Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
jedenfalls nicht mehr da.«
April warf einen Blick in das Schränkchen. Es war leer, aber die Staubspuren ließen eindeutig darauf schließen, dass hier Bücher aufbewahrt und erst kürzlich entfernt worden waren.
»Schhh«, zischte April. »Da kommt jemand!«
Caro kauerte sich hinter den Schreibtisch, während April sich hinter die Tür verdrückte. Beklommen verfolgte sie, wie Layla hereinkam und auf leisen Sohlen zur Hausbar schlich. Behutsam öffnete sie die Vitrine, schenkte sich einen Brandy ein und stellte die Flasche zurück. Als sie sich umwandte und April erblickte, verschüttete sie vor Schreck den halben Inhalt ihres Glases.
»Oh Gott!«, platzte sie heraus, während sie versuchte, die Flüssigkeit von ihrem eisvogelblauen Kleid zu wischen. »Das ist Seide, wie soll ich die Flecken wieder rauskriegen! Was zum Teufel hast du hier zu suchen?«
»Wieso? Ich habe mich doch bloß versteckt.«
Layla musterte April finster. »Hinter einer Tür? Was Besseres ist dir nicht eingefallen?«
»Bis jetzt habe ich nichts Besseres gefunden«, gab April zurück und schlüpfte aus dem Zimmer, um zu vermeiden, dass Layla auch noch Caro entdeckte.
»Dann würde ich mich mal lieber beeilen«, sagte Layla spöttisch. »Die anderen sind schon auf dem Weg, und Davina wird ausflippen, wenn sie mitkriegt, dass du hier drin warst. Ihr Vater ist ziemlich eigen mit seinen Büchern.«
»Bestimmt sieht er es auch nicht gern, wenn sich jemand an seiner Hausbar vergreift«, gab April zurück. Sie warf einen Blick auf das Glas in Laylas Hand. »Vielleicht sollten wir lieber beide den Mund halten, meinst du nicht auch?«
April lief zurück in Richtung Eingangshalle. Aus dem oberen Stockwerk drangen Getrampel und Gelächter, aus der Küche hörte sie laute Rufe. Bestimmt waren die Ersten nicht mehr weit entfernt. Sie erreichte die Eingangshalle und öffnete eine kleine Tür – sie gehörte zu einem begehbaren Wandschrank, in dem Jacken und Mäntel hingen. Perfekt. Sie schob ein paar Mäntel zur Seite, schlüpfte hinein und schloss die Tür hinter sich. Obwohl es eigentlich ganz gemütlich war, gelang es April nicht, sich zu entspannen. Die ganze Zeit gingen ihr dieselben Fragen im Kopf herum: Wo steckte Gabriel? War er ebenfalls auf der Suche nach ihr, um sie als Erster zu finden und ein paar heimliche Küsse zu tauschen? Oder tat er so, als würde sie gar nicht existieren, und lag mit irgendeiner Schlampe im Bett? April war bewusst, dass sie sich auf dieses Arrangement eingelassen hatte, und natürlich war ihr klar, dass es nur vernünftig war, so zu tun, als könnten sie sich nicht leiden. Aber musste er seine Rolle unbedingt so gut spielen?
Sie erstarrte, als die Schranktür geöffnet wurde und jemand mit blonden Haaren hereinspähte. Es war Ben.
»Aha! Meine detektivischen Fähigkeiten haben sich mal wieder bewiesen«, flüsterte er. »Tja, wie waren noch die Regeln? Jetzt muss ich auch in dein Versteck kommen, stimmt’s?«
»Äh, ja, ich glaub schon«, erwiderte April, während Ben die Tür schloss, sich zwischen die Mäntel drängte und neben sie kauerte, sorgsam darauf bedacht, die rote Flüssigkeit in seinem Glas nicht zu verschütten.
»Alles okay?«, fragte er. »Ich habe meiner Dumpfbacke von Schwester klipp und klar gesagt, dass es für dich bestimmt kein Spaß ist, hier im Dunkeln herumzutappen, aber sie war nicht davon abzubringen.«
»Keine Sorge, mir geht’s gut.« April rang sich ein Lächeln ab. »Mir gehen nur tausend Dinge im Kopf herum, und …«
Unter anderem, dass sie seinen Oberschenkel an ihrem spürte und er sich ganz warm anfühlte. Klar, natürlich wollte sie Gabriel nicht mal in Gedanken untreu werden, aber … Wo steckte er bloß?
»Tja, das hier hilft vielleicht«, sagte Ben und reichte ihr seinen Drink. April nahm einen Schluck und verzog das Gesicht.
»Zu stark?« Er lächelte. »Ist eigentlich auch nicht so richtig mein Geschmack. Wenn du mich fragst, hat Caro mit ihrer Auswahl voll ins Schwarze getroffen. Ihre Cherryade schmeckt mir tausendmal besser als diese Cocktails, und Davinas geliebte Kanapees sind garantiert noch nie so schnell verschwunden wie Caros Würstchen.«
»Vielleicht sind wir ja nicht so alt, wie wir immer gern wären«, erwiderte April, während ihr im selben Moment die Ironie ihrer Worte aufging. Durchaus möglich, dass Ben zweihundert Jahre alt war. Trotzdem er sah absolut super aus. Hör auf damit, April , ermahnte sie sich. Vergiss nicht, dass er ein Vampir
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