Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
Herz gehabt.
April griff nach ihrem Telefon und drückte die Kurzwahltaste für Fionas Nummer.
»Hi, Süße, was liegt an?« Ein tiefes Glücksgefühl durchströmte April beim Klang der Stimme ihrer besten Freundin. Wenigstens eine Konstante in ihrem Leben.
»Unten spielt sich gerade ein Riesendrama ab. Meine Mutter versucht, dafür zu sorgen, dass der Polizeipsychologe gefeuert wird.«
»Du meine Güte. Was für ein Leben«, rief Fiona aufgeregt. »Erzähl!«
April schilderte die Ereignisse des Tages, allen voran ihre Begegnung mit Dr. Tame im Arbeitszimmer ihres Vaters.
»Das ist ja echt schräg. Irgendwie kommt mir dieser Dr. Tame seltsam vor. Bist du sicher, dass er wirklich für die Polizei arbeitet?«
»Was meinst du damit?« April hörte ihre Freundin im Hintergrund auf ihre Tastatur einhämmern.
»Na ja, die Befragungen fanden in Ravenwood statt und nicht auf dem Polizeirevier, und diese Therapie hört sich auch nicht gerade nach gängiger psychiatrischer Praxis an. Noch dazu, wenn er sie ganz allein, ohne Aufsicht eines Kollegen, durchführt.«
»Los, Fee, raus mit der Sprache, was denkst du?«
»Ich recherchiere doch nur ein bisschen … ah, hier haben wir ja schon etwas. Oh! Sieht ganz so aus, als wärst du nicht die Erste, die Dr. Tame fertiggemacht hat. ›Sachverständigenzeuge bringt Fall zum Platzen‹, steht hier. Und hier … sieht ganz so aus, als hätte der Typ erstklassige Beziehungen. Er hat als Lehrer und Rektor an verschiedenen Schulen gearbeitet, bevor er zur Polizei kam. Es gibt ein paar Fälle, in denen er Patienten mächtig auf die Füße getreten ist, aber am Ende hat er erreicht, was er wollte. Erinnerst du dich an den Bombenanschlag in der U-Bahn letztes Jahr?«
»Wieso nehme ich wohl den Bus, wann immer es geht?«
»Tja, Dr. Tame hat den Attentäter dazu gebracht, ein Geständnis abzulegen. Der Typ hat die gesamte Zelle auffliegen lassen. Sieht ganz so aus, als hätte er Erfolg mit seinen Methoden, auch wenn sie ziemlich fragwürdig sind.«
»Ziemlich fragwürdig … das kannst du laut sagen«, erklärte April. »Wie kann man zulassen, dass diese Methoden bei der Befragung von Teenagern angewandt werden?«
»Tja, das ist tatsächlich bedenklich.«
»Wie meinst du das?«
»Na ja, wenn die Polizei schon einen ›psychologischen Kettenhund‹ – dieser Ausdruck stammt nicht von mir, sondern aus dem Munde des ehrenwerten Kronanwalts George Framley-Green – auf eine Handvoll Teenager loslässt, dann beweist das, dass sie händeringend nach Resultaten suchen. Und was deine Mutter angeht, kann ich dir nur recht geben. Ich würde zwar nicht gern eine von Silvias Schimpftiraden über mich ergehen lassen wollen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie damit etwas erreicht. Und Laylas Vater mag ebenfalls ein einflussreicher Mann sein, aber davon laufen in Highgate eine ganze Menge herum. Ich schätze, da ist jemand fest entschlossen, dem Treiben in Highgate ein Ende zu setzen.«
»Das ist es gar nicht, was mir solche Sorgen macht. Ich will ja auch unbedingt, dass es endlich aufhört. Ich habe nur Angst, Tame könnte recht haben. Dass noch mehr Leute sterben werden, wenn ich ihnen nicht helfe.«
»Dann tu’s. Mal ernsthaft – was hält dich denn davon ab?«
»Die Tatsache, dass das alles so verrückt klingt, Fi! Soll ich etwa anrufen und sagen: ›Hey, ich dachte, es interessiert Sie vielleicht, aber eine Handvoll Vampire sind für all die Morde verantwortlich.‹?«
»Wie wär’s mit ein paar anonymen Hinweisen?«
»Ich habe doch keinerlei Beweise. Das Einzige, was ich habe, ist Gabriels Wort, dass Davina und die Schlangen vielversprechende Schüler für ihren Plan rekrutieren, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Sie würden mich doch fragen, weshalb sie ausgerechnet ihm glauben sollen. Was soll ich deiner Meinung nach sagen? ›Weil er auch ein Vampir ist. Und das weiß ich deshalb so genau, weil ich ihn rein zufällig erstochen habe.‹?«
»Schon klar. Aber du könntest doch mal mit diesem netten Polizisten reden. Wie heißt er noch? Inspector Reece?«
»Ja, vielleicht. Wenn ich doch nur wüsste, wem ich trauen kann. Ich fühle mich so allein hier unten.«
»Das kann ich verstehen, Süße«, sagte Fiona mitfühlend. »Aber du weißt wenigstens, dass du mir, Caro und deinen anderen Freunden trauen kannst. Und deiner Mum, die sich im Moment für dich stark macht, stimmt’s?«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Seit Dad tot ist, benimmt sie sich so seltsam.
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