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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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Niederstarren.
    „Hört sofort auf! Die Leute schauen schon!“
    Fiona blickte verwirrt zwischen uns hin und her. Schließlich wollte sich Alexei wieder umdrehen, aber Tom riss ihn am Arm zurück. „Fass sie ja nicht noch einmal an, du Monster!“
    „Tom!“ Ich war entsetzt über Toms Aggressivität und seine Wortwahl. „Du hast kein Recht, so mit ihm zu reden!“
    Alexeis Gesichtsausdruck war noch immer unbeeindruckt mit Tendenz zum amüsiert sein, doch seine Körpersprache zeigte, dass auch er mit seiner Geduld am Ende war. Schließlich packte er Tom mit einer Hand am Kragen und hob ihn ein Stück an. Mein Blick hing ungläubig an seinen Füßen, die einige Zentimeter über dem Boden zappelten. Die umstehenden Gäste schauten dem Schauspiel zu und ich schämte mich zu Tode. Ich sah Ines mit fragendem Blick auf uns zukommen.
    Im nächsten Augenblick jedoch erstarb plötzlich die Musik und die Leute auf der Tanzfläche und auf den Plätzen applaudierten. Die Aufmerksamkeit der Menge richtete sich auf Vater, der die Bühne betrat. Gott sei Dank schien er nichts bemerkt zu haben. Alexei stellte Tom wieder auf dem Boden ab.
    Tom war zu weit gegangen, das würde ich ihm nicht so schnell vergeben. Ich wandte mich zur Bühne und wartete auf die Rede. Fiona warf mir einen unsicheren Blick zu und hakte sich bei mir unter. Sie war etwas blass um die Nase, ich nickte ihr beruhigend zu und rückte ihre Hand. Alexei stand dicht neben mir, sein Arm berührte meine Schulter und ich wagte nicht, ihn anzublicken. Ich traute mich nicht einmal, ihm mental mitzuteilen, wie sehr ich mich für meinen besten Freund schämte. Tom war in der Menge verschwunden. Sollte er bleiben, wo der Pfeffer wächst.
    Mir war heiß und trotzdem fror ich. Ich versuchte, mich zu konzentrieren und lauschte Vater, der das Projekt vorstellte, dem die Einnahme dieser Veranstaltung zugute kommen sollte. Er setzte sich seit Jahren für Straßenkinder in Berlin ein. Jedes Jahr fand diese Veranstaltung statt, zu der zahlreich Geschäftsleute und Freunde geladen waren.
    „… besonders möchte ich meiner Familie danken, die mich in allem unterstützen und immer da sind, wenn ich sie brauche.“
    Applaus. Mir war das unangenehm, als sich die Leute nach uns umdrehten und wohlwollend nickten. Ich spürte Alexeis Präsenz mit jeder Faser meines Daseins und wünschte mir plötzlich, mit ihm an einem andern Ort zu sein. Nur er und ich … mein Herz raste. Die Musik setzte ein und die Paare auf der Tanzfläche begannen wieder zu tanzen. Vater bahnte sich einen Weg durch die Menge, Fiona umarmte ihn und küsste ihn auf die Wange.
    „Tolle Rede, Papa, wirklich. Ich bin sehr stolz auf dich.“
    „Ich danke dir, Schatz.“ Vater war sichtlich erleichtert und entspannte sich.
    Alexei und ich gratulierten ebenfalls.
    Vater verschwand schließlich mit Fiona in der Menge, um etwas zu trinken zu holen. Ich fasste mir ein Herz und wandte mich an Alexei. „Es ist unentschuldbar, wie Tom sich dir gegenüber benommen hat. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, ich …“
    Es ist nicht deine Schuld, Leon.
    Trotzdem. Er hätte nicht so mit dir umspringen dürfen.
    Alexei lächelte, ich fühlte leichten Schwindel in mir aufsteigen. Ich atmete tief durch und schüttelte den Kopf.
    „Soll ich dir etwas zu trinken bringen? Du siehst aus, als könntest du etwas gebrauchen.“ Alexei berührte meinen Arm. Die Berührung sandte Stromwellen durch meinen Körper und ließ meinen Adrenalinspiegel ansteigen.
    „Etwas zu trinken wäre gut“, nickte ich. „Irgendetwas Starkes.“
    „Ich kümmere mich darum.“ Alexei tauchte ein, in die dicht aneinander gedrängten Menschen und ließ mich irgendwie völlig aufgewühlt zurück. Meine Augen folgten ihm, aber schnell hatte die Masse ihn verschluckt. Ein Blick zur überfüllten Bar sagte mir, dass er nicht so schnell zurückkehren würde. Eine Menschentraube hatte sich davor gedrängt, es schien, als stünde die halbe Stadt davor. Ich wandte mich um – und keuchte überrascht auf. Alexei stand vor mir, zwei Gläser Whisky in der Hand. Er reichte mir eines davon und prostete mir zu. Bei Alexei wunderte mich mittlerweile nichts mehr und so sparte ich mir Fragen. Ich trank mein Glas in einem Zug aus und fixierte ihn.
    „Ich muss hier raus. Hast du Lust, mich in einen Club zu begleiten?“, hörte ich mich wie in Trance sagen.

Kapitel 8
     
    Einige Minuten später saßen wir in Alexeis Wagen, ich riss mir die Fliege vom Kragen und

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