Gefahrenzone (German Edition)
»Wenn Sie mit mir reden müssen, warum haben Sie mich dann nicht einfach angerufen?«
»Weil ich persönlich mit Ihnen sprechen wollte.«
»Worüber?«
Der Mann lächelte sie schief an. »Bitte, Melanie. Das Ganze wird nicht lange dauern. Ich parke drüben an der Indiana Avenue. Wir können uns dann ein stilles Plätzchen suchen.«
»In diesem Aufzug?« Sie schaute zu ihren hautengen Lycra-Laufhosen und ihrer körperbetonten Puma-Joggingjacke hinunter.
Der Mann musterte sie jetzt von oben bis unten, nahm sich dafür allerdings etwas zu viel Zeit. »Warum nicht? Ich würde Sie so überallhin mitnehmen.«
Melanie stöhnte in sich hinein. Darren Lipton war nicht das erste geile Arschloch, dem sie während ihrer Arbeit für die Bundesregierung begegnet war. Er war jedoch von all denen das erste geile Arschloch, das gleichzeitig auch noch ein leitender Spezialagent des FBI war, also folgte sie ihm widerstrebend zu seinem Auto.
17
S ie gingen gemeinsam die Rampe einer Parkgarage hinunter, die an diesem Samstagmorgen fast leer war. Lipton führte sie zu einem Toyota-Sienna-Minivan, und sie stiegen ein. Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss, ließ den Motor vorerst jedoch noch nicht an. Sie saßen schweigend im Halbdunkel der Tiefgarage da. Nur das schwache Licht einer Leuchtstoff l ampe an der Betonwand erhellte ihre Gesichter.
Lipton war in den Fünfzigern, hatte sich jedoch sein dunkelblondes Haar zu einer jungenhaften Frisur schneiden lassen, die ihn irgendwie jedoch nicht jünger, sondern nur weniger seriös aussehen ließ. Sein Gesicht war voller Aknenarben. Außerdem sonnte er sich offensichtlich ebenso gern, wie er Alkohol trank. Melanie konnte sich gut vorstellen, dass er beides oft miteinander verband. Er hatte so viel Aftershave aufgetragen, dass sich Melanie fragte, ob er seine ganze Badewanne damit füllte und dann jeden Morgen einfach untertauchte. Er sprach viel zu laut und schnell. Bereits bei ihrer ersten Begegnung fand sie es äußerst befremdlich, dass er ihr während des Gesprächs ständig auf den Busen starrte und es offensichtlich sogar genoss, dabei ertappt zu werden.
Er erinnerte Melanie an den Onkel eines ehemaligen Highschool-Freundes, der sie ebenfalls die ganze Zeit angegafft und zu allem Überfluss ständig Komplimente über ihren »sportlichen Körper« gemacht hatte. Dabei hatte er seine Worte so geschickt gewählt, dass ihre Schlüpfrigkeit zwar deutlich wurde, man ihm deswegen trotzdem nicht an den Karren fahren konnte.
Diese Mühe schien sich Lipton gar nicht erst zu machen. Kurz, er war ein absoluter Widerling.
»Es ist eine ganze Weile her«, sagte er schließlich.
»Ja. Ich hatte schon angenommen, Sie seien abgezogen worden.«
»Abgezogen worden? Dachten Sie, dass ich nicht mehr für das FBI tätig bin?«
»Ich dachte, Sie seien von dieser speziellen Untersuchung abgezogen worden.«
»Die Ermittlungen gegen Jack Ryan jr.? Nein, Ma’am, im Gegenteil. Wie Sie sind auch wir immer noch sehr an ihm interessiert.«
»Aber offensichtlich hat es bisher zu einer Anklage doch nicht gereicht«, sagte sie spöttisch.
Lipton trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. »Bei dieser Untersuchung des Justizministeriums geht es gegenwärtig nur um das Sammeln von Informationen. Ob das Ganze in eine Anklage mündet, steht noch nicht fest.«
»Und Sie führen diese Untersuchung?«
»Ich führe Sie. Im Moment ist das alles, was Sie wissen müssen.«
Melanie schaute durch die Windschutzscheibe auf die Betonwand, während sie ihm entgegnete: »Als ich im Januar zum ersten Mal etwas von Ihnen gehört habe, nachdem der stellvertretende CIA-Direktor Alden verhaftet worden war, haben Sie mir genau das Gleiche gesagt. Die National Security Branch des FBI würde Aldens Verdacht weiter nachgehen, dass sich Jack Junior und Hendley Associates auf irgendeine Weise streng geheime Informationen über Angelegenheiten der nationalen Sicherheit beschaffen würden, um mit ihrer Hilfe illegale Handelsgeschäfte auf den Weltfinanzmärkten durchzuführen. Sie meinten damals jedoch auch, dass dies bisher reine Spekulationen seien und sich die Counterintelligence Division noch gar nicht sicher sei, ob tatsächlich eine Straftat vorliege. Wollen Sie mir erzählen, dass wir hier sechs Monate später zusammensitzen und sich nichts geändert hat?«
»Die Dinge haben sich verändert, Miss Kraft, aber es handelt sich dabei um Dinge, in die Sie keinen Einblick haben.«
Melanie seufzte. Das Ganze war ein
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