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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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»Meine Tage bestehen inzwischen nur noch aus Holen, Bringen und Warten. Ich langweile mich!«
    Leo sah seine Eltern zweifelnd an. »Wenn das für euch zu machen ist?«
    »Ja, glaub mir, Sohn!« Walter schlug Leo beschwichtigend auf die Schulter. »Unsere kleine Gerti platzt vor Energie. Es wäre echt schade um das Mädel, wenn du sie im goldenen Käfig hältst.«
    »Und ich möchte so gern noch was von meinen Enkeln haben«, sagte Ursula. »Solange ich noch kann. Es wäre eine wirklich schöne Aufgabe!«
    Wir schenkten Leo Whiskey nach, bis dieser sich entspannte. »Meinetwegen – aber unter einer Bedingung … «
    Wir drei Verschwörer zwinkerten uns erleichtert zu.
    »Gerti muss weiterhin ihre Verpflichtungen als Gastgeberin wahrnehmen. Das hat erste Priorität.« Leo ließ sich in seinen breiten Ledersessel fallen und stellte klirrend das Glas ab. »Ich will mich weiterhin mit meinem süßen Weibchen schmücken. Wozu habe ich es sonst so ausstaffiert?« Er grinste. In letzter Zeit trank er wirklich ein bisschen viel. Das brachte sein Beruf so mit sich.
    »Natürlich!«, beeilte ich mich zu sagen. »Zuallererst bin ich deine Frau und die Mutter deiner Kinder. Dann kommt der Job.« Das klang unterwürfiger als geplant. Es wurde wirklich Zeit, dass ich wieder selbstständiger wurde und mein eigenes Geld verdiente.

12
    Juhu! Ich hatte meinen eigenen Laden! Überglücklich sah ich mich in meinem kleinen Paradies um. Hier durfte ich schalten und walten, wie ich wollte! Umgeben von Zeitschriften, auf deren Titelblättern die große weite Welt winkte. Umgeben von Träumen in Form von Heftromanen mit Ärzten und Schlossherren vorne drauf, umgeben von Süßigkeiten und Zigaretten war auch ich am Ziel meiner beruflichen Träume.
    Diesmal war ich es, die eine Mitarbeiterin suchte. Allein war die Goldgrube im Zentrum von Reutlingen nicht zu schaffen. Besonders freitags, wenn die Leute ihren Wochenlohn zur Lotto-Annahmestelle trugen, quoll unser kleiner Laden fast über. Schwiegervater Walter half mir bei der Auswahl der Bewerberinnen.
    Letztlich entschieden wir uns für Gitta, für eine fröhliche rundliche Frau mit blondem Kurzhaarschnitt. Sie hatte einen erwachsenen Sohn, Dietmar, der bei der Bundeswehr war und nur noch am Wochenende nach Hause kam. Ihr Mann Walter arbeitete bei einer Telefongesellschaft und kam auch erst abends nach Hause, sodass sie, genau wie ich, nach einer abwechslungsreichen Beschäftigung suchte. Wir verstanden uns auf Anhieb. Waren wir allein im Laden, erzählten wir uns Anekdoten aus unserem Leben, steckten unsere Nasen in die Klatsch- und Tratschmagazine, begutachteten Schnittmuster in Modeheften und rauchten auch schon mal verstohlen hinten im Büro ein Zigarettchen zusammen. Schon bald waren wir enge Freundinnen, die später noch zusammen durch dick und dünn gehen sollten.
    Zu Stoßzeiten konnten wir allerdings hoch konzentriert und flink zusammenarbeiten, ohne ein überflüssiges Wort zu verlieren.
    Ich zahlte ihr einen angemessenen Lohn, ließ sie spüren, wie sehr ich sie als Arbeitskraft und als Mensch schätzte, und konnte mich im Gegenzug hundertprozentig auf sie verlassen.
    Für meine Jungs war es immer das Höchste, wenn ich ihnen am Wochenende Comics wie »Tarzan«, »Bessy« oder »Buffalo Bill« mitbrachte. Die Sammlung unter ihren Betten wurde immer größer. Kopf an Kopf lagen meine Jungs bäuchlings vor ihrem Indianerzelt und lernten auf diese Weise schneller lesen als ich damals auf dem Plumpsklo.
    Ihre Sympathien habe ich mir durch meine Arbeit im Laden keineswegs verscherzt. Im Gegenteil! Ich war die Super-Mami, die immer die angesagtesten Spielsachen und natürlich Berge von Süßigkeiten mitbrachte. Sie hatten eine traumhafte Kindheit und wurden von allen dermaßen verwöhnt, dass ihnen das zunehmende Fernbleiben ihres Vaters kaum noch auffiel.
    Leo hatte mittlerweile mehrere Sparkassenfilialen unter sich und unsere Zukunft war, wie er mir und seinen Eltern immer wieder großspurig versicherte, »in trockenen Tüchern«. Wir hatten »ausgesorgt«. Und das mit knapp vierzig! Er hätte sich auch ein wenig zurücklehnen, oder noch besser, sich einmal um seine Söhne kümmern und mit ihnen herumtoben können, zumal sein Alkoholkonsum und sein Bewegungsmangel ihn merklich hatten altern lassen.
    Aber Leo war von Ehrgeiz und Geltungsdrang getrieben. Immer höher musste er hinaus, immer größer wurde sein Wirkungskreis, immer intensiver wurden seine Beziehungen zu mächtigen

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