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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schrei wurde lauter, hielt eine Weile an und rollte dann über die Plattform davon. Er wurde ersetzt durch eine nicht ganz so qualvolle Pastiche aus flötenden Alarmtönen von den Datensystemen und einem splitterfeinen Echo von…
    Ich fuhr herum.
    … von den Singzinnen.
    Diesmal gab es keinen Zweifel. Leise, wie ein Wind, der über eine abgewetzte Gesteinskante strich, hatten die Singzinnen den Schrei des Schiffes aufgenommen und spielten ihn sich nun gegenseitig in schiefen Kadenzen vor, die fast wie Musik klangen.
    Es war die Trägerwelle.
    Von oben schien etwas flüsternd zu antworten. Ich blickte hinauf und glaubte einen Schatten zu erkennen, der über die Kuppel zuckte.
    Draußen standen die Schutzschirme wieder.
    »Scheiße«, sagte Hand, als er wieder auf die Beine kam. »Was ward…?«
    »Still!« Ich blickte zur Stelle, wo ich den Schatten gesehen zu haben glaubte, aber durch den nicht mehr vorhandenen Sternenhintergrund war sie nun in perlmuttfarbenes Licht getränkt. Ein Stück weiter links starrte einer der toten Marsianer aus dem Strahlen des Datensystems auf mich herab. Das Schluchzen der Singzinnen ging murmelnd weiter und zerrte an etwas in meiner Magengrube.
    Und dann erneut das tiefe, übelkeitserregende Pulsieren, das den Boden erzittern ließ.
    »Wir erwidern das Feuer«, sagte Sun.
    Auf dem Bildschirm war zu sehen, wie eine weitere dunkle Masse von irgendeiner Batterie tief im Bauch des marsianischen Schiffes ausgehustet und auf den näher kommenden Angreifer gespuckt wurde. Diesmal hielt der Rückstoß länger an.
    »Das ist unglaublich«, sagte Hand. »Nicht zu fassen.«
    »Glauben Sie es ruhig«, erwiderte ich tonlos. Das Gefühl einer bevorstehenden Katastrophe war nicht mit dem abklingenden Echo des letzten Angriffs verschwunden. Es wurde eher noch stärker. Ich versuchte, meine Envoy-Intuition durch mehrere Schichten aus Müdigkeit und Übelkeit aufzurufen.
    »Annäherung«, rief Vongsavath. »Halten Sie sich die Ohren zu.«
    Diesmal kam die Rakete des fremden Schiffes wesentlich näher, bevor die marsianische Verteidigung sie abfing und vernichtete. Die Schockwellen der Explosion warfen uns alle zu Boden. Es fühlte sich an, als würde sich das gesamte Schiff um uns herum verzerren, wie ein ausgewrungener Lappen. Sun erbrach sich. Der äußere Schild fiel aus und baute sich nicht wieder auf.
    Ich machte mich auf den nächsten Schrei des Schiffes gefasst und hörte stattdessen einen lang gezogenen Klagelaut, der wie Krallen über die Sehnen meiner Arme und dann die Rippen entlangkratzte. Die Singzinnen fingen es auf und gaben es zurück, aber heller als zuvor, nicht mehr als verhallendes Echo, sondern als eigenständiges Klangfeld.
    Als ich hinter mir jemanden zischen hörte, drehte ich mich um und sah Wardani, die fassungslos nach oben starrte. Ich folgte ihrem Blick und sah wieder den Schatten, der diesmal deutlicher über die oberen Regionen des Datendisplays huschte.
    »Was…« Es war Hand, dessen Stimme verklang, als ein zweiter Fleck aus Dunkelheit von links heranflatterte und kurz mit dem ersten zu tanzen schien.
    In diesem Moment wusste ich Bescheid, und seltsamerweise war mein erster Gedanke, dass Hand von uns allen am wenigsten überrascht sein sollte. Er hätte es sogar als Erster erkennen müssen.
    Der erste Schatten tauchte ab und kreiste um die Leiche des Marsianers.
    Ich schaute mich zu Wardani um und stellte fest, dass ihr ungläubiger Blick nun dorthin gerichtet war.
    »Nein«, flüsterte sie, so leise, dass es fast Lippensprache war. »Das kann nicht sein.«
    Aber es war so.
    Sie kamen von allen Seiten der Kuppel, zuerst einzeln oder zu zweit, glitten an der kristallinen Wölbung entlang und lösten sich ab, um plötzlich in die vollständige dreidimensionale Realität überzutreten. Sie wurden bei jeder krampfhaften Verzerrung losgeschüttelt, die ihr Schiff erlitt, während draußen der Kampf tobte. Sie blätterten ab und glitten fast bis zum Boden hinunter, um sich wieder hinaufzuschwingen und schließlich die Zentralstruktur zu umkreisen. Sie schienen sich unserer Anwesenheit nicht bewusst zu sein, auch wenn keiner von ihnen uns berührte. Oben hatte ihr Flug keinen Einfluss auf die Anzeigen des Datensystems, außer dass sie leicht flirrten, wenn sie die Richtung änderten. Manche schienen sogar gelegentlich durch die Substanz der Kuppel in den Weltraum zu dringen.
    Immer mehr strömten durch die Röhre, durch die auch wir zur Plattform gelangt waren und schlossen

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