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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fehlschlag ausging. Selbst jene, die ihre kopierten Bewusstseine in den Datenstack der Kolonie und ihre Gene in die Embryonenbanken übertragen ließen, waren alles andere als optimistisch, was ihre gespeicherten Egos am Ende der Reise erwarten würde.
    Wie der Name Adoracion – »Anbetung« – vermuten lässt, muss der Planet den Eindruck eines wahr gewordenen Traums erweckt haben. Eine grünbraune Welt mit ungefähr der gleichen Stickstoff-Sauerstoff-Mischung wie auf der Erde und einer wesentlich nutzerfreundlicheren Land-Wasser-Verteilung. Mit einer pflanzlichen Lebensgrundlage, die den Herden der geklonten Nutztiere im Bauch der Lorca als Nahrung dienen konnte, und ohne offensichtliche Raubtiere, die sich nicht mühelos abknallen ließen. Entweder waren die Kolonisten von Haus aus fromm, oder die Ankunft in diesem neuen Paradies hatte sie dazu gemacht – jedenfalls war das Erste, was sie nach dem Aussteigen taten, eine Kathedrale zu bauen und Gott für die sichere Ankunft zu danken.
    Ein Jahr verging.
    Der Hypercast steckte damals noch in den Kinderschuhen. Es war kaum möglich, die einfachsten Botschaften in codierten Sequenzen zu übertragen. Die Nachrichten, die langsam zur Erde durchsickerten, waren wie Schreie in einem verschlossenen Zimmer tief in einem leer stehenden Palast. Die zwei Ökosysteme waren aufeinander geprallt wie zwei feindliche Armeen auf einem Schlachtfeld, von dem es keine Rückzugsmöglichkeit gab. Von den etwas über einer Million Kolonisten an Bord der Lorca waren achtzehn Monate nach der Landung über siebzig Prozent gestorben.
    Zurück ins Labor.
    Inzwischen haben wir diese Dinge zu einer hohen Kunst entwickelt. Nichts Organisches verlässt das Schiff, bis die Ökogestalter die gesamte Biosphäre im Griff haben. Automatische Sonden verteilen sich über den neuen Globus und sammeln Proben. Die KI verdaut die Daten, erstellt ein Modell, in dem die Folgen der Anwesenheit terrestrischer Spezies ein paar hundertmal schneller als in Realzeit durchgespielt werden, und markiert die potenziellen Konfliktszenarien. Für alles, was den Anschein eines Problems erweckt, schreibt sie ein Lösungsprogramm, sei es gentechnischer oder nanotechnischer Art, und aus dem korrelierten Ganzen generiert sie ein Besiedlungsprotokoll. Erst wenn dieses Protokoll steht, dürfen die Kinder draußen spielen.
    In den Protokollen für die etwa drei Dutzend besiedelten Welten stößt man immer wieder auf bestimmte vorteilhafte terrestrische Spezies, die überall gedeihen. Sie sind die Erfolgsgeschichten des Planeten Erde – zähe, anpassungsfähige Evolutionsathleten. Die meisten sind Pflanzen, Mikroben und Insekten, aber auch unter den großen Tieren gibt es einige mit prominentem Status. Merino-Schafe, Grizzly-Bären und Seemöwen stehen ganz oben auf der Liste. Sie sind nur schwer auszurotten.
     
    Das Wasser rund um den Trawler war verstopft mit weiß gefiederten Kadavern. In der unnatürlichen Stille entlang der Küste dämpften sie zudem das schwache Schwappen der Wellen gegen den Rumpf.
    Auf dem Schiff herrschte das Chaos. Es trieb teilnahmslos am Anker, die Farbe auf der Sauberville zugewandten Seite war zu schwarzem Ruß verbrannt und stellenweise von der Druckwelle bis aufs blanke Metall weggeblasen worden. Gleichzeitig waren einige Fenster herausgesprengt worden, und es sah aus, als wäre ein Teil der unordentlichen Netze auf dem Deck zusammengeschmolzen. Die Winde war auf ähnliche Weise verkohlt. Jeder, der sich draußen aufgehalten hatte, wäre vermutlich an Verbrennungen dritten Grades gestorben.
    Auf dem Deck befanden sich keine Leichen. Das wussten wir schon aus der Virtualität.
    »Hier unten ist auch niemand«, sagte Luc Deprez, als sein Kopf wieder im Niedergang zum Mitteldeck erschien. »Seit Monaten hat sich niemand an Bord aufgehalten. Vielleicht schon seit einem Jahr. Die Lebensmittel wurden restlos von Insekten und Ratten vertilgt.«
    Sutjiadi runzelte die Stirn. »An Bord waren Lebensmittel?«
    »Ja, jede Menge.« Deprez wuchtete sich aus dem Niedergang und setzte sich auf den Süll. Die untere Hälfte seines Chamaeleochromanzugs blieb eine Sekunde lang schlammgrau, bevor sich der Stoff an die sonnige Umgebung anpasste. »Sieht aus wie nach einer großen Party. Aber niemand ist zum Aufräumen dageblieben.«
    »Solche Partys kenne ich«, sagte Vongsavath.
    Von unten war das unmissverständliche Zischen einer Sunjet zu hören. Sutjiadi, Vongsavath und ich erstarrten gleichzeitig. Deprez

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