Gefangene deiner Dunkelheit
der Grund, warum sie alle sich noch ihre Hoffnung und ihren Glauben an ihr Volk bewahrt hatten. Mit ihrem Tod war die Dunkelheit über sie alle hereingebrochen und hatte eine Kette von Ereignissen ausgelöst, die immer noch zu der Vernichtung ihrer gesamten Spezies führen konnten.
»Nein«, stimmte Vlad ihm ruhig zu. »Das war es nicht. Aber ich bin kein Gott. Kein karpatianischer Mann ist das. Wir sind alle zu großem Unrecht fähig.«
Manolito schluckte die anklagenden Worte, die ihm auf der Zunge lagen, herunter. Was sollte er auch schon dazu sagen? Er selbst hatte viele Dinge im Leben getan, die er bereute. In jener Zeit hatte er völlig ohne Emotion gehandelt, aber er konnte sich noch an jeden einzelnen Vorfall erinnern, und sein schlimmstes Verbrechen war das gewesen, das er an seiner eigenen Gefährtin verübt hatte.
Er senkte bedrückt den Kopf. »Was du sagst, ist wahr. Ich war kurz davor, auf die dunkle Seite überzuwechseln, als ich die Stimme meiner Gefährtin hörte. Sie stand unter dem Schutz Mikhails und Gregoris sowie noch einiger anderer Karpatianer. Und ich ... ich scherte mich nicht um die Regeln und nahm ihr Blut ohne ihre Einwilligung oder ihr Wissen, um sie an mich zu binden.«
Vlad nickte bedächtig. »Es war eine Herausforderung für dich.«
»Durch die Reihen ihrer Beschützer hindurchzugelangen und zu beanspruchen, was mir gehörte? Ja. Bereue ich es? Das kann ich nicht beantworten. Es tut mir leid, dass ich mich ihr nicht offenbart und ihr erklärt habe, warum ich ihr ihr Leben ohne ihre Zustimmung aus den Händen genommen habe. Aber ich glaube nicht, dass es falsch war, es zu tun. Die Art, wie ich es getan habe, war falsch.«
»Unsere Leute haben lange neben Menschen gelebt, und es hat seinen Grund, dass unsere Regeln andere sind, Manolito. Uns wurde die Fähigkeit gegeben, unsere Gefährtinnen an uns zu binden, weil unser Volk schon lange ausgestorben wäre, wenn dem nicht so wäre. Nur wenige werden das je verstehen können, doch wenn wir unser Bestes tun, um unsere Frauen zu lieben und zu achten, sie über alles andere zu stellen, wenn sie erst einmal in unserer Obhut sind, haben wir eine bessere Chance, dass andere Spezies uns mit der Zeit verstehen und akzeptieren werden.«
»Die Welt hat sich sehr verändert, seit du nicht mehr unter uns bist, Vlad, und mit ihr unser Volk. Mir ist es schwergefallen, mich mit den Neuerungen abzufinden.«
Vlad klopfte ihm auf die Schulter, so leicht, dass Manolito es kaum spürte. Vlads Körper war sogar noch weniger real als seiner. »Wir alle haben Schwächen, Manolito, und müssen daran arbeiten, sie zu überwinden. Das ist nichts Beschämendes. Komm, begrüß Sarantha und erzähl uns all die Neuigkeiten von unseren Lieben.«
»Ich habe wirklich wenig Zeit, Vlad. MaryAnn, meine Gefährtin, bewacht meinen Körper, und ich glaube, dass sie angegriffen werden wird. Ich muss Maxim aufhalten, bevor er einen Weg findet, diesen Ort mit einer ganzen Armee von Untoten zu verlassen.«
Vlad schüttelte den Kopf. »Er kann keinen Weg aus dieser Welt herausfinden.«
»Sei dir nicht so sicher. Maxim hat sich mit Xavier verbündet und arbeitet mit ihm zusammen.«
Vlads Lächeln verblasste. »Xavier lebt noch?«
»Soviel wir wissen, ja. Und sein Enkel Razvan arbeitet Hand in Hand mit ihm, um unser Volk zu vernichten. Wir sind fast sicher, dass Maxims Brüder alle an einem Komplott beteiligt sind, Mikhail zu töten. An einem Komplott, das zu planen ich mitgeholfen habe.« Manolito konnte Vlad nicht ansehen, als er das gestand. Er war der Mann, den er mehr geschätzt und respektiert hatte als jeden anderen, mit Ausnahme seiner Brüder. Der Mann, der einmal wie ein Vater für ihn gewesen war. Und der Mann, dessen Sturz er mit mitgeplant hatte. Aber er würde nicht lügen oder sich der Verantwortung und Schande seiner Tat nicht stellen.
Vlad schwieg sehr lange. Nicht einmal ein Anflug von Enttäuschung oder Abscheu zeigte sich auf seinem Gesicht; er suchte nur Manolitos Blick und sah ihm ruhig in die Augen. »Denkst du, es sei eine Überraschung für mich, dass du und deine Brüder daran dachtet, die Herrschaft der Dubrinskys zu beenden? Ihr wart intelligent, und mein Verbrechen ist euch nicht entgangen. Ihr wusstet darum. Um meinen Sohn zu retten, habe ich unser Volk verraten. Ihr hattet jedes Recht, mein Urteilsvermögen infrage zu stellen. Es war nicht gut.«
»Wir hatten nicht das Recht, deinen Sturz oder die Vernichtung jeder anderen Spezies, mit
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