Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
aus wie in jeder kettenunabhängigen Buchhandlung. Was hast du erwartet? Dass Totenschädel von der Decke baumeln? An einem Tisch saß eine hübsche Frau, die von ihrem Buch aufsah und April anlächelte, aber keine Anstalten machte aufzustehen. April schlenderte an den Regalen entlang, als würde sie so etwas jeden Tag tun. Es gab erstaunlich viele moderne Bücher über Geister, die Kunst des Tarotkartenlesens und ein Genre namens »übersinnliche Romantik«. April gestattete sich ein ironisches Lächeln. Schade, dass meine eigene Liebesgeschichte ein bisschen anders abläuft als in diesen Büchern , dachte sie. An der Wand hing sogar eine Schiefertafel, auf der Kaffee und Kuchen angeboten wurden. Der Laden wirkte nicht wie eine Hexenküche, eher wie ein Internetcafé. Plötzlich kam ihr ein Gedanke – genau in dieser Art Laden fand man üblicherweise die Bücher ihres Vaters in den Regalen. Sie trat vor die Abteilung »Verschwörungen« und siehe da – die ganze Palette: William Dunnes Name zierte eine ganze Reihe von Buchrücken. Sie streckte die Hand aus und zog Unter dunklen Wellen: Das Rätsel um das Ungeheuer von Loch Ness heraus – jenes Buch, über das sie an diesem Morgen mit Gabriel gesprochen hatte, als er ihr von ihrem Geburtsmal erzählt hatte, das bewies, dass sie die Furie war. April hörte Schritte hinter sich, stellte das Buch eilig ins Regal zurück und zog einen Band über Traumdeutung heraus. Sie wollte nicht von der Ladenbesitzerin in ein Gespräch über ihren Vater verstrickt werden.
»Das ist ein ziemlich aufschlussreiches Werk über die Deutung von Träumen«, sagte die Frau. »Ich habe zufällig erst vor ein paar Tagen etwas darin nachgeschlagen, weil ich einen ziemlich seltsamen Traum über Robert Pattinson hatte.«
»Ich glaube, den hatte ich auch schon mal«, gab April zurück.
Die Frau lachte.
»Wahrscheinlich nicht ganz genau denselben wie ich«, meinte sie. »In meinem betrieb er ein Karussell auf dem Rummelplatz, wollte mich aber nicht einsteigen lassen.« Sie nickte in Richtung des Buches. »Scheint so, als hätte ich Angst vor Zurückweisung.«
»Verstehe«, murmelte April und fragte sich, ob die Frau ihr nur bei der Auswahl helfen wollte oder vielmehr Lust auf ein Plauderstündchen hatte. Genau das war der Grund, weshalb sie ihre Bücher lieber in einer der Riesenfilialen einer Buchhandelskette kaufte.
»Ich habe dich hier noch nie gesehen«, fuhr die Frau fort.
»Nein, ich bin auch das erste Mal hier. Falle ich sehr auf?«
Die Frau verdrehte die Augen. »Du kannst dir bestimmt denken, dass wir sehr viele Stammkunden haben, teilweise recht interessante Zeitgenossen.« Sie senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Deshalb ist es immer schön, zur Abwechslung mal einen richtigen Menschen hier drin zu haben. Ich bin übrigens Jessica und betreibe diesen Laden hier.«
»Ich bin April. Wenn ich mir Ihre Auswahl so ansehe, kann ich mir vorstellen, dass Sie ziemlich spezielle Kunden haben müssen.«
Jessica runzelte die Stirn.
»So habe ich es nicht gemeint«, fügte April eilig hinzu. »Ich meine, hier gibt es viele Bücher über Magie und solche Dinge. Wären Ihre Kunden ganz normal, hätten Sie wahrscheinlich mehr Bücher über Golfen, Stricken oder dergleichen.«
»Stimmt, aber das würde die Arbeit auch nur halb so lustig machen.«
April fiel etwas ins Auge. Sie trat auf die andere Seite des Raums und blieb vor einem Foto von Alix Graves stehen, auf dem er einer Frau die Hand schüttelte – Jessica.
»Ah, unser Promi-Kunde«, sagte die Frau. »Alix war ein paarmal hier. Ich glaube, er brauchte Inspiration für die Titel seiner Songs.«
April musterte Jessica. Sie war hübsch, etwa Anfang zwanzig, mit langem braunem Haar, das sie zu einem lockeren Knoten im Nacken frisiert hatte, und einer schlichten Strickjacke über einem Kleid – ein lässiges Outfit, das auf den ersten Blick willkürlich zusammengestellt wirkte, in Wahrheit jedoch mit viel Gespür ausgesucht worden war. Sie wirkte cool, sexy und sehr selbstbewusst. April wünschte, sie würde selbst eine Buchhandlung betreiben, wo sie den ganzen Tag mit einem Milchkaffee in der Ecke abhängen und schmökern könnte. Was für ein tolles Leben – ganz entspannt, ohne sich ständig Sorgen über Vampire, Prophezeiungen und derlei Dinge machen zu müssen. Stattdessen nichts als Bestellungen aufnehmen, Bücher einsortieren und mit den Stammkunden plaudern. April verspürte einen eifersüchtigen
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