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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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kein Zurück mehr. Mir rutschte das Herz in die Hose. O Gott, ich war doch noch nie geflogen! Und dann gleich so weit! Ich wollte nicht! Andererseits …
    Meine Schwiegereltern versprachen, sich in den vier Wochen meiner Abwesenheit um Bernd zu kümmern, und Thomas kam bei meinen engen Freunden Gunni und Dieter Meile unter. Alle beteuerten mir, dass ich unbesorgt fliegen könne.
    »Du bist sowieso schon wieder so dünn!«, hieß es von allen Seiten. »Leg dich mal drei Wochen an den Swimmingpool, und lass dich von den Hausangestellten dort bedienen!«
    »Mädchen, du arbeitest mir zu viel«, meinte auch Schwiegervater Walter. »Denk mal nur an dich!«
    »Na, an unseren Sohn soll die liebe Gerti auch denken«, mahnte Ursula lachend. »Nicht dass uns der Junge auf dumme Gedanken kommt!«
    Meine Freundin Gitta nahm mich unter vier Augen beiseite: »Du bist noch zu jung für so eine komische Kompromiss-Ehe, Gerti! Vielleicht verliebt ihr euch wieder ganz neu, ich würde es dir so wünschen!«
    Na ja, dachte ich. Kunststück! Gitta und Walter waren verliebt wie am ersten Tag, und das nach zwölf Jahren Ehe. Die beiden passten auch wirklich fantastisch zusammen. Und wir, Leo und ich?
    »Ich weiß nicht … « Achselzuckend steckte ich mir eine Zigarette an. Wir waren eine prima Zweckgemeinschaft, das schon. Aber es war wirklich nicht so, dass ich ohne ihn nicht leben konnte. Im Gegenteil, ich fühlte mich frei ohne ihn.
    »Gib euch noch eine Chance, Gerti!« Gitta schien Gedanken lesen zu können. Sie legte mir eine Hand auf den Arm. »Liebst du ihn denn gar nicht mehr?«
    »Ach, Gitta«, seufzte ich und stieß den Rauch aus. »Ich weiß es wirklich nicht. Er ist der Vater meiner Kinder, und seine Eltern haben mich wie eine Tochter aufgenommen, also zolle ich ihm zumindest Respekt.«
    »Du hast es in Reutlingen immer genossen, die Frau an seiner Seite zu sein«, ermahnte mich Gitta. Besorgt sah sie mich an. »Jetzt braucht er dich dort. Lass dich wieder auf ihn ein! Oder gibt es da etwas, von dem ich nichts weiß?« Fragend zog sie die Augenbrauen hoch.
    »Nein, Quatsch, es ist nur … « Ich räusperte mich und sah ihr tief in die Augen. »Da drüben ist er bereits in Verdacht geraten, schwul zu sein!« Nervös lachte ich auf. »Ich bitte dich! Leo und schwul!«
    »Na, dann wird es aber allerhöchste Zeit, dass du rüberfliegst und allen das Gegenteil beweist!« Gitta legte mir die Hände auf die Schultern und sah mir ins Gesicht. »Ich würde meinen Mann nicht im Stich lassen!«
    Nun war ich in der Pflicht. Ich würde fliegen.
    Mit schweißnassen Händen saß ich im Flieger und paffte eine Zigarette nach der anderen. Damals durfte man das ja noch! Kamen die Stewardessen mit dem Essen, winkte ich ab. Dreizehn Stunden klammerte ich mich nervös an meine Armlehnen und starrte aus dem Fenster.
    Meinen ersten Eindruck von Windhoek werde ich nie vergessen. Leo holte mich wie versprochen ab, mit einem schwarzen Fahrer, der eine weiße Livree mit Goldknöpfen trug. Zuerst fuhren wir auf einer schnurgeraden, staubigen Straße durch die flirrende Wüste. Meine Hände krallten sich in Leos, der mich auslachte. »Du starrst ja so angsterfüllt aus dem Fenster, als könnte uns jeden Moment ein Löwe angreifen. Aber sei ganz unbesorgt, das wird nicht passieren!«
    Doch dann tauchten die ersten Hochhäuser der Stadt auf. Im Zentrum sah es richtig deutsch aus. Die Hauptstraße erinnerte fast an die von Reutlingen. Sehr viele alte schöne Häuser aus der Kolonialzeit, ja sogar deutsche Schilder! »Alte Feste«, stand da, oder »Christuskirche«. Das war die evangelische Kirche, von der mir Leo schon erzählt hatte. Auch eine katholische Marienkirche mit zwei Türmen gab es. Leo erklärte mir auf der Fahrt schnell die wichtigsten Dinge. Die deutsche Kolonialzeit bis 1915 hatte natürlich Spuren hinterlassen. Anfang der Dreißigerjahre, als das Land bereits unter südafrikanischer Verwaltung stand, waren die Schwarzen brutal in eigene Wohngebiete, die allerdings eher Slums waren, vertrieben worden. Eines davon war Katutura, »der Ort, an dem man nicht wohnt«.
    Das war schon ziemlich unheimlich. Leo meinte, die Elendshütten würde ich noch früh genug sehen, jetzt würde ich erst mal in das Luxusviertel der Stadt gebracht. Ich war erleichtert, aber auch enttäuscht. Die modern wirkenden Hochhäuser waren recht lieblos aneinandergereiht worden; es war weniger auf Schönheit als auf Zweckmäßigkeit geachtet worden. Das hier hätte auch

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