Gefangen in Deutschland
Onkel ihm beipflichteten, und schon wurden die Details erörtert. Allerdings war ich so aufgeregt, dass ich nicht mehr alles genau mitbekam. »Türkei«, »Haus kaufen«, »Übertritt zum Islam« war das Einzige, was ich verstand.
Nach einer Weile öffnete sich die Küchentür und Mahmud bat mich, ins Wohnzimmer zu kommen.
»Wir haben etwas mit dir zu bereden.«
Mit zitternden Knien folgte ich ihm vor den »Familienrat«.
Ohne Umschweife setzte mich Mahmuds Vater von dem Ergebnis der Unterredung in Kenntnis. Keiner von den Männern kam auch nur eine Sekunde auf die Idee, mich zu fragen, ob ich denn mit einer Heirat überhaupt einverstanden sei. Dies wurde einfach als selbstverständlich vorausgesetzt.
Mahmuds Vater erzählte etwas von religiösen Maßstäben, dass wir ja nun schon lange genug in »wilder Ehe« zusammengelebt hätten und dass die Familie einer Hochzeit zustimmen würde, obwohl ich eine deutsche Frau sei.
»Weil du dich in der ganzen Zeit, die du schon mit meinem Sohn zusammen bist, durchaus bewährt hast und ja auch recht gut vertraut bist mit der türkischen Kultur und Lebensweise, machen wir in deinem Fall eine Ausnahme. Ich möchte nur, dass du in den nächsten Monaten regelmäßig die Moschee besuchst, damit du die islamische Religion besser verstehen lernst.«
Weil ich großen Respekt vor den Männern aus Mahmuds Familie hatte, wagte ich nicht zu widersprechen und nickte nur hin und wieder mal bei seinen Worten. In meinem Inneren allerdings schrie alles laut und panisch: »Nein, nein, ich will das nicht! Nein!«
Mahmud hatte die Wohnung zusammen mit seinen Verwandten verlassen. Nachdenklich saß ich auf meinem Sofa und überlegte fieberhaft, wie ich am besten aus dieser Situation wieder herauskam. Ich konnte und wollte Mahmud nicht heiraten! Ich war mir sicher, dass, wenn ich erst seine offizielle Ehefrau war, meine Lage nur noch dramatischer werden würde.
Da ich zu keinem Ergebnis kam, beschloss ich, mir bei Aysegül einen Rat zu holen. Ich war mir zwar nicht sicher, ob sie imstande war, mir zu helfen, aber ich wollte es zumindest versuchen. Vielleicht konnte sie mit ihrem Vater nochmals sprechen.
Mahmud war telefonisch nicht zu erreichen, daher schrieb ich ihm einen Zettel, auf dem stand, dass ich mich bei Aysegül aufhalten würde. Ich hoffte inständig, dass es für ihn so in Ordnung war und meine Eigenmächtigkeit nicht wieder Anlass für einen neuen Krach gab.
Im Treppenaufgang zu Aysegüls Wohnung lief mir ausgerechnet Kerim über den Weg! Grußlos wollte ich an ihm vorbeigehen, doch erwartungsgemäß versperrte er mir den Weg.
»Warum sprichst du nicht mit mir, Katja? Warum untersagst du mir den Kontakt zu dir? Du bist eine deutsche Frau – du kannst tun und lassen, was du willst!«
Ich hatte absolut keine Lust, diesem Mann irgendwelche Erklärungen abzugeben oder ihn gar über meine Lebenssituation aufzuklären.
»Bitte, Kerim, lass mich durch! Ich kann jetzt nicht mit dir reden. Am besten, du lässt mich einfach ein für alle Male in Ruhe und sprichst mich nie wieder an!«
Doch Kerim war ganz und gar nicht bereit, klein beizugeben. Statt mich vorbeizulassen, packte er mich am Arm.
Ich war so entsetzt über diese Geste, dass ich laut zu schreien begann. Aysegül musste mich sofort gehört haben: Innerhalb von Sekunden öffnete sie ihre Wohnungstür, um dem Lärm im Treppenhaus auf den Grund zu gehen.
Als Kerim begriff, dass wir beobachtet wurden, ließ er schweigend von mir ab und machte sich schnurstracks aus dem Staub.
Fragend sah Aysegül mich an. Mit knappen Worten erklärte ich ihr, was vorgefallen war. Sie schüttelte nur den Kopf.
»Wenn das nicht aufhört, wird dir wohl nichts anderes übrig bleiben, als Mahmud von Kerims aufdringlicher Art zu erzählen«, riet sie mir. »Wer weiß, zu was der sonst noch fähig ist, Katja!«
Ich wusste, dass sie recht hatte, aber schon allein der Gedanke daran, mit Mahmud über Kerim reden zu müssen, löste heftige Bauchschmerzen bei mir aus. Bestimmt würde er wieder versuchen, die ganze Schuld auf mich abzuwälzen, und mir unterstellen, Kerim ermuntert zu haben, Kontakt zu mir aufzunehmen. Nein, lieber wollte ich einen Moment abpassen, da Kerim das Haus verlassen haben würde, um das Gespräch mit Erika und Hülya zu suchen. Sie mussten ihrem Schwager doch klarmachen können, dass er mich in Ruhe zu lassen hatte!
Mit diesem Entschluss beendete ich das Thema »Kerim« bei Aysegül und erzählte ihr stattdessen von dem
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