Gefangen im Terror (German Edition)
aufsetzte. Der Pilot ging zu einem Schuppen und öffnete die Türe, die nach oben weg- schwang. Dann kam er mit 2 Kanistern zurück.
Es war niemand außer uns zu sehen. Aber irgendjemand musste unseren Piloten doch heruntergelotst haben. Ich hatte ihn über Funk vor unserer Landung sprechen hören. Entlang der Rollbahn hatten auch die Lichter gebrannt.
Ich ging mit Chamil und Achmed seitlich der Piste hinter Büsche, um uns die Beine zu vertreten. Als wir zurückkamen stand ein Jeep am Flugzeug. Ein bärtiger Mann sprach mit dem Piloten und deutete auf uns. Der Pilot lachte und sagte in gebrochenem Russisch: „Noch drei Stunden, dann werde ich meine Fracht abliefern. Wenn ich zurückkomme, werde ich für ein paar Tage hier bleiben.“
Also hatten wir nochmals 3 Stunden Flug vor uns. Ich spürte, wie mein Magen rebellierte. Ich hatte gehofft, dass wir bald am Ziel wären und vielleicht mit dem Auto weiterfahren würden. Ich hätte mir gerne auf einer Karte angesehen, wie unsere Reiseroute verlief, da ich kaum eine Vorstellung hatte, wo Afghanistan lag. Wie mir Chamil inzwischen mitgeteilt hatte, würden wir zuerst in die Türkei fliegen. Es gab keine direkte Flugmöglichkeit nach Afghanistan. Von dort würden wir mit einer großen Fluggesellschaft nach Kabul fliegen. Die Reise würde etwa drei Tage dauern. Keiner der beiden hatte mir rechtzeitig mitgeteilt, dass es doch eine lange und ungewisse Reise werden würde. Es war immer nur von Afghanistan die Rede gewesen. Natürlich hatten sie Recht. Es war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte. Als steckbrieflich gesuchter Terrorist konnte man sich nicht einfach ins nächstbeste Flugzeug setzen. Alles musste sorgfältig geplant werden.
Über Afghanistan wusste ich nur, dass dort bis vor ein paar Jahren die Taliban ein hartes Regiment führten und die Bevölkerung unterdrückt wurde. Inzwischen war das Land befreit und das Regime in Kabul regierte. Dass dieses Regime von der Bevölkerung größtenteils abgelehnt wurde und die Mudschahidin einen fast aussichtlosen Kampf dagegen führten, konnte man in der Zeitung lesen. Es wurden immer wieder einzelne Landstriche und Städte von ihnen zurückerobert. Zusätzlich lieferten sich einzelne Stämme untereinander ausdauernde Kämpfe. Wir flogen also in ein Krisengebiet.
Die Landschaft sollte ja sehr schön sein. Bilder von den afghanischen Bergen, die ich auf einem Kalender in der Schule gesehen hatte, hatten mich sehr beeindruckt. Dort lag auch Schnee.
Afghanistan war weit entfernt von unserem Land. Darüber hatte ich vorher nicht nachgedacht. Ich verstand auch nicht, dass wir ausgerechnet in ein Lager der Mudschahidin fliegen mussten, um für einen Einsatz ausgebildet zu werden. Es war bekannt, dass es in Tschetschenien auch Ausbildungslager für den Dschihad gab. Aber es gab sicher Gründe dafür, die ich nicht wusste.
Achmed hatte unsere Papiere besorgt, aber für mich hatte er keinen neuen Ausweis mitgebracht. Ich war in Chamils Ausweis als seine Frau eingetragen.
Als wir wieder eingestiegen waren, flogen wir bald weiter in die Berge hinein. Es war wunderbar. Der Pilot flog nicht über die Gipfel, wie ich befürchtet hatte, sondern in den Tälern entlang, die im hellen Morgenlicht wie grüne Smaragde glänzten. Ich konnte mich an den Farben kaum satt sehen. Doch es sollte noch anders kommen. Die Berge um uns wurden immer höher und steiler. Das Flugzeug schraubte sich an den Bergflanken entlang höher, der Motor dröhnte immer lauter. Plötzlich waren wir über der Bergkette und blickten auf eine unendliche Anzahl Gipfel, die in allen Farben aufleuchteten. Ganz am Horizont waren die Berge lila glühend und rot. Ein solches Schauspiel hatte ich noch nie gesehen. Wenn ich nicht so starr vor Angst gewesen wäre, hätte ich es auch genießen können. Aber so hoffte ich nur das Ende dieses Fluges herbei.
Wir landeten auf einem kleinen Flughafen in der Zentraltürkei. Von dort ging es in einem Jeep weiter Richtung Süden. Von einem der großen Ferienorte sollten wir weiter nach Kabul fliegen. Der Flug war von Achmed bereits gebucht worden. Die Fahrt in dem Jeep war alles andere als angenehm. Wir fuhren über staubige Pisten, denn Straßen konnte man das nicht nennen. Der Fahrer war ein Türke mit arabischer Abstammung. Ich verstand nicht sehr gut Arabisch, aber die einzelnen Satzfetzen, die ich aufschnappen konnte, machten mir klar, dass wir die Nacht durchfahren mussten, um rechtzeitig zum Flughafen zu
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