Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
zwitscherten Ling und Chessy wie aus einem Munde und quetschten sich in den Fonds der Limousine, der so eng war, dass Ling sich auf Chessys Knie setzen musste. »Was für ein glücklicher Zufall, was?«, säuselte Chessy. »Wir haben gerade eine Uhr für Ling gekauft.« Voller Stolz präsentierte Ling eine brillantbesetzte Golduhr an ihrem Handgelenk. »Ist die zu protzig, was meint ihr?«, fragte sie schmollend.
»Nur ein kleines bisschen«, gab Davina lächelnd zurück. »Aber damit hast du wenigstens etwas, womit du angeben kannst.«
Der Wagen hielt vor einem Nagelstudio in Mayfair. Schwatzend und lachend stiegen die vier aus und gingen hinein. Ling belegte Davina mit Beschlag und plapperte über ihre neue Uhr, deshalb setzte April sich neben Chessy. Sie hatte bisher so gut wie kein Wort mit ihr gewechselt, und wenn April ehrlich war, jagte Chessy ihr sogar ein ganz klein wenig Angst ein. Sie wirkte so distanziert und unnahbar, wenn sie mit ihrem überheblichen Lächeln mit den anderen Schlangen zusammenstand. Und die Tatsache, dass sie am besten von ihnen aussah, war auch nicht gerade hilfreich.
»Wie geht es dir so? Nach diesem ganzen Drama, meine ich«, sagte Chessy, während die Maniküren, deren Gesichter zur Hälfte von einem weißen Mundschutz verdeckt waren, zu feilen begannen.
»Besser, als man annehmen würde. Es ist fast, als würde ich mich allmählich daran gewöhnen, dass jemand auf mich losgeht.«
»Du bist unglaublich tapfer«, bemerkte Chessy. »Ich wäre komplett ausgeflippt, wenn mir das passiert wäre. Ich wünschte, ich hätte deine Stärke.«
April musterte Chessy forschend, doch die Bemerkung schien nicht sarkastisch gemeint gewesen zu sein. Damit hatte April nicht gerechnet.
»Na ja, ich würde mich nicht unbedingt als stark bezeichnen …«, murmelte sie.
»Bloß keine falsche Bescheidenheit«, sagte Chessy. »Überleg nur mal, was du durchgemacht hast. Zuerst der Umzug und eine neue Schule voller durchgeknallter Idioten, wenn ich es mal ganz offen sagen darf.« Sie beugte sich vor und senkte die Stimme. »Und ich schließe uns da nicht aus. Sich in Ravenwood einzugewöhnen muss wirklich schwer sein.«
»Nein, eigentlich nicht, aber es gibt eben ein paar ziemlich coole Leute dort.«
»Trotzdem. Als Nächstes die Sache mit dieser fürchterlichen Isabelle, dann dein Dad … wen würde so was nicht umhauen? Ich an deiner Stelle wäre längst in der Klapse gelandet. Und dann fällt auch noch ein Wahnsinniger über dich her. Ganz ehrlich, April, ich habe keine Ahnung, wie du das wegsteckst.«
»Wie gesagt, manche Leute waren unglaublich nett zu mir. Davina ist wirklich toll.«
Chessy lächelte boshaft, senkte die Stimme und sah zu den beiden hinüber, die sich über irgendeinen angesagten Club in Mayfair unterhielten. »Vina ist ein echter Schatz, das stimmt. Aber findest du nicht, dass sie sich ein bisschen zu wichtig macht?«
April schlug sich die Hand auf den Mund und kicherte unterdrückt.
»Na ja, manchmal vielleicht.«
»Meistens, meinst du wohl eher«, korrigierte Chessy lächelnd. »Sie kommandiert ständig alle Leute herum, als wüsste sie alles besser. Und sie drängt jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist, ihre berühmten Umstylings auf, dabei könnte sie selber ein bisschen Unterstützung gut gebrauchen.«
April hatte Mühe, nicht laut hinauszuprusten.
»Ich persönlich glaube ja, sie ist ein klein bisschen eifersüchtig auf dich.«
»Auf mich? Weshalb sollte sie?«
»Weil du alles im Griff hast. Bei dir läuft alles wie geschmiert.«
»Bei mir? Nein! Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Davina ein Problem mit ihrem Selbstwertgefühl hat.«
»Tja, Arroganz ist normalerweise ein Mittel, um die eigene Unsicherheit zu überdecken.«
April sah sie verblüfft an. Chessy lächelte. »Das habe ich in der Glamour gelesen«, gestand sie kichernd. »Trotzdem ist es wahr, oder nicht? Sie ist weltgewandt und schön, aber eben nicht cool. Zickig trifft es wohl eher.«
Diesmal konnte April sich nicht beherrschen und brach in lautes Gelächter aus.
»Über wen zieht ihr beide denn her?«, fragte Davina.
»Über die beiden da draußen«, antwortete Chessy und deutete auf zwei Mädchen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die eine wilde Mischung aus Nobelfashion und Vintage-Exzentrik trugen. Sie hatten sich im Geisha-Stil geschminkt, das Haar streng aus dem Gesicht frisiert und trippelten in Miniröcken und Plateauschuhen den Gehsteig entlang.
»April
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