Gefangen in der Wildnis
gegenseitig zu beschimpfen, aber sie hatten nicht gesagt, dass sie sich deswegen jetzt ständig mit Schmeicheleien überschütten würden.
Cooper ging nach dem Frühstück nach draußen. Als er zum Mittagessen, bestehend aus heißer Dosensuppe und Zwieback, hereinkam, brachte er ein Paar aus Ästen und Schlingpflanzen gemachte Schneeschuhe mit. Er band sie sich unter die Stiefel und stapfte damit in der Hütte umher.
„Die werden es leichter machen, den Abhang zwischen der Hütte und dem Fluss zu überwinden."
Den Nachmittag verbrachte er außerhalb der Hütte. Rusty räumte auf, aber da es nicht viel zu tun gab, war sie schon bald fertig. Damit blieb ihr nicht anderes, als auf seine Rückkehr zu warten. Bis zur Dämmerung saß sie am
Fenster, als sie endlich seine Gestalt erkannte, die wegen der Schneeschuhe mit seltsam ungelenken Schritten auf die Hütte zukam.
Sie eilte mit einer heißen Tasse Kaffee und dem Anflug eines Lächelns zur Tür, um ihn zu begrüßen, und kam sich schrecklich dumm vor, weil sie sich so freute, ihn sicher und heil wieder zurück zu wissen.
Cooper band die Schneeschuhe ab, lehnte sie auf der Veranda an die Hüttenwand und warf Rusty einen seltsamen Blick zu, nahm dann aber den Becher Kaffee an. „Danke." Durch den aufsteigenden Dampf starrte er sie an.
Als er den Becher an die Lippen hielt, fiel ihr auf, dass diese aufgesprungen waren. Auch seine Hände waren rau und gerötet, trotz der Wollhandschuhe, die er immer trug, wenn er nach draußen ging. Sie wollte eine mitfühlende Bemerkung machen, entschloss sich dann aber dagegen. Seine Rede von heute Morgen hatte jede andere Regung als gegenseitiges Tolerieren für nichtig und unnötig erklärt.
„Glück am Fluss gehabt?" fragte sie also nur.
Er deutete mit dem Kopf auf die Reuse, die den Gawrylows gehört hatte. „Sie ist voll. Die meisten von den Fischen lassen wir draußen gefrieren und bewahren sie für die Tage auf, an denen ich nicht den Abhang hinuntergehen kann. Und wir sollten Container mit Wasser füllen, für den Fall, dass die Pumpe einfriert."
Sie nickte, trug die Reuse in die Hütte und fühlte Stolz in sich aufwallen, als ihr das Aroma des Eintopfs entgegenschlug. Sie hatte gedörrtes Rindfleisch in der Vorratskammer gefunden.
Cooper aß zwei Teller von dem Eintopf, und als er dann noch sagte: „Ganz gut", war es ein perfekter Tag für sie.
Die Tage verliefen alle nach dem gleichen Muster. Cooper übernahm seine Pflichten, Rusty ihre. Er half ihr, sie half ihm. Ihr Umgangston war so höflich, dass es schon distanziert wirkte.
Doch während sie die kurzen Tage mit Erledigungen füllen konnten, zogen sich die Abende endlos hin. Und die Nacht fiel hier früh ein. Sobald die Sonne hinter den Bäumen versank, wurden Aufgaben, die es draußen zu erledigen gab, unmöglich. Also zogen sie sich in die Hütte zurück.
Und sobald die Sonne endgültig untergegangen war, war es stockduster. Nachdem sie zu Abend gegessen und das Geschirr gespült hatten, gab es nichts mehr zu tun, mit dem sie sich hätten beschäftigen können. Nichts außer ins Feuer zu sehen, um zu vermeiden, dass sie sich gegenseitig anstarrten - was beiden erhebliche Konzentration abverlangte.
Der erste Schnee war am nächsten Morgen geschmolzen, doch in der Nacht schneite es erneut, dann auch am Tag. Wegen des Schneefalls und weil es rasch kälter geworden war, kam Cooper am Nachmittag früher zur Hütte zurück. Was den Abend noch länger machte.
Rusty folgte ihm mit dem Blick, während er in der Hütte auf und ab marschierte wie ein Tiger im Käfig. Die kleine Hütte verursachte ihr so schon Platzangst, aber sein Verhalten irritierte sie noch mehr. Als er sich wieder einmal das Kinn kratzte - was er jetzt immer häufiger tat, wie ihr aufgefallen war -, fragte sie gereizt: „Was ist denn?"
Er wirbelte herum, als sei er bereit für einen Streit und entzückt, endlich jemanden dafür gefunden zu haben. „Was meinst du?"
„Mit dir. Warum kratzt du dir ständig übers Kinn?"
„Weil es juckt."
„Juckt?"
„Der Bart. Er ist jetzt in der Phase, wo es juckt."
„Dieses Kratzen macht mich nervös."
„Tja ... das lässt sich nicht ändern."
„Warum rasierst du ihn nicht ab, wenn er juckt?"
„Weil ich keinen Rasierer habe, deshalb."
„Ich ..." Sie brach ab, als ihr klar wurde, dass sie gerade ein Geständnis hatte ablegen wollen. Und als sie seine argwöhnisch zusammengekniffenen Augen bemerkte, sagte sie hochmütig: „Ich habe einen.
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