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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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hielt ich hier für nicht notwendig. Der Angestellte am Empfangstresen hatte nicht den Eindruck erweckt, dass er in einer Hochsicherheitseinrichtung arbeitete.
    »Wo soll ich das Zeug hinlegen?«, wollte Schneider von Wardani wissen, als er eine der anderen Taschen auf dem ersten Bett auspackte.
    »Lass es einfach da liegen«, sagte sie. »Ich kümmere mich darum. Das ist… äh… etwas kompliziert.«
    Schneider zog eine Augenbraue hoch. »Okay. Wie du meinst. Ich werde einfach zusehen.«
    Ob kompliziert oder nicht – jedenfalls brauchte die Archäologin nur etwa zehn Minuten, um ihre Ausrüstung zusammenzustellen. Als sie fertig war, nahm sie eine modifizierte SV-Brille aus einem Seitenfach der leeren Tragetasche und setzte sie sich auf. Dann wandte sie sich mir zu.
    »Wollen Sie es mir jetzt geben?«
    Ich griff in die Jackentasche und holte das Stück Wirbelsäule hervor. An den winzigen Höckern und Vertiefungen des Knochens klebte noch blutiges Gewebe, aber sie nahm es ohne offenkundige Abscheu entgegen und warf es in das archäologische Reinigungsgerät, das sie soeben zusammengebaut hatte. Blassviolettes Licht ging unter der Glashaube an. Schneider und ich sahen fasziniert zu, wie sie die Brille mit der Maschine verband, die angeschlossene Fernbedienung aufhob und sich im Schneidersitz an die Arbeit machte. Aus der Maschine drangen leise knisternde Geräusche.
    »Funktioniert es?«, fragte ich.
    Sie brummte.
    »Wie lange wird es dauern?«
    »Umso länger, je mehr dumme Fragen Sie mir stellen«, sagte sie, ohne von ihrer Arbeit aufzublicken. »Haben Sie nichts anderes zu tun?«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Schneider grinste.
    Als wir die andere Maschine zusammengesetzt hatten, war Wardani fast fertig. Ich blickte ihr über die Schulter in das violette Licht und sah das, was noch vom Wirbelsäulensegment übrig war. Das meiste war verschwunden, und die letzten Knochenreste wurden vom winzigen Metallzylinder des kortikalen Stacks entfernt. Fasziniert beobachtete ich den Vorgang. Es war nicht das erste Mal, dass ich sah, wie ein Stack aus dem Rückgrat eines Toten geborgen wurde, aber das hier gehörte zweifellos zu den elegantesten Versionen der Operation, die ich miterlebt hatte. Der Knochen wurde Stückchen für Stückchen reduziert, während Tanya Wardani ihn mit ihren Werkzeugen bearbeitete, und das Stackgehäuse kam sauber und glänzend wie nagelneues Blech zum Vorschein.
    »Ich weiß schon, was ich tue, Kovacs«, sagte Wardani langsam und geistesabwesend. »Im Vergleich zur Säuberung marsianischer Schaltkreise von Ablagerungen ist das hier wie die Arbeit mit einem Sandstrahlgebläse.«
    »Das habe ich auch gar nicht bezweifelt. Ich habe nur Ihr Geschick bewundert.«
    Nun blickte sie doch auf und schob sich die Brille auf die Stirn, um zu sehen, ob ich über sie lachte. Als sie sich überzeugt hatte, dass ich es ernst meinte, setzte sie die Brille wieder auf, nahm ein paar Schaltungen an der Fernbedienung vor und lehnte sich schließlich zurück. Das violette Leuchten erlosch.
    »Fertig.« Sie griff in die Maschine und holte den Stack heraus. »Zufällig ist dieses Ding kein Hochleistungsgerät. Es ist eher das, was die Kratzer für ihre Diplomarbeit benutzen. Die Sensoren arbeiten nicht sehr genau. Ich werde oben in der Nordregion etwas Besseres brauchen.«
    »Keine Sorge.« Ich nahm ihr den kortikalen Stack aus den Fingern und drehte mich zur Maschine auf dem zweiten Bett um. »Wenn das hier funktioniert, können Sie maßgefertigte Ausrüstung bestellen. Jetzt hören Sie mir genau zu, beide. In diesen Stack könnte durchaus ein Virtualitätslokalisator eingebaut sein. Viele Firmensamurais sind damit ausgestattet. Dieser möglicherweise nicht, aber wir werden trotzdem so tun, als ob. Das bedeutet, wir haben ungefähr eine Minute lang einen sicheren Zugang, bevor der Lokalisator anspringt. Also, wenn der Zähler auf fünfzig Sekunden steht, schalten Sie alles ab. Das hier ist nur ein IDV-System, aber wenn wir auf Maximum gehen, haben wir immer noch eine Ratio von fünfunddreißig zu eins, Echtzeit. Etwas mehr als eine halbe Stunde, aber das müsste genügen.«
    »Was wollen Sie mit ihm machen?«, fragte Wardani mit unglücklicher Miene.
    Ich griff nach der Haube. »Nichts. Dazu wäre ohnehin keine Zeit. Ich will nur mit ihm reden.«
    »Reden?« In ihren Augen strahlte ein seltsames Licht.
    »Manchmal«, erwiderte ich, »ist gar nicht mehr nötig.«
     
    Der Einstieg war ein harter Ritt.
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