Gefangen in Deutschland
Krankenhaus«, eröffnete er mir ohne lange Vorrede.
Der Schreck fuhr mir in die Glieder.
»Was ist passiert? Geht’s dir nicht gut?«
»Meine Magenschmerzen waren heute so schlimm wie noch nie. Selbst meine Medikamente haben mir nicht mehr geholfen. Ich bin dann bei meinem Hausarzt vorbeigefahren, und der hat mir gleich eine Einweisung fürs Krankenhaus mitgegeben. Er meinte, diesmal komme ich um eine Operation nicht herum.«
Ich hatte zwar gewusst, dass Mahmud hin und wieder unter Magenproblemen litt, aber dass es so schlimm um ihn stand, war mir neu. Er behauptete ja immer, dass er seine Magenschmerzen nur mir zu verdanken hätte. Angeblich hatten diese ihren Ursprung in der ganzen Aufregung, die er meinetwegen erdulden musste.
»Mach dir um mich keine Sorgen! Ich komme prima auch mal ein paar Tage alleine klar«, wollte ich ihm Mut machen.
Mahmud stieß ein bitteres Lachen aus.
»Ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen! Wahrscheinlich würdest du während meines Krankenhausaufenthalts all das nachholen, was du nicht mehr machen kannst, seit du mit mir zusammen bist.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Ich habe meinen Cousin Mustafa angerufen. Er wird für die Zeit, die ich im Krankenhaus bin, hier bei dir einziehen. Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich nach dem, was gerade mit diesem Kerim passiert ist, hier allein in der Wohnung lasse!«
»Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein, Mahmud!« Ungläubig starrte ich ihn an. »Wie kommst du dazu, hier einfach jemanden einzuquartieren? Ich könnte ja in dieser Zeit auch bei Petra oder bei Aysegül schlafen«, versuchte ich ihn umzustimmen.
»Ja, das könnte dir so passen!«, fauchte Mahmud. »Dann hättest du es nicht mehr so weit zu deinem Verehrer«, fügte er noch bissig hinzu.
Wieder einmal resignierte ich. Ich wusste, ich hatte sowieso keine Chance, ihn umzustimmen. Wenn Mahmud etwas beschlossen hatte, dann war das so. Punkt, aus.
19. K APITEL
Betrogen
A m nächsten Morgen verabschiedete sich Mahmud zärtlich von mir. Ich musste ihm versprechen, mich an alle Regeln zu halten, die er für mich aufgestellt hatte, und mich so zu benehmen, wie es sich in seinen Augen für eine anständige Frau gehörte. Mustafa würde ihm sofort Bericht erstatten, falls ich mir irgendetwas zuschulden kommen lassen würde, schärfte er mir ein.
Netterweise ließ er sich von seinem Cousin in die Klinik fahren, damit ich während seiner Abwesenheit das Auto zur Verfügung hatte. Natürlich nicht, um damit in der Gegend herumzufahren, sondern nur für den Fall, dass jemand aus der Verwandtschaft auf meine Fahrdienste angewiesen sein würde. Immerhin war ich die einzige Frau in der Familie, die einen Führerschein besaß, und wurde entsprechend oft für Arztbesuche oder Behördengänge in Anspruch genommen. Besonders häufig kamen die Anfragen, nachdem ich genügend Türkisch gelernt hatte. Nun konnte ich ja auch noch dolmetschen! Da es in Mahmuds Familie sehr viele Frauen gab, verging fast keine Woche, in der ich nicht zu irgendeinem Termin fahren musste.
Als die beiden Männer die Wohnung verlassen hatten, gab ich erst einmal einen Seufzer der Erleichterung von mir. Auch wenn ich für die nächsten Tage einen männlichen Aufpasser an meiner Seite haben würde, so brauchte ich mir zumindest keine Gedanken über mögliche Gewaltattacken durch Mahmud zu machen. Diese Gefahr war zunächst gebannt. Fröhlich pfeifend begann ich die Wohnung aufzuräumen. Petra wollte später herüberkommen. Wir hatten verabredet, zusammen Kuchen zu backen.
Als sie kurz darauf in meiner Küche saß, bemerkte ich sofort, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Doch als ich sie darauf ansprach, gab sie mir nur ausweichend Antwort.
Plötzlich sah ich, dass sie eine neue Goldkette trug.
»Ist das ein Entschuldigungsgeschenk von Ahmed für die geplatzte Hochzeit?«, wollte ich wissen.
Eine leichte Röte stieg ihr ins Gesicht. Aber noch immer gab sie mir keine vernünftige Antwort. Ich hatte schon den Mund geöffnet, um mich über ihr seltsames Verhalten zu beschweren, als ein fürchterlicher Verdacht in mir aufkeimte.
»Sag mal, Petra, kann es sein, dass du diese Kette von Kerim geschenkt bekommen hast?«, fragte ich langsam.
Ihr Gesicht wurde noch eine Spur röter. Mit einem beinah schon böse zu nennenden Blick fauchte sie mich an:
»Und wenn es so wäre, was wäre so schlimm daran?«
Ich konnte es nicht glauben, was meine Freundin da gerade von sich gab.
»Was so schlimm daran wäre?
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