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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Verletzung näherte, bis zum Platzen anschwoll.
    Ich riss den Stunner hoch und feuerte.
    Deprez. Betäubt.
    Sutjiadi, der mit ungläubiger Miene herumwirbelte, als der Assassine neben ihm zu Boden ging.
    Betäubt.
    Hinter ihm Sun Liping auf den Knien, die Augen fest geschlossen, wie sie die Handwaffe zum Gesicht hob. Systemanalyse. Letzter Ausweg. Sie war zur gleichen Lösung gelangt, hatte nur keinen Stunner dabei. Und wusste auch nicht, dass ein anderer einen hatte.
    Ich taumelte vorwärts und schrie sie an. Unhörbar im Sturm der Trauer. Der Blaster legte sich an ihr Kinn. Ich feuerte einen Schuss mit dem Stunner ab, verfehlte sie. Kam näher.
    Der Blaster explodierte. Er schnitt mit eng gebündeltem Strahl aufwärts durch ihr Kinn und ließ ein Schwert aus blasser Flamme über ihrem Kopf entstehen, bevor die Rückstausicherung aktiv wurde und den Strahl erlöschen ließ. Sun kippte zur Seite, während Dampf aus Mund und Augen quoll.
    Etwas klickte in meiner Kehle. Eine winzige Steigerung des Verlusts, die hochkam und in den Ozean der Klage tropfte, den die Singzinnen mir sangen. Ich öffnete den Mund, vielleicht, um einen Teil des Schmerzes hinauszuschreien, aber es gab zu viele Blockaden. Er blieb lautlos in meiner Kehle stecken.
    Vongsavath stolperte seitlich gegen mich. Ich fuhr herum und packte sie. Sie hatte die Augen schockiert weit aufgerissen, ihr Gesicht war tränenüberströmt. Ich versuchte sie wegzustoßen, um genügend Distanz für den Betäubungsschuss zu erhalten, aber sie klammerte sich an mich und stieß ein tiefes Stöhnen aus.
    Der Strahl ließ sie zusammenzucken und auf Suns Leiche zusammenbrechen.
    Wardani stand auf der anderen Seite und starrte mich an.
    Ein weiterer Dunkelkörpertreffer. Die geflügelten Schatten über uns schrien und weinten, und ich spürte, wie etwas an meinem Inneren zerrte.
    »Nein«, sagte Wardani.
    »Kometenkurs«, schrie ich ihr im Lärm zu. »Es wird vorbeiziehen, wir müssen nur…«
    Dann zerriss wirklich etwas, irgendwo, und ich stürzte zu Boden, rollte mich wie ein gefangener Flaschenrücken um den Schmerz zusammen, über das Ausmaß schockiert.
    Sun – von eigener Hand gestorben, schon zum zweiten Mal.
    Jiang – eine verschmierte Masse an den Wänden der Andockstation. Stack verschwunden.
    Cruickshank – völlig zerfetzt, Stack verschwunden. Hansen – ebenso. Die Quote wurde klar, ein Zeitrafferresümee, das wie eine Schlange im Todeskampf um sich schlug.
    Der Gestank des Lagers, aus dem ich Wardani geholt hatte, Kinder, die unter Roboterwaffen verhungerten, und die Selbstbeherrschung eines ausgebrannten Kopfes, der kaum noch als menschlich zu erkennen war.
    Das Hospitalschiff, das sich durch den Raum zwischen den Schlachtfeldern schleppte.
    Die Truppe, Rudelmitglieder, die überall um mich herum von intelligenten Splittergranaten zerfetzt wurden.
    Zwei Jahre Gemetzel auf Sanction TV.
    Davor das Corps.
    Innenin, Jimmy de Soto und die anderen, die Hirne vom gefräßigen Rawling-Virus ausgehöhlt.
    Davor andere Welten. Anderer Schmerz, meistens nicht meiner. Tod und Envoy-Verrat.
    Davor Harlans Welt und die allmähliche emotionale Verstümmelung der Kindheit in den Slums von Newpest. Der lebensrettende Sprung in die fröhliche Brutalität der Marines des Protektorats. Der Kampf für Recht und Ordnung.
    Abgespulte Leben, die im Schlamm des menschlichen Elends gelebt wurden. Unterdrückter Schmerz, eingepackt und eingelagert für eine Inventur, die niemals kam.
    Oben kreisten die Marsianer und schrien ihre Trauer hinaus. Ich spürte, wie sich mein eigener Schrei sammelte, in mir hochquoll. Und ich wusste, dass er mich zerreißen würde, wenn er herauskam.
    Dann Entladung.
    Dann Finsternis.
    Ich stürzte dankbar hinein, in der Hoffnung, dass die Geister der ungerächten Toten mich in der Dunkelheit vielleicht nicht fanden.

 
35
     
     
    Es ist kalt am Ufer, und ein Sturm nähert sich. Schwarze Flocken aus Fallout mischen sich mit schmutzigem Schneetreiben, und der Wind trägt Spritzer aus Gischt vom aufgewühlten Meer heran. Zögernde Wellen werfen sich auf den Sand, der sich unter dem finsteren Himmel in ein matschiges Grün verwandelt hat. Unter meiner Jacke ziehe ich die Schultern hoch, die Hände tief in den Taschen vergraben, das Gesicht gegen das Wetter wie eine Faust geschlossen.
    Ein Stück weiter am gekrümmten Strand wirft ein Feuer orangerotes Licht in den Himmel. Eine einsame Gestalt sitzt auf der landwärtigen Seite der Flammen und hat sich in

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