Gefallene Engel
gestützt. Er nickte in Richtung einer Digitalanzeige, die er über dem Projektionsraum der Instrumente maximiert hatte.
»Der Tiefenmesser steht immer noch bei weniger als fünf Metern. Es sind noch etliche Kilometer, bevor der Festlandsockel aufhört. Sind Sie sich wirklich ganz sicher, dass diese Dinger nicht so nahe herankommen?«
»Wenn sie so nahe wären, könnte man sie aus dem Wasser ragen sehen.« Ich nahm auf dem Copilotensessel Platz. »Intelligente Minen sind nicht wesentlich kleiner als eine Marauderbombe. Im Prinzip ist es ein automatisches U-Boot. Ist die Ausrüstung online?«
»Klar. Setzen Sie einfach die Maske auf. Die Steuerung der Waffensysteme befindet sich in der rechten Armlehne.«
Ich schob mir die elastische Augenmaske über das Gesicht und berührte die Aktivierungsflächen an den Schläfen. Eine Landschaft in hellen Primärfarben legte sich über mein Sichtfeld. Der Meeresboden war in Hellblau mit dunkleren grauen Schattierungen dargestellt. Hardware zeichnete sich in Rottönen ab, je nachdem, wie sehr sie den Parametern entsprach, die ich zuvor einprogrammiert hatte. Das meiste war hellrosa gefärbt, leblose Metalltrümmer ohne jede elektronische Aktivität. Ich ließ mich ein Stück nach vorn gleiten, weiter in den virtuellen Raum hinein, der aus den Daten der Shuttlesensoren errechnet wurde. Ich zwang mich dazu, nicht aktiv nach etwas zu suchen, und entspannte mich zu einem mentalen Zen-Zustand.
Im Envoy Corps wurde man zwar nicht direkt an Minensuchsystemen ausgebildet, aber die völlige Gelassenheit, die sich paradoxerweise nur bei völliger Erwartungslosigkeit einstellte, war ein wichtiger Punkt der Grundausbildung. Ein Envoy des Protektorats, der digitalisiert per Hyperraum-Needlecast in den Einsatz geschickt wurde, musste buchstäblich mit allem rechnen, wenn er aufwachte. Man musste darauf gefasst sein, sich in einem unvertrauten Körper auf einer unvertrauten Welt wiederzufinden, wo irgendwelche Leute sofort auf einen schossen. Selbst an einem guten Tag konnte niemand durch noch so gründliche Vorbereitung mit einem solchen Wechsel der Umstände zurechtkommen. In den unweigerlich instabilen bis tödlichen Situationen, für deren Bewältigung die Envoys ins Leben gerufen worden waren, hätte eine solche Vorbereitung ohnehin keinen Sinn.
Virginia Vidaura, Ausbilderin des Corps, die Hände in den Taschen ihres Overalls, betrachtet uns ruhig mit prüfendem Blick. Unterricht: Tag eins.
Da es logistisch unmöglich ist, alles zu erwarten, sagte sie zu uns, werden wir euch beibringen, nichts zu erwarten. So werdet ihr auf alles vorbereitet sein.
Ich nahm die erste intelligente Mine nicht einmal bewusst wahr. Ein rotes Signal tauchte im Augenwinkel auf, und meine Hände hatten bereits die Koordinaten aufgefasst und die Mikrojäger des Shuttles losgeschickt. Die kleinen Raketen hinterließen grüne Spuren in der virtuellen Landschaft, tauchten unter die Wasseroberfläche wie scharfe Messer, die in Fleisch schnitten, und spickten die lauernde Mine, bevor sie reagieren konnte. Ein Explosionsblitz, und die Meeresoberfläche bäumte sich auf wie ein Körper auf dem Verhörtisch.
Vor langer Zeit mussten die Menschen sämtliche Waffen selbst bedienen. Sie stiegen mit Flugzeugen auf, die kaum größer oder besser ausgerüstet als Badewannen mit Flügeln waren, und feuerten alles ab, was sie an klobiger Hardware im Cockpit unterbringen konnten. Später konstruierten sie Maschinen, die diese Aufgaben viel schneller und exakter ausfuhren konnten, als es einem Menschen möglich war, und eine Weile herrschten da oben die Maschinen. Dann holten die Biowissenschaften auf, und plötzlich konnten die Menschen wieder mit der gleichen Geschwindigkeit und Präzision reagieren. Seitdem war es zu einer Art technologischem Wettlauf gekommen, bei dem es darum ging, welche Seite sich schneller aufrüsten ließ, die externen Maschinen oder der menschliche Faktor. Bei diesem Rennen war die Envoy-Psychodynamik so etwas wie ein plötzlicher Überraschungssprint auf der Innenbahn.
Es gab Kriegsmaschinen, die schneller als ich reagierten, aber wir hatten nicht das Glück, eine an Bord zu haben. Das Shuttle war ein Hospitalfahrzeug, und die strikt defensive Bewaffnung umfasste das Mikro-Geschütz in der Nase und eine Tarn-und-Ausweich-Einheit, der ich nicht einmal zutraute, einen Drachen zu fliegen. Wir waren auf unsere eigenen Fähigkeiten angewiesen.
»Eine ist erledigt. Der Rest des Rudels dürfte nicht
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