Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
Stich.
»Suchst du nach etwas Bestimmtem?«, erkundigte sich Jessica. »Du …«
»Ja?«
»Natürlich kommen alle möglichen Leute hierher, aber du machst nicht gerade den Eindruck, als hättest du von Natur aus ein großes Interesse an Okkultem.«
April lachte.
»Das stimmt. Ich … na ja, ich arbeite an einem Projekt.«
»Verstehe. Wie lautet das Thema?«
April sah sich im Laden um, doch außer ihnen war niemand hier. »Vampire.«
Jessica nickte – eindeutig nichts Ungewöhnliches für sie. »Welche Art von Vampiren denn?«
»Gibt es verschiedene Sorten?«
Jessica lächelte ein wenig betrübt. »Hier entlang«, sagte sie und führte April in den hinteren Teil des Ladens. »Das hier ist meine Vampirabteilung.«
»Wow«, stieß April hervor. Es gab Bücher über osteuropäische Vampire, Hammer-Horror-Vampire, Vampire als Symbol für Suchtverhalten und Sexualität, übersinnliche Vampire, Bücher über Menschen, die sich einbildeten, ein Vampir zu sein, Bücher über echte, blutrünstige Serienkiller und allerlei Romane, die vorwiegend in amerikanischen Kleinstädten angesiedelt waren. April konnte nur den Kopf schütteln und lachen.
»Ich war in der Bibliothek, aber dort findet man gerade mal drei Bücher über Vampire.«
»Deshalb existieren wir auch schon seit 1892. Es gab schon immer Menschen, die an diese Dinge geglaubt haben.«
»Sie etwa nicht?«
Jessica sah April an. »Ich glaube an Dinge, die ich mit eigenen Augen sehen kann, was eine ganze Menge von dem ausschließt, was ich hier zum Verkauf anbiete. In diesen Büchern steht eine Menge Unsinn, aber auch die eine oder andere Wahrheit. Und genau diese Wahrheiten sind der Grund, weshalb ich diesen Laden weiter betreibe, ansonsten hast du völlig recht – ich könnte mir genauso gut Strickbücher ins Regal stellen.«
»Die Wahrheit. Genau das, wonach ich suche«, sagte April. »Offen gestanden bin ich auf der Suche nach einem ganz bestimmten Buch – dem Liber Albus.«
Jessicas Züge verhärteten sich.
»Kennen Sie es?«
»Natürlich kenne ich es.« Jessicas anfängliche Freund-lichkeit war schlagartig verschwunden. »Aber wenn du nur meine Zeit vergeudest, muss ich dich bitten, jetzt zu gehen.«
Sie zeigte zur Tür. »Dort entlang.«
April runzelte die Stirn. »Tut mir leid, ich wollte Sie nicht verärgern. Ich versichere Ihnen, dass ich allen Ernstes auf der Suche nach diesem Buch bin, und ich habe keine Ahnung, wo ich es finden könnte, außer in Ihrem Laden.«
»Es gibt massenhaft Buchhandlungen in London. Wieso suchst du dir nicht eine von denen für deine albernen Schulmädchenstreiche aus?« Sie öffnete die Tür und deutete in Richtung Straße. Es lag auf der Hand, dass sie die Frau verärgert hatte, doch April hatte keine Ahnung, wodurch.
»Bitte«, sagte sie verzweifelt. »Das ist kein dämlicher Streich. Ich weiß nicht, womit ich Sie so verärgert habe, aber es ist wirklich wichtig.«
Die Frau kreuzte die Arme vor der Brust. »Ach ja? Und wieso?«, fragte sie skeptisch.
»Weil mein Freund sterben wird, wenn ich es nicht finde.«
Jessica musterte April forschend, dann schloss sie die Tür wieder. »Na gut«, sagte sie. »Erzähl mir, wieso du das Buch so unbedingt haben willst.«
April zögerte. Sie brauchte dringend Informationen, und diese Frau schien die Welt des Okkulten in- und auswendig zu kennen. Trotzdem stand sie wieder einmal vor derselben Frage, die sich wie ein roter Faden durch ihre Suche zog: Konnte sie ihr vertrauen?
Eines stand inzwischen fest: Sie musste Risiken eingehen, sonst würde sie ihr Ziel nie erreichen. Und sie brauchte Verbündete, und zwar dringend.
»Ich brauche dieses Buch, weil … tut mir leid, aber es klingt völlig verrückt.«
Ein angedeutetes Lächeln erhellte Jessicas Züge. »Sieh dich mal um, April. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es noch verrückter ist als alles, was ich hier schon gehört habe.«
»Okay, wie wär’s damit?«, sagte April. »Mein Vater wurde ermordet, meine Schule wird von einer Horde blutrünstiger Vampire heimgesucht, die sich problemlos im Tageslicht bewegen können und ein scheinbar normales Leben führen, und mein Freund wird an einem übernatürlichen Virus sterben, wenn ich dieses Buch nicht auftreibe.«
April spürte, wie sich ihre Augen erneut mit Tränen füllten. Ich muss endlich damit aufhören , dachte sie. Ich bin immerhin die Scheißfurie, verdammt noch mal!
»Komm«, sagte Jessica, legte eine Hand auf Aprils Schulter und führte sie zu dem
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