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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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glücklich!« Mein Blick wanderte zu den welschen Hauben der Münchner Frauenkirche, die unter dem blauen Frühlingshimmel in der Sonne leuchteten. »Pass nur gut auf dich auf, da drüben!« Kokett lachte ich ihm über dem Rotwein zu, den der Kellner uns zu Rehbraten mit Kroketten serviert hatte. »Nicht, dass du dir da drüben eine vollbusige Negermami anlachst!«
    Leo verschluckte sich fast an seinem Rotwein und prustete in die Serviette. »Wie wenig du mich doch kennst, Kleines! Als ob ich auf große Busen stehen würde! Und auf Schwarze schon gar nicht!«
    Tja, und dann war Leo plötzlich weg. Im Sommer 1971 verschwand sein Flieger vor meinen Augen donnernd in den Wolken, denn ich hatte es mir nicht nehmen lassen, ihn zum Frankfurter Flughafen zu bringen. Gemeinsam mit den Kindern trat ich anschließend fast erleichtert die Rückreise in unser beschauliches Reutlingen an. Was für eine Wohltat es war, den Garten, den Swimmingpool, die Hollywoodschaukel und den Kaffeetisch mit selbst gebackenem Pflaumenkuchen nun für mich alleine zu haben! Die Kinder und die Schwiegereltern waren natürlich auch noch da, aber die störten mich nicht. Sie schrien nicht herum, knallten keine Gläser auf Glastische und rasten auch nicht im Rückwärtsgang aus der Garage. Sie schleppten mir keine Horden von Geschäftsleuten an und schrieben mir nicht vor, was ich anzuziehen hatte. So konnte das Leben weitergehen!
    Mit Elan stürzte ich mich nun erst recht in die Arbeit in »meinem« Lotto-Geschäft, und jeder, der fragte, bekam zu hören, dass mein Gatte nun in südwestafrikanischen Großimmobilien machte. Mein Ansehen in der Stadt wuchs noch immer. Freundin Gitta und ich schlossen uns noch enger zusammen. Sie war inzwischen mein erster Ansprechpartner, und wir hatten keine Geheimnisse voreinander. Zum Glück mochte ihr Mann Walter mich auch gern. Am Wochenende waren die beiden häufig bei uns zu Gast, spielten mit den Kindern oder ließen einfach in unserer Hollywoodschaukel entspannt die Beine baumeln. Gemeinsam mit den Schwiegereltern unternahmen wir Ausflüge ins schwäbische Umland, wanderten später durch herbstbunte Wälder und vermissten Leo kein bisschen. Die Kinder fragten überhaupt nicht nach ihm.
    Weihnachten kam Leo das erste Mal auf Urlaub nach Hause. Er wollte den Kontakt zu seiner Familie nicht verlieren, und manchmal dachte ich beschämt, dass er wohl mehr an uns hing als umgekehrt. Natürlich freuten sich Bernd und Thomas, als er sie mit Mitbringseln überschüttete und Unmengen von spannenden Geschichten im Gepäck hatte: Von nun an bevölkerten Löwen, Giraffen, Elefanten und pechschwarze Eingeborene ihre Fantasie. Gerührt sah ich zu, wie die drei ihre Schöpfe zusammensteckten: einer grau meliert und zwei kindlich blond. Wie sie sich gemeinsam Ansichtskarten und Fotos anschauten. Die Kinder fragten Leo Löcher in den Bauch, und er beantwortete sie mit unverhohlenem Stolz.
    »Tja, ihr könntet euch das alles vor Ort ansehen, aber eure Mami will ja nicht!«
    »Ach, Leo, setz ihnen keine Hirngespinste in den Kopf«, wehrte ich rasch ab. »Sie müssen doch hier zur Schule gehen, und ich habe noch den Laden!«
    »Tja, aber dort hättet ihr eine Negermami mit einem bunten Turban auf dem Kopf, die euch das Essen serviert und hinter euch herräumt«, stellte Leo fest. »Und im riesigen Nationalpark wimmelt es nur so von Zebras und Antilopen!«
    »Ach, bitte, Leo, lass den Kindern ihre heile Welt in Reutlingen!« Ich schaltete die Weihnachtsbeleuchtung ein und ließ den riesigen Christbaum erstrahlen. »Oder glaubt ihr, wir hätten dort in Afrika so einen schönen Weihnachtsbaum?«
    Zum Glück gelang es mir, die Kinder abzulenken. Bernd und Thomas spielten vierhändig »Oh Tannenbaum« und »Ihr Kinderlein kommet« auf dem Flügel, und Leo stand gerührt mit seinem Whiskeyglas daneben und hatte den Arm um mich gelegt.
    »Tja, vielleicht warten wir noch ein Weilchen«, meinte er schließlich. »Wenn die Kinder größer sind vielleicht.«
    »Oder vielleicht auch gar nicht«, sagte ich schnell. »Meinst du, ich lasse deine Eltern hier alleine – nach allem, was sie für uns getan haben?«
    »Nein, Kleines. Vergiss es einfach. Jetzt fahren wir erst mal nach Zürs und machen anständig Winterurlaub.«
    Die Kinder staunten nicht schlecht: Kaum hatten sie in heißer Steppe, Wüstensand und flirrender Hitze geschwelgt, sausten sie schon auf nagelneuen Skiern, die das Christkind gebracht hatte, durch weißen Pulverschnee. Wie

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