt wurde, legte sie den Kopf in den Nacken und schloss die Augen ...
Es wäre so schön ... einfach nur ...
Sie riss die Augen auf. Gestern hatte sie die ganze Nacht durchgearbeitet, und wenn sie nicht aufpasste, würde sie auf der Stelle einschlafen. Sie hatte zu Hause gearbeitet und ihr Memo fast fertig gehabt, als ihr Laptop den Geist aufgab und damit etliche Stunden Arbeit zunichte waren. Am Ende war sie um Mitternacht ins Büro gefahren, wo sie das Memo auf ihrem großen Computer fertig geschrieben hatte. Und jetzt würde sie am liebsten nach Hause fahren, sich in der Badewanne entspannen, bis das Wasser abkühlte, und sich dann auf ihrem großen weichen Bett von der Luft trocknen lassen.
Aber ... nein. Es war der zweite Dienstag des Monats, und nach der Nachricht, die Nikki ihr auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte; konnte sie ihr gemeinsames Abendessen unmöglich absagen.
Sie richtete sich im Sessel auf, heftete die vier Kopien des Memos zusammen und überflog es ein letztes Mal auf Fehler hin. Drei Kopien waren für Slough, eine für ihre Unterlagen. Sie griff zum Hörer, wählte die Durchwahl des großen Bosses, aber er war natürlich schon weg, ebenso wie die Sekretärinnen und so ziemlich alle anderen. Also schob sie die Memos in eine Büromappe und ging nach oben.
Hier hatte man keine Kosten und Mühen gescheut. Der Empfangsbereich, von dem aus man in die verschiedenen Büros gelangte, sollte einen genau kalkulierten Eindruck vermitteln, nämlich den großer Seriosität und Macht. Der Raum, luxuriös und dezent zugleich, war mit einem braungrauen Teppich ausgelegt, so dick, dass die Füße fast haften blieben, als wäre der Boden mit Materie von einem Neutronenstern bestäubt worden. Zwei Travertinmarmorsäulen stützten die gut vier Meter hohe Decke, von der eine indirekte Beleuchtung Lichtstrahlen auf den Boden warf. Geschmackvolle Ölgemälde hingen an den Wänden, und der eigentliche Empfang war schon an sich ein Kunstwerk, ein schimmernder Halbmond aus Walnussholz, dessen polierte Oberfläche zwischen den blinkenden Dioden der Telefonanlage glänzte. Hier und da einige Ledersessel, eine auffällige Chesterfield-Couch, ein Couchtisch aus Glas und Messing, mit Ausgaben von Granta und Scientific American darauf.
Sloughs Bürosuite war natürlich abgeschlossen, also legte sie die Mappe auf den Empfangstisch und ging zurück in ihr Büro, um ihre Handtasche zu holen. Auf dem Weg nach draußen schaute sie noch kurz in
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