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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Blue
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hinab, das Gefäß, das ihn an diesen Ort gebracht hatte. Er war stark und sein Wille und seine Bosheit waren für einen Sterblichen außergewöhnlich gewesen. Gaston hingegen war schwach gewesen. Sein Leben sollte nicht lange währen. »Bald«, murmelte er und wandte sich dem Spiegel zu, um sein neues Gesicht kennenzulernen, wobei sein Geist die Erinnerungen dieses Körpers betrachtete, wie ein Gelehrter ein Buch durchblättert. Er sah das Bild Siobhans, dieses Kind vom Blut seines Sohnes Merlin, das keinen Dämon fürchtete, und er lächelte. »Bald werde ich ein anderer sein.«
    Siobhan glitt langsam wie eine Spinne die raue Steinmauer hinab und betete währenddessen das Gebet einer Brigantin. »Denk an mich in der Hölle, mein Gott«, flüsterte sie und streckte sich nach der nächsten Fußstütze. »Du weißt, dass ich mein Bestes getan habe.«
    Der Turm war die jüngste Errungenschaft normannischer Verteidigung, kein einfaches Quadrat, sondern eine Art untersetztes Kreuz mit einem tiefen, geschlitzten Spalt in jeder Ecke, von wo aus Bogenschützen auf jedermann hinabschießen konnten, der gelenkig oder töricht genug war zu versuchen, den Turmhügel zu erklettern. Sie arbeitete sich zur nächstgelegenen dieser Ecken vor in der Hoffnung, sich vor den Wachen darunter verbergen zu können. Sie konnte ihre Stimmen hören, da sie in dem Gewölbe um die Ecke standen, aber unmittelbar unter ihr befanden sich die Zwinger. Wenn sie es bis dorthin schaffte, erlangte sie vielleicht Zutritt zum Turm und zu den dahinterliegenden Kerkern – zu Tristans Schlupfwinkel.
    Auf halber Höhe traf ihr Stiefel auf eine tiefere, breitere Spalte, die zu groß war, um ihren Fuß zu halten, und sie wäre beinahe ausgerutscht und gestürzt. »Verdammter Mist«, murmelte sie atemlos und mit pochendem Herzen. Sie widerstand dem Drang hinabzublicken, ertastete sich mit dem Fuß weiterhin ihren Weg und klammerte sich mit den Händen noch fester. Die Öffnung, die zu breit für eine Schießscharte war, befand sich genau in der Ecke des Turms. Sie umrundete sie, stieg langsam abwärts und streckte nun eine Hand aus, um den Rand zu befühlen – es war ein Eingang. Sie trat auf den Sims hinaus und fand die hölzerne Tür, deren Eisenknauf seitwärts in einer Nische verborgen war. Zu ihrer Überraschung ließ er sich leicht drehen, und die Tür öffnete sich vor ihr.
    Sie kauerte sich hin, glitt hindurch und fand sich auf einer Galerie oberhalb der Turmhalle wieder. Tristans Ritter und Soldaten versammelten sich dort gerade – sie sah Sir Sebastian am Kamin sitzen und ihr Schachspiel betrachten. Eine schmale Tür am Ende der Galerie öffnete sich auf eine enge Wendeltreppe, und sie glitt hinab und bemühte sich, kein Geräusch zu verursachen. Aber die Tür am Fuß der Treppe öffnete sich, wahrscheinlich hinter einem der Wandteppiche, direkt in die Halle. Sie konnte unmittelbar dahinter Stimmen hören, die zu nahe waren, um unbemerkt an ihnen vorbeizugelangen, wenn sie hindurchginge. »Lord Tristan ist mit dem Herzog ausgeritten«, sagte ein Mann gerade. »Aber er sagte Sir Andrew, dass er zurückkommen und uns seinen Plan enthüllen werde.«
    Siobhan kaute auf ihrer Unterlippe. Sie könnte in relativer Sicherheit warten und lauschen – sie würde Tristans Plan sehr gerne hören. Aber jetzt, solange Tristan und sein Freund draußen waren, bestand vielleicht ihre einzige Chance, die Kerker zu erkunden. Sie unterdrückte einen Fluch und betrat die Treppe erneut.
    Zumindest war ihr restlicher Abstieg in den Turm hinab einfach – eine Eisenleiter führte von der Tür fast bis zum Boden. Sie ließ sich die letzten wenigen Fuß ins darunter befindliche Gras fallen, während sie einen Seufzer der Erleichterung ausstieß. Die große Wolfshündin, die sie an ihrem ersten Morgen im Schloss vor den Hunden der Briganten gerettet hatte, trat heran, schnüffelte neugierig an ihr und stieß ihre Hand an, um gestreichelt zu werden. »Du bist ein hübsches Tier, Mylady«, murmelte sie und kraulte die Hündin zwischen den Ohren. »Wo ist dein Herr hingegangen?«
    Der Junge, der die Zwinger in Ordnung hielt, war einer ihrer persönlichen Lieblinge, und das schon, seit Sean das Schloss erobert hatte. Er erhob sich überrascht, als sie hereinkam, aber er grinste, als sie einen Finger auf die Lippen legte. Sie winkte ihn näher heran und legte eine Hand auf seine Schulter. »Wie komme ich zu den Kerkern?«
    »Vorsicht, Mylady«, antwortete er in fast ebenso leisem

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