Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)
vernachlässigt und war nur noch mit Marion im Landesinnern unterwegs! Die Kleinen ließ er bei den schwarzen Nannys. Alles war ihm egal, er war quasi zwei Jahre lang mit ihr in den Flitterwochen!«
»Wir haben ihn bekniet, sich wieder um die Geschäfte zu kümmern, uns nicht im Regen stehen zu lassen. Hier ging alles drunter und drüber, die Schwarzen warfen uns die Scheiben ein und zündeten unsere Autos an! Da hat er geweint und gesagt, wie einsam er ohne dich und die Kinder ist, und dass er ein besserer Mensch wird, sobald er dich wiederhat!«
»Dass du seine einzige große Liebe bist und seine Söhne Bernd und Thomas sein Lebensinhalt. Dass er hier einfach auf schiefe Bahnen geraten ist ohne euch.«
»Und ihr habt wirklich geglaubt, er würde von Marion und seinen kleinen Söhnen lassen?«
»Ja«, sagte Henry Meyer traurig. »Wir waren alle von ihm abhängig und wollten, dass unser Leben wieder in Ordnung kommt. Deshalb haben wir dich angefleht zu kommen!«
»Er hatte sich so verändert, war fast schon manisch-depressiv!«
»Mal war er völlig euphorisch, dann hat er nur geheult!«
»Wir haben geglaubt, nur du kannst das wieder in Ordnung bringen!«
»Wir haben mit falschen Karten gespielt, und wir schämen uns dafür!«
Ich dachte an meinen ersten Besuch zurück, als mich alle auf Händen getragen hatten. Von politischen Unruhen hatte mir wohlweislich niemand etwas erzählt.
»Du musst auf jeden Fall weg von ihm«, beschieden die Freunde. »Wenn er merkt, dass du alles weißt, dreht er durch.«
»Und ich drehe auch durch, wenn ich dem Lügner noch einmal begegnen muss!«, weinte ich zitternd.
»Du darfst auf keinen Fall überstürzt handeln.«
»Wir brauchen einen Plan, und dazu brauchen wir Zeit!«
»Vielleicht lässt sich was mit gefälschten Papieren machen!«
»Wir halten auf jeden Fall zu dir, verlass dich drauf!«
Das konnte ich aber nicht. Ich hatte Leo vertraut. Fünfzehn Jahre lang. Um mich dann so zu belügen und auszunutzen? Wem sollte ich überhaupt noch vertrauen?
Doch den mitfühlenden und betroffenen Mienen meiner Freunde entnahm ich, dass ich nicht ganz auf verlorenem Posten war. Ihre Gesichter näherten und entfernten sich wie in Zeitlupe, und ich spürte, dass ich Fieber bekam. Aus den Augenwinkeln sah ich Bernd und Claudia in einer Zeitschrift blättern. Sie ahnten nichts von den verheerenden Stürmen, die am Horizont aufgezogen waren.
»Wir bringen Gerti und die Kinder zu Willem auf die Farm«, hieß es auf einmal. »Dort ist sie fürs Erste vor Leo sicher.«
»Ja, sie muss erst mal wieder zu Kräften kommen. So dünn wie sie ist, klappt sie uns noch zusammen!«
Die Männer beschlossen, Leo noch einmal ins Gewissen zu reden. Das Ergebnis dieses Gesprächs wollte man mir dann zu gegebener Zeit mitteilen. Es waren geradlinige Männer, die davon ausgingen, dass in jedem Menschen ein guter Kern steckt und alle Probleme zu lösen sind, wenn man nur will. Sie waren abhängig von Leo und seinen Machenschaften, klammerten sich an diesen letzten Zipfel Hoffnung. Letztlich wollten alle mit heiler Haut hier raus.
»Kommt Zeit, kommt Rat, Gerti!« Susi umarmte mich herzlich. »Nimm deinen ganzen Schmuck mit und lass ihn bei Carola! Du kannst ihr vertrauen!«
Das Wort »Vertrauen« hallte seltsam hohl in meinem Kopf nach. Aber was sollte ich tun? Hatte ich eine andere Wahl?
Wie in Trance stopfte ich meine Ringe, Armbänder, Ketten und Uhren in eine Plastiktüte. Den Kindern erzählten wir was von Ferien auf dem Land.
Und so kam es, dass mich der treue Henry Meyer mit den Kindern erneut zu Willem auf die Farm brachte.
Die Kinder genossen ein zweites Mal die »Ferien« auf der Farm und tobten mit den schwarzen Kindern der Arbeiter herum.
Willem fuhr mit ihnen durch die Gegend und zeigte ihnen weitere Schönheiten des Landes. Ich selbst war zu nichts in der Lage. Apathisch saß ich im Schatten und ließ mich von Carola, Willems Frau, versorgen. Sie flößte mir Tee mit Honig ein und redete mir gut zu. Meinen Schmuck hatte ich ihr wortlos in einer Plastiktüte überreicht, und sie versprach, ihn auf der Farm für mich zu verstecken.
»Eines Tages wirst du ihn brauchen, Gerti, ich bewahre ihn für dich auf.«
Eines Tages … wo würde ich leben? Wo die Kinder? Wie sollte es weitergehen? Nur mit Baldrian, Alkohol und Zigaretten konnte ich diese Zeit überstehen.
Carola versuchte, mir Nahrung einzuflößen, aber ich brachte einfach nichts herunter.
Die Kinder merkten von alledem
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