Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
auftreiben könnte?«
»Vielleicht in Turin? Oder Jordanien. Dort gibt es einen Riesenmarkt für ausgefallene Bücher.«
April starrte ihn mit offenem Mund an.
»Jordanien im Nahen Osten?«
»Ja, genau.« Er kramte in seinen Prospekten und förderte einen mit dem Titel »Die Sieben-Weltwunder-Tour« zutage. »Siehst du?« Er deutete auf verschiedene Fotos. »Luxor, das Bergland von Edom, das ehemalige Babylon …«
»Aber ich kann nicht dort hinfahren«, erwiderte April frustriert. »Ich brauche das Buch jetzt sofort.«
Mr Gill sah sie mitfühlend an.
»Ich würde dir wirklich gern helfen, aber es ist gefährlich, sich auf solche Dingen einzulassen.«
»Glauben Sie etwa, ich will die Zaubersprüche in dem Buch missbrauchen?«
»Nein. Wenn du mich fragst, ist schwarze Magie ohnehin Unfug. Aber jene Menschen, die sich damit befassen, sind gefährlich. Und ich habe das dumpfe Gefühl, dass diese Gestalten mitten unter uns sind.«
»Was?«
»Oh, ich mag ein alter Mann sein, aber ich lebe lange genug, um mich an bestimmte Dinge zu erinnern. Ich habe gehört, was mit dir geschehen ist. Und natürlich mit deinem Vater. Es tut mir leid, aber dahinter steckt ein Muster. Ich glaube auch nicht, dass dein Vater das letzte Opfer sein wird.«
»Aber wir können doch nicht zulassen, dass das Böse die Oberhand gewinnt, Mr Gill.«
Mr Gill setzte seine Teetasse ab und nickte nachdenklich. »Nein, das wäre wohl ganz und gar nicht gut.«
»Was kann ich dann tun?«
Mr Gill stand auf, trat zu April und deutete aus dem Fenster. Vor ihnen erhob sich der Turm von St. Michael, dessen Wetterfahne in Form eines Fuchses sich träge im Wind drehte.
»Richte den Blick ins Licht, wenn die Nacht anbricht, mein Kind«, sagte er.
April bedankte sich bei Mr Gill und verließ die Buchhandlung, während er sich bereits wieder einem Buch über Binnenwasserstraßen in Europa widmete. Sie hätte gern mehr Antworten von dem alten Mann erhalten, doch ihr war bewusst, dass sie an anderer Stelle Nachforschungen anstellen musste. Und die Kirche war immerhin ein weiterer Anhaltspunkt. Schließlich überblickte man von St. Michael den Friedhof – und ob Zufall oder nicht, aber der Friedhof stand im Mittelpunkt all der schrecklichen Ereignisse, die im Viertel vorgefallen waren. Außerdem war er nicht ganz so weit entfernt wie der Nahe Osten. Sie ging den South Grove entlang, den Blick auf die schwarze Kirchturmspitze gerichtet, als ihr plötzlich ein weiterer Streifenwagen ins Auge fiel, der vor ihrem Haus parkte.
Oh Gott, nicht schon wieder, dachte sie. Bitte nicht noch mehr schlechte Neuigkeiten. Sie rannte über den Platz und stürmte ins Haus.
DI Reece saß im Wohnzimmer. Er hatte sich auf die Kante seines Stuhls gequetscht und hielt eine Tasse samt Unterteller in Händen. Und so wie Silvia ihn anfunkelte, schien er keine besonders angenehme Zeit in ihrer Gesellschaft verbracht zu haben.
»Was ist passiert?«, platzte April heraus. »Gibt es etwas Neues wegen Dad?«
»Nein«, sagte Silvia mit unverhohlener Wut. »Wir haben gerade über die sogenannten Ermittlungen des Inspectors gesprochen. Offenbar sind ihm die Ideen ausgegangen.«
»Das habe ich nicht gesagt, Mrs Dunne«, wandte Reece ein. »Sondern nur, dass uns das vorhandene Spurenmaterial leider nicht weitergebracht hat. Was aber nicht bedeutet, dass wir nicht nach wie vor in alle Richtungen ermitteln.«
Silvia verengte die Augen zu Schlitzen. »Inspector, mir scheint, als …«, begann sie, doch April schnitt ihr das Wort ab.
»Weswegen sind Sie dann hergekommen, Mr Reece? Haben Sie Marcus gefunden?«
»Leider nicht.« DI Reece blickte nervös zu ihrer Mutter hinüber – offenbar machte er sich bereits auf den nächsten Wutanfall gefasst.
»Lass ihn doch, Mum«, sagte April. »Inspector Reece tut wirklich sein Bestes.«
»Nur leider ist das Beste nicht gut genug. Mein Mann ist ermordet worden, und auf meine Tochter wurde ein Mordanschlag verübt! Da darf ich, mit Verlaub, von der Polizei doch wohl etwas mehr erwarten, als ständig damit abgespeist zu werden, dass es keine neuen Erkenntnisse gibt!«
»Ich verstehe ja Ihre Enttäuschung, Mrs Dunne …«
»Tatsächlich? Haben Sie jemals einen geliebten Menschen zu Grabe getragen?«
Reece hielt kurz inne.
»Ja«, sagte er dann. »Durchaus.«
»In diesem Fall verstehen Sie bestimmt, dass ich etwas klarere Antworten von Ihnen haben will. Zum Beispiel auf die Frage: Was genau unternimmt die Polizei, um weitere Anschläge auf
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