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Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)

Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)

Titel: Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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lief mit hämmerndem Herzen weiter, immer weiter, nach Hause, wo sie in Sicherheit war. In Sicherheit?, dachte sie. Zu Hause? Ausgerechnet an dem Ort, wo dein Vater getötet wurde? Das nennst du sicher? Doch da war es, mit seinen hohen, schlanken Fenstern und der einladenden, fröhlich gelben Tür. Sie stürzte über die Straße, durch das Gartentor, das hinter ihr zuschlug und wieder aufsprang. Dann stand sie vor der Tür. Sie war geschlossen. Abgesperrt. Oh mein Gott , dachte sie und hämmerte gegen das Holz. Die Schlüssel stecken in meiner Manteltasche. Ich habe sie in meiner Manteltasche gelassen!
    »Mum!«, schrie sie, obwohl sie wusste, dass sie nicht zu Hause war. »Mum! Bitte!« Ihre Handfläche schmerzte, als sie sie mit voller Wucht auf das Holz niedersausen ließ. »Hilf mir! Bitte!«
    Aber wer konnte ihr schon helfen? Sie saß in der Falle. Wie … wie ein Kaninchen. Sie hörte ihn kommen. Seine Schritte hallten auf dem Asphalt.
    »Nein!«, schrie sie. »Nein!« Sie fuhr herum. Doch hinter ihr stand nicht Marcus. Sondern ein Mann in einem schwarzen Mantel. Einem Uniformmantel.
    »Schon gut, Liebes«, sagte er und hob die Hände. »Es ist alles in Ordnung. Alles ist gut.«
    Ein zweiter Mann und eine Frau, ebenfalls in Uniform, erschienen. Uniform? Es dauerte einen Moment, bis ihr Gehirn eins und eins zusammengezählt hatte. Die Polizei! Die Polizei war da!
    »April!«, rief DI Reece und kam den Gartenweg heraufgelaufen. »Alles in Ordnung, mein Mädchen. Alles in Ordnung.« April warf sich in seine Arme.
    »Marcus!«, schluchzte sie. »Marcus ist wieder hier.«
    »Ich weiß, April. Wir haben ihn. Alle beide.«
    Sie sah ihn an. »Alle beide? Wen noch?«
    Er sah sie grimmig an. »Gabriel, April. Wir haben Gabriel ebenfalls verhaftet. Ich weiß, dass er nur helfen wollte, aber …«
    »Was? Aber wieso haben Sie Gabriel verhaftet? Und nicht Marcus?«
    Reece sah zu der Frau hinüber, die kaum merklich den Kopf schüttelte.
    »Marcus konnten wir nicht verhaften. Er ist tot.«

Dreiundzwanzigstes Kapitel

    A pril trat durch die offenen Tore und zog vorsichtig ihren Schal ein Stück weiter hoch. Ihr Hals fühlte sich immer noch wund an. Heute schien es kälter zu sein, aber vielleicht bildete sie es sich auch nur ein. Der Kies knirschte unter ihren Schuhen. Da war es: Kenwood House. Sie hatte schon lange vorgehabt, es zu besichtigen. Das klassizistische Herrenhaus war gerade einmal zehn Minuten Fußweg von zu Hause entfernt, trotzdem hatte sie es nie geschafft. Das Bedürfnis, zum Friedhof zu gehen, war stets stärker gewesen. Der Sog der Vergangenheit.
    Drei Tage waren vergangen, seit die Polizei Gabriel festgenommen hatte. Verdacht auf Totschlag, lautete die offizielle Begründung. April hatte noch immer keine Ahnung, was vorgefallen war, aber vermutlich war Gabriel ihr nach ihrer Auseinandersetzung gefolgt und hatte sich Marcus vorgeknöpft, nachdem April geflohen war. Davon schien auch die Polizei auszugehen – sie hatten von ihr verlangt, die Vorfälle wieder und wieder in sämtlichen Einzelheiten zu schildern, bis sie das Gefühl gehabt hatte, den Verstand zu verlieren. Aber wenigstens hatten sie sie nicht gezwungen, mit Dr. Tame zu reden. Natürlich war ihre Mutter völlig ausgeflippt, weil die Polizei nicht verhindert hatte, dass der psychopathische Killer sie ein zweites Mal angegriffen hatte. Sie würde dafür sorgen, dass Köpfe rollten, hatte sie gedroht, und nach DI Reeces Miene zu schließen, war er ganz ihrer Meinung. Inzwischen hatten zu allem Überfluss auch noch die Klatschblätter Wind von den Vorfällen bekommen und traten die Story genüsslich breit: »Tochter von abgeschlachtetem Journalisten zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen angegriffen worden. Polizei machtlos«, lautete eine von vielen Schlagzeilen. Der arme Mr Reece. Mit seinem Kleinwagen-Einsatztrupp und seinen Nachbarschaftsbefragungen hatte er keinerlei Chance, ein Vampirnest auszuheben.
    Langsam ging sie den Weg zum Herrenhaus entlang, spähte durch die Glastüren und schlenderte an den weißen Marmorsäulen vorbei. Außer ihr war fast niemand hier. Kenwood war ein Ort, den die Leute bevorzugt im Sommer besuchten, um auf den Rasenflächen zu picknicken oder durch die Gärten zu spazieren.
    Abgesehen von ein paar Kratzern war sie unverletzt geblieben – »diesmal«, wie Silvia den Polizeichef am Telefon angebrüllt hatte, doch am allerschlimmsten war dieses Gefühl der Verletzlichkeit, das sie seitdem nicht mehr losließ.

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