Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
der Lounge versammelt hatten.
»Ah«, rief Benjamin und drückte April ein Glas in die Hand. »Genau die Frau, auf die ich gewartet habe. Ich wusste doch, dass du zurückkommst.«
»Ich konnte nicht anders.«
Sie ließ den Blick über die Vampire schweifen, die sie von oben bis unten musterten. Chessy setzte ein falsches Lächeln auf. »Hübsches Kleid«, bemerkte sie mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme.
»Und als was bist du heute hier?«, schoss Caro zurück. »Gastiert der Zirkus in der Stadt?«
»Mädels«, schaltete sich Simon ein. »Zankt euch doch nicht. Ich finde, du siehst heute Abend ganz reizend aus.«
Caro wurde rot. »Danke, du auch.«
Sie tauschten einen Blick.
»Ich finde deine Frisur super, Caro«, verkündete Ling. »So römisch, wie etwas aus dem trajanischen Zeitalter.«
Caro starrte sie verblüfft an. Offenbar war ihr für einen kurzen Moment entfallen, dass die Vampire die Schüler wegen ihrer Intelligenz auf ihre Seite zu ziehen versuchten. Auf den ersten Blick mochten sie wie Hohlköpfe wirken, doch ihre Klugheit durfte keineswegs unterschätzt werden. Was sie umso gefährlicher machte.
»Danke«, erwiderte Caro. »Das ist das Werk meiner Mutter.«
Chessy kicherte. »Ja, ich habe schon gehört, dass sie Friseurin ist. Glaubst du, ich könnte Rabatt bei ihr kriegen?«
»Bei dem Aufwand, der bei dir nötig ist, bräuchtest du auch dringend einen.« Davina warf Chessy einen scharfen Blick zu.
»Ich finde die Frisur jedenfalls toll«, sagte sie, trat zu Caro und berührte die Locken behutsam. »Ich wünschte, meine Mutter wäre wenigstens für irgendetwas nütze.«
»Ich finde deine Mutter absolut hinreißend«, erklärte Simon.
Absolut hinreißend? , dachte April. Du lieber Gott, dem haben sie das Gehirn aber gründlich gewaschen.
»Das ist wirklich nett von dir, aber außer für Dinnerpartys ist sie zu nichts zu gebrauchen, und auch da sitzt sie nur herum und riecht nach irgendeinem teuren Parfum.«
»Wenigstens verreist sie oft, meistens ins Ausland«, fügte Benjamin grinsend hinzu. »In irgendeine Klinik, wo sie versucht, ihre Falten loszuwerden. Was sowieso nicht funktioniert. Aber das bedeutet, dass wir sturmfreie Bude haben.«
April lauschte fassungslos. Wie konnten sie so verächtlich über ihre eigenen Eltern sprechen? Silvia mochte weiß Gott keine Vorzeigemutter sein, aber sie war immerhin ihre Mutter. April würde nie im Leben auf die Idee kommen, in aller Öffentlichkeit derart über sie herzuziehen. Andererseits sollte sie genau das vielleicht tun, um den anderen das Gefühl zu geben, als gehöre sie zu ihnen.
»Ich wünschte, meine Mutter würde so was auch mal machen. Sie hängt ständig zu Hause herum. Dabei würde ihr ein kleiner Klinikaufenthalt bestimmt nicht schaden«, sagte sie und machte eine Geste, als hebe sie ein Glas an ihre Lippen.
»Hört sich doch sympathisch an«, bemerkte Benjamin.
»Ich wünschte, sie würden uns endlich in Ruhe lassen – die Erwachsenen, meine ich«, fuhr April seufzend fort. »Ständig dieses Gefasel, als wüssten sie alles besser. Als wären sie ja soooo erfolgreich. Es treibt einen echt in den Wahnsinn.«
Davina nickte mitfühlend.
»Ich weiß genau, was du meinst. Wir müssen eben dafür sorgen, dass sie uns nicht ständig dazwischenreden.«
»Aber wie?«
Davina lächelte beim Anblick des vielsagenden Grinsens auf den Gesichtern ihrer Freunde.
»Halt dich nur an uns, Süße«, sagte sie. »Wir zeigen dir, wie man das macht.«
»Was sollte das denn gerade?«, fragte Caro, als sie an die Bar zurückgekehrt waren. »Chessy zieht über meine Mutter her, und du bindest denen auf die Nase, dass deine eigene Mutter eine Schnapsdrossel ist?«
»Stimmt doch auch. Du solltest mal sehen, wie viele leere Flaschen jeden Montag bei uns herumstehen.«
»Mag ja sein, aber deine Mutter hat in den letzten Monaten eine Menge durchgemacht. Du solltest nicht so über sie lästern. Sie ist nicht wie Barbara Osbourne, zumindest noch nicht. Wenigstens steht sie immer hinter dir.«
»Ich kann ja verstehen, dass du deine Mum in Schutz nehmen willst«, sagte April. »Aber meine treibt mich rein zufällig in den Wahnsinn. Und hinter mir stehen? Ich weiß abends ja noch nicht mal, ob ich sie am nächsten Morgen überhaupt zu Gesicht kriege. Außerdem ging es mir nicht darum, über meine Mutter herzuziehen, sondern das war ein Versuch, mich mit ihnen zu verbünden. Und hast du gesehen, wie sie reagiert haben? Der Duft nach
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