Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
Davina sie schminkte – dezenter und natürlicher, als sie es jemals hinbekommen hätte. Dann legte sie ein Kleid für sie heraus, das ihre Kurven perfekt zur Geltung brachte, und dazu ein Paar geradezu schwindelerregend hoher Schuhe.
»Wow!«, stieß April hervor und betrachtete sich im Spiegel. »Bin das wirklich ich?«
»Ja, bist du, Süße«, sagte Davina.
Es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Sie wirkte auf einmal so erwachsen. Ihr Haar glänzte dank der etwas dunkleren Tönung wie noch nie zuvor. Vielleicht besitzen Vampire in Wahrheit ja gar keine übernatürliche Schönheit, dachte sie , sondern haben nur eine gute Beauty-Beraterin.
»Also, ich finde jedenfalls, du siehst viel zu toll aus, um zu Hause herumzusitzen.« Davina griff zum Hörer. April sah sie fragend an, doch Davina lächelte nur und hob einen Finger. »Hi, Miggy, hast du Zeit?«, fragte sie. »Hervorragend. Könntest du in einer Viertelstunde draußen warten? Wir gehen ins Dorch. Könntest du schon mal anrufen und einen Tisch bestellen? Wunderbar. Du bist ein Schatz.«
Sie legte auf und grinste April an. »Los, wenn du schon mal schwänzt, müssen wir das Maximum aus der freien Zeit herausholen. Ich lade dich zum Tee ein.«
»Nein, ehrlich, das geht doch nicht. Ich kann nicht. Ich sollte …«
»Was? Hausaufgaben machen? Dich nicht mal ganz anders anziehen als sonst? Komm schon, meine Mutter ist im Spa und braucht Miguel heute nicht, deshalb hat er massenhaft Zeit. Außerdem ist er ein echter Hingucker. Und da du irgendwann ja sowieso etwas essen musst, kannst du es genauso gut mit etwas Stil tun.«
April wollte weiter protestieren, doch Davina hob die Hand. »Dafür ist jetzt keine Zeit«, sagte sie, zog sich ihren Kaschmirpullover über den Kopf und ging ins Ankleidezimmer. »Ich habe nur eine Viertelstunde, um mich genauso in Schale zu werfen wie du. Dafür werde ich jede Hilfe brauchen, die ich kriegen kann.«
Obwohl sie einem Vampirmädchen gegenübersaß, die durchaus jemanden getötet haben könnte, den sie kannte, amüsierte April sich prächtig. Ohne die anderen Schlangen erwies Davina sich ein weiteres Mal als überaus witzige und selbstironische Gesprächspartnerin. Keine Spur von ihrer üblichen Großspurigkeit und Angeberei, obwohl es auf der Hand lag, dass sie keineswegs zum ersten Mal im Teesalon des Dorchester zu Gast war. April hatte nicht einmal gewusst, dass er überhaupt existierte.
»Oh, hallo Jamie«, begrüßte sie einen auffallend attraktiven Kellner mit Gesichtszügen von einer Klarheit, als wären sie in Marmor gemeißelt, und einem Körper, der trotz seines weißen Hemds keinen Zweifel daran ließ, dass er Stammgast im Fitnessclub war. Er lächelte sie an.
»Hallo, Miss Osbourne.«
»Wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass Sie mich Davina nennen sollen?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Tut mir leid, Miss Osbourne«, sagte er. »Aber das ist Vorschrift. Übrigens noch mal danke, dass Sie sich bei Guido für mich einsetzen wollen.«
»Kein Problem.« Sie berührte flüchtig seine Hand. »Bringen Sie uns bitte noch zwei von denen, ja?«
Sie hob ihr Glas. Davina hatte darauf bestanden, dass sie Champagner tranken. »Schließlich haben wir etwas zu feiern, oder etwa nicht? Die echte April Dunne ist endlich zum Vorschein gekommen.«
Als er verschwunden war, beugte Davina sich vor. »Ich habe vor, ihn mit einem Agenten bei W2 Models zusammenzubringen. Er ist viel zu attraktiv, um für den Rest seines Lebens Tee und Sandwiches zu servieren.«
»Genau das meinte ich vorhin, als ich sagte, du wärst netter, als man immer glaubt.«
Davina winkte ab. »Vielleicht habe ich ja auch noch andere Pläne mit Jamie«, fuhr sie grinsend fort.
April fragte sich, was sie damit sagen wollte. Hatte sie nur vor, mit ihm auszugehen, oder würde sie sein Blut trinken? Oder plante sie, eine männliche Kate Moss aus ihm zu machen und ihn für die Vampir-Pläne einzuspannen? Vielleicht lag es am Champagner, aber inzwischen konnte April sich Davina beim besten Willen nicht mehr als ein blutrünstiges Monster vorstellen. Stattdessen saß ihr eine verletzliche, lustige und überaus reale junge Frau gegenüber, die sich mit traumwandlerischer Sicherheit in diesem Prunk und Luxus bewegte. April ließ den Blick über die hohen Marmorsäulen, die pausbäckigen Putten an der Raumdecke und die Samtvorhänge schweifen – das Ambiente mochte ein wenig verstaubt und altmodisch sein, aber gleichzeitig war es unglaublich glamourös und
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