Gefangen im Terror (German Edition)
etwas Schreckliches passiert.
Ich muss mit Chamil zusammen weg. Wir haben euer Auto genommen. Wir werden es zurückgeben, so bald es möglich ist. Bitte sucht uns nicht, bitte geht nicht zur Miliz. Ich melde mich so bald ich kann. Eure euch liebende Tochter Fatma.“
Die Eltern sahen sich verständnislos an. Fatmas Vater fand als erster wieder Worte: „Ich habe es immer gewusst: dieser Chamil ist nicht gut für unsere Tochter, er wird sie ins Unglück stürzen. Er ist ein Terrorist. Wir müssen die Miliz verständigen, sonst werden wir sie nie wiedersehen.“ Fatmas Mutter warf die Arme in die Luft und schluchzte laut los.
Fatmas Vater schob sie sanft zur Seite und stand auf. Er musste mit eigenen Augen sehen, dass sein Auto nicht mehr da war, vorher konnte er es nicht glauben.
Nachdem er Chamils Mutter kennen gelernt hatte, war er eigentlich sicher, dass seine Tochter einen anständigen Mann bekommen würde. Aber er hatte sich getäuscht. Sofort nach Tagesanbruch würde er die Miliz verständigen. Fatmas Mutter hörte nicht mehr auf zu weinen. Die Schwestern erwachten und stimmten in die Klagen mit ein.
Fatmas Vater war bei Tagesanbruch weggegangen. Nicht zur Miliz, wie er es ursprünglich vorhatte, sondern ins Caféhaus. Dort saß er an seinem üblichen Platz und unterhielt sich mit seinen Freunden. Noch immer war die Belagerung der Schule Gegenstand aller Gespräche. Durch vorsichtiges Nachfragen und allgemeinen Höflichkeitsfloskeln erfuhr Fatmas Vater, dass noch einige der Terroristen auf der Flucht waren. Vier oder Fünf hatte man im Laufe der vergangenen Woche gefunden und getötet, aber zwei der Anführer waren noch auf freiem Fuß.
Obwohl Chamil nicht bei der Geiselnahme dabei gewesen war, hatte Fatmas Vater den Verdacht, er könnte einer der flüchtenden Terroristen sein. Es war ihm schon während der Belagerung der Schule seltsam erschienen, dass Chamil allein in einem leerstehenden Haus einen Beobachtungsposten bezogen hatte. Alle anderen Verwandten oder Freunde der Geiseln hatten sich zusammen gefunden und gemeinsam beraten und gewartet. Er gelangte immer mehr zu der Überzeugung, dass Chamil ein Terrorist war, der von außen alles beobachtet hatte und in Verbindung mit der Führung in der Schule stand. Wie hatten sie nur zu ihm Vertrauen haben können? Jetzt war seine Tochter in seiner Gewalt und niemand konnte ihr helfen. Er merkte erst jetzt, wie wenig er über sie und ihr Leben wusste. 4 Jahre hatte sie in Tbilisi verbracht und in dieser Zeit war sie anders geworden. Es war allen aufgefallen, dass sie es mit dem Koran nicht so genau nahm, dass sie ging und kam, wann immer sie wollte. Diese Toleranz der ältesten Tochter gegenüber rächte sich jetzt. Schuld war vor allem seine Frau, die Fatma immer in Schutz nahm und sie verwöhnte. Warum hatte er nur zugestimmt, sie studieren zu lassen? Seine Freunde hatten ihn dafür mehr als ein Mal verhöhnt. Wenn er jetzt zugeben musste, dass sie unter den Terroristen war, würde er als geächteter Mann in diesem Ort seine Ehre verlieren. Sie würden alle auf ihn herabsehen. Was war schon eine Tochter, für die man sich zum Gespött machte? Er konnte nicht zur Miliz gehen, wenn er nicht seine ganze Familie in Schwierigkeiten bringen wollte. Immerhin hatte er einen Terroristen beherbergt und niemand würde ihm glauben, dass er es nicht gewusst hatte.
Er beschloss, in ein paar Tagen sein Auto als gestohlen zu melden, aber Fatmas Verschwinden zu verschweigen. Niemand würde sie vermissen. Er musste seine Familie davon abhalten, irgendjemandem zu erzählen, dass sie verschwunden war. Plötzlich hatte er es sehr eilig, wieder nach Hause zu gehen.
Achmeds Schwester führte sie in den Gästetrakt. Hier war alles wie frisch für sie hergerichtet. Es gab für jedes Zimmer ein kleines Bad. Fatma hatte so etwas bisher nur in einem Hotel in Tbilisi gesehen. Sie konnte ihre Bewunderung nicht verbergen und sagte begeistert: „Ihr habt hier auf dem Land fließendes Wasser?“ Mariam lächelte und erwiderte: „Wir haben ein paar Zisternen und du kannst duschen so lange du willst.“ Fatma dankte ihr etwas beschämt. Sie würde diesen Luxus genießen. Mariam ließ ihre Gäste allein und sagte: „Wir treffen uns zum Abendessen um 9 Uhr in der Halle. Bis dahin wird auch mein Mann zu hause sein.“ Damit ließ sie uns allein.
Achmed und Chamil hatten zusammen ein Zimmer, ich war allein. Ich bat Chamil, mir den Rucksack aus dem Auto zu holen, damit ich andere Sachen
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