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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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der Schießerei immer noch etwas gereizt war.
    »Wollen Sie das Zimmer oder nicht?«
    »Wir wollen es«, sagte Schneider mit einem warnenden Seitenblick in meine Richtung. »Haben Sie ein Chip-Lesegerät?«
    »Das kostet zehn Prozent extra.« Er schien in seinem Gedächtnis nach etwas zu suchen. »Bearbeitungsgebühr.«
    »Gut.«
    Der Angestellte erhob sich enttäuscht und ging nach hinten, um das Lesegerät zu holen.
    »Bargeld«, murmelte Wardani. »Daran hätten wir denken sollen.«
    Schneider zuckte die Achseln. »Man kann nicht an alles denken. Wann hast du das letzte Mal ohne Chip für etwas bezahlt?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ich dachte kurz an eine Zeit, die drei Jahrzehnte zurücklag, und einen viele Lichtjahre entfernten Ort, wo ich eine Weile handfeste Währung statt virtueller Krediteinheiten benutzt hatte. Ich hatte mich sogar an die urigen plastikbeschichteten Banknoten mit dem kunstvollen Design und den holografischen Markierungen gewöhnt. Aber das war auf der Erde gewesen, und die Erde war ein fremder Planet aus einem Experia-Film über die präkoloniale Ära. Eine Zeit lang hatte ich sogar gedacht, ich hätte mich verliebt, und während ich zu gleichen Anteilen von Liebe und Hass motiviert wurde, hatte ich ein paar dumme Sachen gemacht. Ein Teil von mir war auf der Erde gestorben.
    Ein anderer Planet, ein anderer Sleeve.
    Ich verdrängte die unangebracht nette Erinnerung an ein Gesicht aus meinem Bewusstsein und blickte mich um, versuchte mich wieder in die Gegenwart einzubetten. Grellbunt bemalte Gesichter erwiderten meinen Blick aus den schattigen Winkeln.
    Gedanken in der Lobby eines Bordells. O ihr Götter!
    Der Angestellte kam zurück, las einen von Schneiders Chips ein und knallte einen schartigen Plastikschlüssel auf den Tresen.
    »Nach hinten durch und die Treppe runter. Im vierten Geschoss. Ich habe die Dusche und den Bildschirm bis zum Ende der Ausgangssperre aktiviert. Wenn Sie eine Verlängerung wollen, müssen Sie raufkommen und noch einmal bezahlen.« Das Silikongesicht verzog sich – offenbar sollte es ein Grinsen darstellen. Die Mühe hätte er sich sparen können. »Alle Zimmer sind schallisoliert. Sie können tun und lassen, was Sie wollen.«
    Der Korridor und die stählerne Treppe waren sogar noch schlechter beleuchtet als die Lobby. Stellenweise blätterten die Illuminiumkacheln von den Wänden und der Decke. Anderswo waren sie einfach erloschen. Das Treppengeländer war mit Leuchtfarbe gestrichen, aber auch die verblasste bereits, nachdem sie von jeder Hand, die über das Metall glitt, Mikron für Mikron abgewetzt wurde.
    Wir kamen an mehreren Huren vorbei, die meisten mit Kunden im Schlepptau. Kleine Blasen aus falscher Heiterkeit umschwebten sie klirrend. Das Geschäft schien gut zu laufen. Ich entdeckte ein paar Uniformen in der Klientel und jemanden, der sich im zweiten Geschoss nachdenklich rauchend gegen das Geländer lehnte und wie ein politischer Offizier des Kartells aussah. Niemand würdigte uns eines zweiten Blickes.
    Das Zimmer war länglich und hatte eine niedrige Decke. Mit Schnellformmasse hatte man einen Säulen-und-Sims-Look an die nackten Betonwände geklebt, worauf das Ganze in Knallrot angestrichen worden war. Etwa auf halber Strecke ragten zwei gegenüberliegende Bettgestelle aus den Wänden, und zwischen den parallelen Seiten war etwa ein halber Meter Platz. An den vier Ecken des zweiten Bettes waren Plastikketten befestigt. Am hinteren Ende des Zimmers stand eine automatische Duschkabine, die groß genug war, um drei Personen gleichzeitig aufzunehmen, sollte die Situation etwas Derartiges erforderlich machen. Gegenüber jedem Bett waren große Bildschirme angebracht, deren Bedienungsmenüs vor einem Hintergrund in Blassrosa leuchteten. Ich sah mich um, entließ meinen Lungeninhalt in die blutwarme Luft und beugte mich dann über die Tragetasche zu meinen Füßen.
    »Achten Sie darauf, die Tür zu sichern.«
    Ich zog den Wanzenspürer aus der Tasche und schwenkte ihn einmal im Kreis. Er entdeckte drei Überwachungseinheiten, eine über jedem Bett und eine in der Dusche. Sehr phantasievoll. Schneider drückte selbsthaftende Neutralisatoren, die standardmäßig von Wedge verwendet wurden, neben jede Wanze. Sie würden den Speicher anzapfen und das, was in den letzten paar Stunden aufgezeichnet worden war, endlos recyclen. Die besseren Modelle konnten sogar den Inhalt auswerten und daraus plausible improvisierte Szenen erzeugen, aber einen solchen Aufwand

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