Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
chic. Sie biss in ihr Blätterteigteilchen und lehnte sich zurück.
»Daran könnte ich mich gewöhnen«, sagte sie.
Davina zeigte mit dem Finger auf sie.
»Ich wusste doch, dass es dir gefallen würde. Unter der reservierten britischen Schale schlummert eine Diva, die nur darauf wartet, ins Licht der Öffentlichkeit zu treten.«
Kichernd nippte April an ihrem Champagner.
Davina sah auf ihre Uhr. »Okay, willst du zurück zu deinem Computerclub oder womit du deine Nachmittage sonst so verbringst, oder sollen wir uns lieber die Nägel machen lassen?«
»Wenn du mich so fragst – lieber die Nägel.«
Davina lächelte. »Ich rufe Miguel an. Heute Abend wirst du noch toller aussehen als ich, und das will etwas heißen.«
Ein angenehm benommenes Glücksgefühl durchströmte April. Es war herrlich, einmal so richtig unartig und dekadent zu sein. Sie würde auf keinen Fall nach Hause zu ihrer Mutter zurückkehren, wo sie sowieso nur Gezeter und lautstarke Auseinandersetzungen erwarteten. April ging jede Wette ein, dass der Falke längst bei Silvia angerufen und sich unter dem Vorwand der »Sorge um ihr Wohlergehen« nach April erkundigt hatte, obwohl er mit seiner aufgesetzten Loyalität doch nur verhindern wollte, dass Silvia ihm einen Prozess anhängte. Sie verzog das Gesicht.
»Was ist?«, fragte Davina.
»Ich habe nur gerade an den Falken und an meine Mutter gedacht.«
»Was ist mit den beiden?«, fragte Davina argwöhnisch.
»Ach, er schnüffelt ständig herum und taucht zu den merkwürdigsten Zeiten zu einem Pläuschchen mit meiner Mutter bei uns auf. Ich glaube, er ist hinter ihr her.«
»Igitt, das ist ja widerlich! Und wie findet deine Mum das? Dein Vater ist schließlich erst seit ein paar Wochen tot.«
»Wem sagst du das? Der Typ macht mir echt Angst.«
»Ach, der Falke ist ganz harmlos. Er möchte uns gern vormachen, er sei der große Oberboss in Ravenwood, dabei ist er nur ein Handlanger.«
Nun war Aprils Neugier erwacht.
»Und wer hält dann die Fäden in der Hand?«
»Oh, irgendwelche fetten Milliardäre«, antwortete Davina ausweichend. »So wie mein Vater über sie redet, müssen sie ziemlich mächtig sein. Ich würde jedenfalls im Moment nicht in seiner Haut stecken wollen.«
»Wieso, was hat er denn getan?«
»Ich glaube, es geht eher darum, was er nicht getan hat. Die Schule bringt nicht so viele Genies hervor, wie sie sollte oder so. Daddy ist sowieso stocksauer auf ihn. Und der Schulbeirat und der Bürgermeister sind alles andere als glücklich über diese Skandale, über die auch noch ständig in der Zeitung berichtet wird. Zuerst Layla und jetzt Marcus. Deshalb würde ich mir wegen Sheldon keine allzu großen Sorgen machen. Könnte sein, sie werfen ihn hochkant hinaus, noch bevor er sich richtig an deine Mum heranmachen kann.«
Davina wusste offensichtlich wesentlich mehr, als sie preisgab – ein weiterer Grund, ihre Nähe zu suchen. Vielleicht konnte sie ja noch mehr aus ihr herausholen. Caro wäre begeistert. Obwohl sie all das natürlich nicht für sie tat. Sie hatte die Nase gestrichen voll von Caro und ihrer Päpstlicher-als-der-Papst-Tour. Nein, April hatte genug durchgemacht. Höchste Zeit, sich ein bisschen zu amüsieren. Davina zückte ihre glänzende schwarze Kreditkarte (»Na ja, in Wahrheit gehört sie Mummy, aber sie lässt ständig ihre PIN-Nummer herumliegen …«) und zahlte die Rechnung, dann stöckelten sie durch die Lobby nach draußen, wo Miguel sie bereits erwartete. Seufzend ließen sie sich in die weißen Ledersitze sinken, ehe Davina ihr Handy herauszog und etwas einzutippen begann.
»Wem schreibst du da?«
Davina tippte sich mit dem Finger gegen die Nase. »Spaß, Spaß und noch mehr Spaß«, erklärte sie und beugte sich zu Miguel vor. »Kleiner Umweg, Miggy. Fahr doch bitte kurz bei Selfridges vorbei, okay?«
Am Straßenrand warteten Chessy und Ling bereits auf sie. Aprils Mut sank. Sie hatte es so genossen, ihre neu gewonnene Freiheit mit Davina zu feiern, die sich als warmherzig, offen und erstaunlich sensibel entpuppt hatte, doch April wusste genau, was passieren würde, wenn die restlichen Schlangen erst einmal zu ihnen gestoßen waren: Davina würde wieder zur modesüchtigen Dompteuse werden, die jeden die Peitsche spüren ließ, der es wagte, aus der Reihe zu tanzen.
»Mach doch nicht so ein Gesicht«, meinte Davina, als Miguel ausstieg, um den beiden Mädchen den Schlag zu öffnen. »Das wird lustig, versprochen.«
»Hi, April«,
Weitere Kostenlose Bücher