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Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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auszudrücken.“
    Als er weitersprach, stellte sie fest, dass er inzwischen neben ihr stand. Er hielt eine perfekte Krabbe in den Fingern. „Die sind wunderbar.“
    „Du hast wohl vergessen, dass wir hier in Louisiana auch ein paar ganz gute Sachen haben.“
    Er hielt ihr die Krabbe vor den Mund. „Und einige davon sind weder illegal noch tödlich.“
    Sie nahm die Krabbe zwischen die Zähne und verspeiste sie genüsslich. „Ich bin überrascht, dass du es aushalten kannst, zum Ursprung alles Bösen zurückzukehren. Du musst wahnsinnig neugierig sein, wenn du sogar deinen Seelenfrieden riskierst, um Großmutters Einladung anzunehmen.“
    „Stimmt.“ Er rührte sich nicht vom Fleck, sondern lehnte mit verschränkten Armen am Arbeitstisch. „Bist du gar nicht neugierig?“
    „Doch, sogar sehr.“
    „Jetzt, wo du ein paar Stunden Zeit hattest, um nachzudenken, hast du sicher eine Theorie. Erzähl mal.“
    „Warum?“
    „Weil ich sie gerne hören würde.“
    „Und das soll ein vernünftiger Grund sein?“ Sie sah ihn an. Er stand weniger als einen halben Meter entfernt. Mondlicht fiel durch das Küchenfenster und verlieh der weizenblonden Locke, die ihm in die Stirn fiel, einen silbrigen Schimmer. „Soll ich dir mal verraten, worin ich mich verändert habe? Ich schmelze nicht mehr wie Butter in der Sonne, wenn ein Mann mir sagt, dass er etwas von mir will. Inzwischen erwarte ich eine ordentliche Begründung, bevor ich etwas tue. Und ich überlegees mir vorher.“
    „Ich wollte dich nicht bevormunden.“
    „Ach nein? Dann hast du dich auch verändert.“
    „Da hast du recht. Das habe ich tatsächlich.“
    „Ich erkläre dir meine Theorie, weil es mir nichts ausmacht, sie mit jemandem zu teilen.“ Sie strich ihr Haar zurück. Eine widerspenstige Strähne blieb an ihrer feuchten Wange kleben. „Ich glaube, meine Großmutter hatte einen Sinn für Dramatik, den wir nicht mit ihr teilen. Vielleicht ist sie mit einem Lächeln auf ihren Lippen gestorben, weil sie sich die Szenen vorstellte, die sich nicht nur zwischen uns, sondern zwischen uns allen abspielen. Sie hat sehr gegensätzliche Menschen zusammengebracht und für Zündstoff gesorgt. Und jetzt sitzt sie irgendwo und klatscht vor Freude in die Hände.“
    Er strich ihr die widerspenstige Strähne so rasch und geschickt hinters Ohr, dass ihr keine Zeit blieb, sich dagegen zu wehren. „Mit anderen Worten: Du kennst den Grund für unsere Einladung genauso wenig wie wir.“
    „Stimmt.“
    „Und dein Onkel?“
    Sie trocknete eine letzte Schüssel ab, bevor sie reagierte. „Ich bezweifle, dass Onkel Hugh Beifall klatscht.“
    „Ich weiß nicht. Pater Hughs Sinn für Dramatik stand dem deiner Großmutter in nichts nach. Je größer sein Publikum, desto effektiver.“
    „Sein Tod war tatsächlich sehr effektiv. Und sein Publikum kam dank der Medien aus aller Welt.“
    „Wenn effektiv ein Synonym für tragisch ist.“
    „Und einige Menschen, die um ihn trauerten, trauerten nicht nur um den Tod eines Heiligen. Sie betrauerten einen Mann, den sie immer geliebt hatten.“ Dawn zog den Stöpsel und ließ das Spülwasser ab.
    „Ich weiß.“
    „Ach ja?“ Sie wusch sich die Hände, trocknete sie ab und cremte sich schließlich die Hände mit einer Lotion ein. „Hastdu den Mann oder den Heiligen geliebt, Ben? Das war nämlich nicht dasselbe.“
    „Vielleicht ist das einer der Gründe, weshalb wir hier sind. Um herauszufinden, welches von beidem er war.“
    „Warum bist du hier?“
    „Um herauszufinden, wie vieles von beidem in mir steckt.“ Sie stellte fest, dass sie es vermieden hatte, ihm in die Augen zu sehen. Als sie es schließlich doch tat, suchte sie nach einer Antwort, doch sein Blick bot keine Erklärung. „Würde es dir etwas ausmachen, die Shrimps in den Kühlschrank zurückzustellen, wenn du fertig bist?“
    „Natürlich nicht.“
    „Dann sehen wir uns morgen.“
    Oben in ihrem Zimmer war es immer noch heiß. Mit siebzehn war sie zu schüchtern gewesen, um nackt zu schlafen – egal bei welchen Temperaturen. Doch nun zog sie alles aus, streckte sich auf ihrem relativ kühlen Laken aus und schlief ein.

4. KAPITEL
    D awn wusste, dass sie die Hoffnungen ihrer Mutter nicht erfüllt hatte. Als Kind hatte sie ständig geweint. Sie war ein schüchternes kleines Mädchen gewesen, das ängstlich war und von Albträumen geplagt wurde. Sie hatte ihre Kindheit überwiegend bei ihrer Großmutter verbracht, deren Geduld und Bewunderung ihr

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