Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)
Draculas Gruselbude.«
»Sag, dass du hier leben kannst.«
»Ich weiß nicht, Leo, das kommt alles so plötzlich … «
Leo drückte mir mein Glas in die Hand und hob seines. Der Champagner war so eiskalt, dass es von innen beschlug.
»Plötzlich ist was anderes«, widersprach er. »Ich warte seit vier Jahren auf dich.«
»Wir haben immer gedacht, du kommst zurück … «
»Nun ist das hier aber eine Riesenbaustelle geworden!« Leo strich mir mit dem Handrücken über die Wange. »Ich habe den Deal meines Lebens an Land gezogen, ich bin hier der heimliche Bürgermeister, du kannst ruhig ein bisschen stolz auf mich sein!«
Und deine Eltern?, wollte ich fragen, brachte es aber nicht über die Lippen.
»Du und die Kinder«, sagte er feierlich. »Ihr gehört zu mir. Ich werde euch die Welt zu Füßen legen.«
Vier ganze Wochen blieb ich in Windhoek, und Leo legte mir die Welt zu Füßen. Er hatte plötzlich Zeit für mich wie nie zuvor, zeigte mir sämtliche Naturschönheiten Afrikas. Wir waren endlich mal wieder allein, und ich konnte mich wieder für ihn erwärmen. Wenn er nicht prahlte und mit seinem Geld angab, war er wirklich ein liebenswerter Mann. Ich mochte seine Großzügigkeit, seinen Humor und seine Spontaneität. Er war wirklich alles andere als ein langweiliger Sparkassenspießer, der von neun bis fünf Uhr im Büro saß und sein Butterbrot aus der Aktentasche holte.
Mit einem Jeep fuhren wir in die Steppe, ich sah Gnus und Zebras, Luchse und Erdmännchen, Giraffen und Elefanten, sogar einen stolzen Löwen, der gähnend auf einem Felsen lag und scheinbar gelangweilt seine majestätische Mähne schüttelte. Sein schmuckloses Weibchen hielt sich etwas abseits, es lag unter einem knorrigen Baum im Schatten. Die seltensten Vögel zeigte Leo mir, bunte mit krummen Schnäbeln, und auf einmal rannte ein dickes Nashorn kilometerlang vor uns auf der roten Schotterstraße her, als wollte es uns den Weg zeigen.
Wir übernachteten in romantischen Lodges, und hier hatten wir endlich Zeit und Lust, wieder miteinander zu schlafen. Es war wie eine verspätete Hochzeitsreise. Es stimmte schon, was Gitta gesagt hatte: Wir hatten uns nur entfremdet, und ich hatte mich ihm entzogen, aus einem Misstrauen heraus, das gar nicht berechtigt war. Natürlich gehörte ich zu ihm, natürlich brauchte er mich! Und natürlich hatte ich Lust auf ein Abenteuer!
Es erfüllte mich mit Stolz, zu sehen, wie ehrfürchtig die Einheimischen ihn behandelten und wie aufmerksam sie uns bedienten. Er war so eine Art Häuptling, alle schienen ihn zu verehren und zu vergöttern.
Zurück in Windhoek erlebte ich, wie glücklich und erleichtert seine deutschen Angestellten waren, dass die Vielgepriesene nun endlich aufgetaucht war: Ich, Gerti, die geheimnisumwobene Gattin, die er sich so sehnlich herbeigewünscht hatte. Fast fühlte ich mich wie eine gute Fee. Alle seine Freunde und Mitarbeiter umarmten mich, als hätte ich einen Weltuntergang verhindert, und flehten mich an, mit den Söhnen wiederzukommen.
»Er braucht Sie, Gerti! Sie hätten ihn sehen sollen, als Sie nicht da waren! So eine miese Laune!«
»Der Arme hat ja gar nicht mehr gelacht! Schauen Sie, wie er jetzt strahlt – wir erkennen ihn gar nicht wieder!«
Henry Meyer, der nette ehemalige Bankmitarbeiter, der mir den Brief geschrieben hatte, nahm mich beiseite. »Es wurde wirklich höchste Zeit, dass Sie gekommen sind, Gerti. Der einzige Mann, der keine Frau hat! Wissen Sie, was das für einen Eindruck macht?«
Ich senkte den Blick und presste die Lippen zusammen. »Das wollte ich nicht, wirklich, das tut mir leid.«
»Ihr Mann hatte hier ein Superimage, bis … «
Ich zuckte zusammen. Da war doch was im Busch. »Bis … was?«
»Dann und wann hat er auch schon mal … Mist gebaut.« Henry Meyer strich sich durchs Haar und trat automatisch einen Schritt zurück.
» Mist gebaut?« Ich starrte ihn an. »Wie meinen Sie das?«
»Manchmal überschätzt er sich ein bisschen.« Henry Meyer wischte meine Bemerkung vom Tisch, als wäre das eine Lappalie. »Wir sagen ihm immer: ›Eile mit Weile, Chef, nicht immer gleich in die Vollen‹.«
»Was heißt das?«
Henry Meyer führte mich in eine Ecke, in der uns niemand belauschen konnte. »Es wird wirklich Zeit, dass sich mal wieder jemand ganz persönlich um ihn kümmert. Und zwar nicht irgendjemand , sondern seine Frau. Er braucht seine Familie als Rückhalt. Damit er nicht den Boden unter den Füßen verliert. Sonst sitzt er
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