Gefangen im Terror (German Edition)
kommen. Ich versuchte auf der Rückbank, die Chamil mit mir teilte, etwas zu schlafen.
Als wir im Morgengrauen in Antalya ankamen, traute ich meinen Augen nicht. Es war eine wunderbare, lebhafte Stadt. Viele neugebaute Hotels und Villen standen entlang der Küstenstraße. Das Mittelmeer, das ich zum ersten Mal sah, glänzte wie frisch geputzt. Ich wäre so gerne ausgestiegen und hätte einen Spaziergang an diesem wunderschönen Strand gemacht. Aber wir mussten weiter.
Der Flughafen mit seinen Marmorböden, die wie Wasser spiegelten, verzauberte mich vollends. So viel Pracht hatte ich noch nie gesehen. Chamil hatte mich bei der Hand und zog mich hinter sich her. Ich war geblendet von so viel Neuem, dass ich vergaß, warum wir hier waren. Erst als wir durch die Passkontrolle mussten, kam ich wieder zu mir. Ich durfte jetzt nichts falsch machen. Chamil hatte mir einen bösen Blick zugeworfen, wie einem kleinen Kind, das man zur Räson mahnt. Ich musste mich zusammen nehmen. In der Abflughalle standen fast nur Europäer und viele hellhäutige Frauen. Ich schämte mich mit meiner auffälligen Kleidung. Unsere schwarzen Gewänder passten überhaupt nicht in diese moderne Umgebung. Wir wurden auch von allen Seiten angestarrt.
Unsere Maschine stand bereits auf dem Rollfeld und wir wurden mit einem großen Bus dorthin gebracht. Ich fühlte wie meine Knie zu zittern anfingen. Ich hatte Angst, in diese große Maschine zu steigen. Aber ich hatte keine Wahl. Ich lief hinter den Männern her und saß in einer Reihe mit Ihnen. Achmed hatte mir den Fensterplatz überlassen. Das war sehr ungewöhnlich, denn als Frau hatte ich immer in der zweiten Reihe zu stehen. Man nahm normalerweise keine Notiz von mir. Ich fühlte mich deshalb sehr unwohl und wagte kaum, einen Blick in Chamils Richtung. Wenn er mich Achmed zusammen war, sah er mich nicht und ich durfte mich auch nicht am Gespräch beteiligen.
5. Kapitel
Der Flug von Antalya nach Kabul dauerte einige Stunden. Wir flogen dem Sonnenaufgang entgegen. Der Blick aus dem Fenster des Flugzeuges war atemberaubend. Sehr schnell flogen wir über hohe Berge, die mit Schnee bedeckt waren. Ich konnte mich kaum satt sehen. Als man uns das Essen servierte, reagierte Achmed ungehalten. Er nahm mir mein Tablett wieder weg und sagte zur Stewardess: „Bringen Sie uns nur Obst und Brot.“ Dabei hätte ich gerne in die verpackten Kartons und Tütchen hineingeschaut. Vielleicht hätte ich es auch gegessen. Ich wagte nicht, Achmed zu widersprechen. Er wusste sicher warum er das Essen zurückgehen ließ.
Als wir über Kabul kreisten, sah ich nur graue Häuserreihen und braune Straßen. Die Stadt schien in Grau zu versinken. Nach dem Farbrausch von Antalya war diese Stadt eine große Enttäuschung. Beim Landevorgang presste ich mich in den Sitz. Das Flugzeug war plötzlich viel lauter und als wir in Kabul landeten, herrschte trübes Wetter. Es nieselte leicht und dicke Wolken hingen über der Stadt. Diese Stadt konnte dem Vergleich mit Antalya nicht standhalten. Ich hatte gar keine Lust, auszusteigen. Wir verließen das Rollfeld zu Fuß und das Flughafengebäude war alles andere als elegant. Wir waren in einer elenden Welt gelandet.
Achmed telefonierte sofort nach der Landung mit seinem Handy und er sagte zu Chamil gewandt: „Sie erwarten uns schon. Der Fahrer ist bereits unterwegs.“
Ich fand es sehr ungewöhnlich, wie reibungslos das alles funktionierte. Auch hier in Afghanistan war es Achmed gelungen, mich wieder zu beeindrucken. Chamil stand immer nur daneben und Achmed war derjenige, der alles für uns erledigte. Obwohl ich Chamil für seine Sanftheit liebte und er nie grob zu mir gewesen war, fand ich Achmeds selbstsicheres Auftreten sehr attraktiv. Er war eine so starke Persönlichkeit, dass ich mir gewünscht hätte, Chamil würde ein bisschen von ihm annehmen. In Achmeds Gegenwart fühlte ich mich immer sicher, da er alles im Griff zu haben schien.
Wir holten unser Gepäck bei der Ausgabe ab und gingen vor das Flughafengebäude. Ich hatte nur eine Tasche bei mir. Vor dem Gebäude standen viele Taxis und es war ein reges Kommen und Gehen. Wir warteten nicht lange, als ein graubrauner Kleinbus an uns vorbeifuhr und ein Mann uns zuwinkte. Achmed winkte zurück. Der Bus machte kehrt und kam zu uns zurück. Der Fahrer, ein großer hagerer Mann umarmte Achmed und Chamil überschwänglich, mich sah er nicht an. Wir stiegen ein und ich wunderte mich über das angeregte Gespräch, das
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